Unternehmensnahe Stiftungen: Es fehlt an Transparenz

Eine Analyse des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung zeigt Verflechtungen auf

Mit dem Beitritt zur Open Government Partnership verpflichtete sich die Bundesregierung Anfang Dezember 2016 zur Transparenz deutscher Verwaltungen. Bei der lange diskutierten Transparenz unternehmensnaher gemeinnütziger Stiftungen steht sie nach wie vor in der Bringschuld. Das kritisiert das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).

Als besonders eklatant wertet das WZB die Weigerung einer großen Zahl von steuerlich begünstigten Stiftungen, hinreichende Informationen über ihre Aktivitäten öffentlich bereit zu stellen. Verwiesen wird dazu auf Ergebnisse einer eigenen Studie über 61 unternehmensnahe Stiftungen, die Wissenschaft und Forschung fördern.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des WBZ untersuchten die Zusammensetzung der Stiftungsgremien, die Stiftungstätigkeit sowie der Umgang mit Transparenz dieser Stiftungen. Die Frage, inwiefern unternehmensnahe Stiftungen ein Eigeninteresse verfolgen, lässt sich für das WZB oft nur schwer beantworten, weil kaum öffentliche Daten zu unternehmensnahen Stiftungen vorlägen. Der Grund sei, dass in Deutschland Stiftungen nicht verpflichtet sind, Angaben zu Tätigkeit, Gremien oder Mittelverwendung zu veröffentlichen. Ihre Arbeit bleibe daher oft intransparent. Dennoch werden diesen Stiftungen steuerliche Vorteile eingeräumt.

Die neue WZB-Studie will eine erste Informationslücke über Wissenschaft fördernde unternehmensnahe Stiftungen schließen. Die Autoren legen Belege vor für teils enge personelle Verflechtungen der Stiftungsführungen mit den jeweiligen Unternehmen: Rund 20 Prozent der Personen in Stiftungsgremien halten danach eine Position im Unternehmen, das mit der Stiftung auf unterschiedliche und nicht immer öffentlich einsehbare Weise verbunden ist. Bei 22 Stiftungen konnten laut WZB Personalunionen zwischen höchsten Stiftungs- und Unternehmensposten nachgewiesen werden.

Die Analyse zeige ebenfalls, dass viele der 61 Stiftungen intransparent arbeite. Nur 36 Prozent veröffentlichen ihre Satzung und nur 34 Prozent geben regelmäßig einen Tätigkeitsbericht heraus. Mehr als die Hälfte mache gar keine Angaben zum Stiftungsvermögen, der Mittelherkunft und -verwendung. Nur 11 Prozent haben die Erklärung der Initiative Transparente Zivilgesellschaft unterschrieben, die in zehn Punkten definiert, welche Angaben jede zivilgesellschaftliche Organisation der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte.

Rund 40 Prozent der untersuchten Stiftungen betreiben Politikberatung und verfolgen zum Teil dezidiert politische Ziele, so das WZB. Bei 41 Prozent der Stiftungen ließen sich Überschneidungen der Stiftungstätigkeiten mit Geschäftsfeldern der Unternehmen feststellen; bei rund 46 Prozent sei dies nicht der Fall. Für rund 13 Prozent fehlten die nötigen Angaben, um eine thematische Überschneidung beurteilen zu können.

„In Anbetracht der Personalunionen von Unternehmen und Stiftungen und der Nähe der Stiftungstätigkeiten zu den Geschäftsfeldern der Unternehmen kann die Behauptung, dass Stiftungen weit weg von Unternehmensinteressen arbeiten, nur sehr schwer aufrechterhalten werden“, schreiben die Autoren Anja Hirsch, Moritz Neujeffski und Dieter Plehwe.

Aufgrund der mangelnden Transparenz fehle es an den notwendigen Informationen, um die Strukturen und Arbeit der Stiftungen genauer untersuchen und hinsichtlich ihres gemeinnützigen Charakters differenziert beurteilen zu können.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler plädieren in ihrer Studie für die Einführung gesetzlich verpflichtender Transparenzstandards für Stiftungen. Ein öffentliches Stiftungsregister und die Standards der Initiative Transparente Zivilgesellschaft seien „absolute Mindestanforderungen“. Zudem regen sie eine Diskussion über die Ausdehnung des Informationsfreiheitsgesetzes auf Stiftungen an. Die Studie ist als WZB Discussion Paper erschienen und steht als Download zur Verfügung unter www.wzb.eu/de


Quelle: WZB-Pressemitteilung vom 3. Januar 2017