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Spezielles Therapieverfahren für Jugendliche mit Gewalterfahrungen

Forscher*innen der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt haben ein neuartiges Therapieverfahren für Jugendliche mit Gewalterfahrungen erforscht. Die Ergebnisse zeigen, dass der verhaltenstherapeutische Ansatz zu einer spürbaren Entlastung der jungen Menschen beiträgt.

Unter der Leitung von Prof. Dr. Rita Rosner wurde die Wirksamkeit des neuen Verfahrens über vier Jahre hinweg in einer bundesweiten Studie überprüft, die das Bundesforschungsministerium förderte. Die ersten Ergebnisse wurden nun in „JAMA Psychiatry“, einer Zeitschrift der „American Medical Association“, veröffentlicht.

Sexueller und körperlicher Missbrauch an Kindern und Jugendlichen sind leider ein weit verbreitetes Phänomen – etwa 4 bis 16 % der Kinder erleben in westlichen Ländern körperliche Misshandlungen, bei sexuellem Missbrauch liegen diese Zahlen zwischen 5 und 10 %. „Die Auswirkungen dieser negativen Kindheitserlebnisse sind alarmierend – neben Einschränkungen in vielen Lebensbereichen haben Betroffene auch ein erhöhtes Risiko an einer psychischen Störung zu erkranken, insbesondere an der sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung. Diese psychische Erkrankung führt zu Einschränkungen in vielen Lebensbereichen“, erklärt Professorin Rosner. Traumatisierte Menschen zeigen Symptome wie wiederkehrende Erinnerungen, Ängste, Schlafstörungen oder Reizbarkeit. Häufig werden Dinge und Situationen vermieden, die an das belastende Ereignis erinnern. Das alles kann zu einer deutlichen Beeinträchtigung im Alltag führen. Eine frühe Behandlung kann jedoch helfen, Langzeitfolgen zu verhindern. 

Verfahren orientiert sich an der speziellen Entwicklungsphase des Jugendalters

Bisher gab es nur für Kinder oder Erwachsene überprüfte Behandlungsverfahren – für die Altersgruppe dazwischen, Jugendliche und junge Erwachsene, existierten nur wenige Therapieansätze, deren Wirksamkeit in Studien bestätigt wurde. Das Team um Professorin Rosner, hat in den letzten Jahren daran gearbeitet, diese Lücke zu schließen. In einer großen Studie mit Behandlungsstandorten in Berlin, Frankfurt und Ingolstadt wurde eine speziell an die Bedürfnisse von Jugendlichen angepasste Therapie überprüft. Die Behandlung beruht auf einem Ansatz der kognitiven Verhaltenstherapie, die von der Amerikanerin Patricia Resick entwickelt wurde. Für Erwachsene hat sich diese Therapieform bereits als sehr erfolgreich herausgestellt. Mit 30 bis 36 Sitzungen verteilt über ein halbes Jahr handelt es sich um eine vergleichsweise kurze Psychotherapie.

Signifikant bessere Behandlungsergebnisse

In der Studie erhielten die Patientinnen und Patienten zufällig entweder die neue Psychotherapie oder wurden einer Kontrollgruppe zugewiesen, wo sie in die aktuell übliche Versorgung in Deutschland vermittelt wurden – für rund die Hälfte der Kontrollgruppe bedeutete dies zunächst das Warten auf einen Platz für eine herkömmliche Therapie. Der Kontrollgruppe wurde aber nach Abschluss der Studie die Möglichkeit gegeben, ebenfalls mit der neuen Therapie behandelt zu werden. Nach Ende der Therapie bzw. Wartezeit wurden die beiden Gruppen hinsichtlich ihrer psychischen Belastung verglichen. Es zeigte sich, dass die Gruppe, die die neue Therapie bekam, nach Behandlungsende deutlich weniger Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung aufwies als die Kontrollgruppe. Aber auch andere psychische Erkrankungen, wie depressive Symptome oder Anzeichen einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, gingen bei der behandelten Gruppe stärker zurück. Auch drei Monate nach Therapieende konnten diese Unterschiede beobachtet werden. 

Die erfolgreiche Überprüfung der neuen Therapieform stellt einen wichtigen Schritt in der Verbesserung der Behandlungssituation von traumatisierten Jugendlichen dar. „Unsere Ergebnisse zeigen eindrücklich, wie sehr das psychische Befinden von Jugendlichen nach Gewalterfahrungen mit einer relativ kurzen Therapie verbessert werden kann.“ So Studienleiterin Prof. Dr. Rita Rosner. „Zukünftige Studien sollten nun untersuchen, wie diese vielversprechende Therapie Einzug in den Alltag von Psychotherapeutenpraxen finden kann“. 


Quelle: Pressemitteilung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt vom 11.04.2019