Bedingungen für Wohnungslose werden schlechter

Was einst als Übergangslösung vorgesehen war, ist oft zu einem Dauerzustand geworden: Menschen ohne Wohnung müssen immer häufiger und immer länger in kommunalen Unterkünften unterkommen, in denen sie oft unwürdigen Bedingungen ausgesetzt sind. Dies moniert das Deutsche Institut für Menschenrechte.

Wohnungslose Menschen in Deutschland müssen immer länger in Unterkünften leben, die eigentlich nur für eine kurze Unterbringungszeit gedacht und oft nur minimal  ausgestattet sind. "Was ursprünglich als Übergangslösung konzipiert war,  wird zunehmend zur längerfristigen Unterbringungsform. Da müssen dann auch die Bedingungen in den Unterkünften stimmen, was nicht immer der Fall ist. Hier muss Deutschland nachbessern", erklärte die Direktorin  des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Beate Rudolf, bei der  Vorstellung des jährlichen Berichts über die Entwicklung der  Menschenrechtssituation in Deutschland am Mittwoch in Berlin. Das  Menschenrecht auf Wohnen, wie es im Sozialpakt der Vereinten Nationen  formuliert sei, ziele darauf ab, dass der Staat allen Menschen in seinem Land eine angemessene Unterkunft ermöglicht, so Rudolf.

Die  Gründe für Wohnungslosigkeit sind vielfältig: zu wenig bezahlbarer  Wohnraum, niedriges Einkommen verbunden mit Mietschulden oder Gewalt in der Partnerschaft. Besonders schwierig ist es unter anderem für  Menschen, die aus Psychiatrie, Suchtkliniken oder Jugendeinrichtungen entlassen werden, und für ältere Menschen. Die Kommunen sind zur Unterbringung "unfreiwillig obdachloser" Personen verpflichtet, die sogenannte 'ordnungsrechtliche Unterbringung'. Statistiken der Länder machen deutlich: Mehrere zehntausend Menschen in Deutschland waren im  Jahr 2018 gezwungen, diese Form der Unterbringung in Anspruch zu nehmen, ein Drittel lebt dort länger als zwei Jahre.

Bedingungen in den Unterkünften unterschiedlich, je nach Kommune

Für den Bericht hat das Institut Behörden, freie Träger und Wohnungslose befragt und dabei festgestellt, dass längst nicht alle Kommunen ihrer Pflicht zur  ordnungsrechtlichen Unterbringung nachkommen. Auch bei der Unterbringung  selbst bestehen erhebliche Unterschiede: Manche Kommunen stellen ganz normale Wohnungen bereit, andere Mehrbettzimmer in Sammelunterkünften. Teilweise sind die hygienischen Bedingungen gut, teilweise sind die Unterkünfte an der Grenze zur Verwahrlosung. Das ist besonders problematisch, wenn Wohnungslose dort nicht nur ein paar Tage, sondern teilweise Jahre leben müssen. Zudem mangelt es an Fachkräften aus der Sozialen Arbeit, die die Menschen dabei unterstützen, wieder in eigenen Wohnraum zu kommen.

"Wohnungslose Menschen brauchen besseren  Zugang zu Unterkünften, bessere Standards in den Unterkünften und  umfassende qualifizierte Beratung", sagte Beate Rudolf. Ihre Forderung: "Bund, Länder und Kommunen müssen die Ausstattung und Versorgung in der ordnungsrechtlichen Unterbringung an die längere Aufenthaltsdauer anpassen. Dies ist aber nur ein Baustein, um die Situation wohnungsloser Menschen zu verbessern. Ziel staatlichen Handelns sollte es in erster Linie sein, Wohnungslosigkeit zu vermeiden beziehungsweise zu überwinden, und damit auch die Aufenthaltsdauer in der ordnungsrechtlichen Unterbringung wieder zu verkürzen." Die Politik habe den Auftrag, das Recht auf angemessenes Wohnen zu verwirklichen und müsse deshalb für die Schaffung von genügend Wohnraum sorgen, auch für Menschen mit wenig  Einkommen. Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen sollten vorrangig Zugang zu diesen Wohnungen erhalten.


Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Menschenrechte vom 4.12.2019