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Soziale Berufe: Interessant, aber zu schlecht bezahlt

Seit Jahren ist der Fachkräftemangel in sozialen Berufen ein großes Thema. Eine Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums hat nun ermittelt, dass die Berufe an sich für viele junge Menschen durchaus interessant sind. Doch ausgerechnet das, was politisch beeinflussbar wäre, schreckt die potentiellen Berufseinsteiger*innen ab: Schlechte Löhne und unattraktive Arbeitsbedingungen.

Im Rahmen der Sinus-Jugendbefragung wurden zwei repräsentative Onlinebefragungen mit 1.010 Jugendlichen für den Bereich Frühe Bildung und 1.005 Jugendlichen für den Bereich Pflege durchgeführt. Dabei wurden Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 20 Jahren repräsentativ für ganz Deutschland befragt. Befragungszeitraum waren März 2020 (Kindertagesbetreuung) und April 2020 (Pflege). Vor allem für letztgenannten Bereich dürften die aktuellen Ereignisse durch die Corona-Pandemie eine Rolle beim Antwortverhalten gespielt haben.

Die wichtigste Erkenntnis vorweg: Soziale Berufe sind für Jugendliche grundsätzlich attraktiv. Knapp ein Viertel kann sich vorstellen, in der Kindertagesbetreuung (24 Prozent) bzw. Pflege (21 Prozent) zu arbeiten. 6% (KiTa-Bereich) bzw 4% (Pflege) gaben sogar an, sehr interessiert an der Arbeit in einem der Gebiete zu sein. Beide Berufsfelder werden als anspruchsvoll und abwechslungsreich betrachtet. Die für die Jugendlichen entscheidenden Kritierien für die Berufswahl werden allerdings nur teilweise erfüllt: Sie bewerten die Weiterentwicklungs- und Karrierechancen kritisch und nehmen das Gehalt als zu gering wahr. Es bestätigt sich somit, was Berufsverbände und Gewerkschaften schon seit vielen Jahren bemängeln. 

Fast ein Viertel kann sich vorstellen in der KiTa zu arbeiten

Knapp ein Viertel der befragten Jugendlichen kann sich vorstellen, in der Kindertagesbetreuung (24 Prozent) bzw. Pflege (21 Prozent) zu arbeiten. Davon ist jeweils eine Kernzielgruppe (6 Prozent Kita, bzw. 4 Prozent Pflege) sehr interessiert und kann als bereits erreicht charakterisiert werden. Die weiteren 18 Prozent (Kita) bzw. 17 Prozent (Pflege) sind als Potenzialzielgruppe grundsätzlich interessiert, müssen aber noch stärker aktiviert werden. Weitere 26 Prozent (Kita) bzw. 20 Prozent (Pflege) sind aktuell nicht an einer Tätigkeit in einem dieser Berufe interessiert, aber am Berufsfeld insgesamt (d.h. Soziales/Pädagogik bzw. Gesundheit/ Pflege).

Bundesfamilienministerin Giffey zeigt sich dennoch optimistisch. Sie freue vor allem das starke Interesse der jungen Menschen. Doch sei auch ihr durchaus bewusst, dass an entscheidenden Punkten trotz erster beschlossener Maßnahmen noch kein Durchbruch erzielt sei. Dies betreffe vor allem die Frage der Einstiegsgehälter, besserer Arbeitsbedingungen sowie die Schaffung von Aufstiegsmöglichkeiten. Für Dr. Silke Borgstedt, Director Research & Consulting am SINUS-Institut, zeigt sich, dass die aktuelle Krise ein Mehr an Anerkennung und Wertschätzung für die sogenannten systemrelevanten Berufe mit sich bringt. Vor diesem Hintergrund sei das große aktuelle Interesse eine echte Chance. Doch auch Borgstedt weist darauf hin, dass sich dies nur dann auswirke, wenn die Berufe systematisch gestärkt werden.


Quelle: Mit Informationen des BMFSFJ vom 7.7.2020