Schild mit: Hello my pronouns are ...
Alexander Grey / Unsplash

Selbstbestimmungsgesetz: Bundesregierung beschließt Kabinettsentwurf

08.09.2023 | Sozialpolitik | Nachrichten

Die Bundesregierung beschließt den Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz, das die Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister einfacher möhlich machen soll. Der LSVD fordert dennoch, der Bundestag muss diskriminierende Regelungen dringend nachbessern.

Die Bundesregierung hat sich auf einen Gesetzesentwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz geeinigt. Im Herbst geht der Kabinettsentwurf ins parlamentarische Verfahren in den Bundestag. Es ist geplant, dass das Gesetz im November 2023 in Kraft treten soll. Zum heutigen Kabinettsbeschluss erklärt Mara Geri aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD):

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt ausdrücklich, dass mit dem Kabinettsentwurf der nächste Schritt zur rechtlichen Selbstbestimmung von trans*, intergeschlechtlichen sowie nichtbinären Personen getan ist. Das war längst überfällig.

Der Kabinettsentwurf weicht in einigen Punkten vom Referent:innenentwurf ab, der bereits im Mai vorgestellt wurde. Der heute beschlossene Kabinettsentwurf sieht vor, dass Änderungen des Personenstandes und des Vornamens sofort wirksam werden. Jedoch müssen Antragsstellende jetzt drei Monate vorher den Änderungswunsch dem Standesamt anzeigen.

Der Gesetzesentwurf stellt jetzt nicht nur auf das Hausrecht, sondern auch auf die Vertragsfreiheit ab. Dies könnte als Legitimierung für diskriminierende Ausschlüsse von trans*, intergeschlechtlichen und nichtbinären (TIN*) Personen aus Einrichtungen, Räumen und von Veranstaltungen missverstanden werden. Die zivilgesellschaftliche und mediale Diskussion der Eckpunkte sowie des Referent:innenentwurfs zeigte deutlich, dass solche Formulierungen verstärkt von politischen Akteur*innen aufgegriffen werden, die die rechtliche und gesellschaftliche Diskriminierung und Ausgrenzung von TIN* Personen zu rechtfertigen versuchen.

Neu ist auch, dass entweder der Personenstand allein oder der Personenstand in Verbindung mit dem Vornamen geändert werden kann. Eine reine Änderung des Vornamens sieht der Entwurf nicht mehr vor. Die Bundesregierung hat es bisher leider versäumt, diese und weitere diskriminierende Regelungen aus dem Referent:innenentwurf nachzubessern.

Nun ist der Bundestag in der Verantwortung, die diskriminierenden Regelungen und Ausschlüsse zu korrigieren.

Die geschlechtliche Selbstbestimmung muss ohne Wenn und Aber gewährleistet werden; das muss auch für Jugendliche gelten. Das Selbstbestimmungsgesetz muss eine wirkliche geschlechtliche Selbstbestimmung garantieren – ohne Fremdbestimmung oder Misstrauen. Für dieses demokratische Grundrecht sollte der Bundestag im Herbst die Weichen stellen. Das Ende der Begutachtungspflicht muss gewährleistet werden, ohne dass der selbstbestimmte Geschlechtseintrag durch von Misstrauen geprägte Passagen unterminiert wird.

Dass die Bundesregierung mit der geplanten Abschaffung des Transsexuellengesetzes (TSG) und der Neureglung der geschlechtlichen Selbstbestimmung auf dem richtigen Weg ist, zeigt die breite gesellschaftliche Unterstützung. In den 87 Stellungnahmen zu dem Gesetzesentwurf haben sich Wohlfahrtverbände, Frauenschutzhäuser, Kinderrechtsorganisationen und auch kirchliche Verbände für das Selbstbestimmungsgesetz ausgesprochen.

Gleichzeitig versucht eine kleine, aber laute Minderheit aus rechtspopulistischen und fundamental-christlichen Organisationen mit faktenfreien Kampagnen und hetzerischen Scheinargumenten das Selbstbestimmungsgesetz zu torpedieren. Sie spielen marginalisierte Gruppen gegeneinander aus. Ihnen geht es nicht um sachliche Argumente, sondern um die Durchsetzung ihres rückwärtsgewandten Weltbildes. Dabei geraten die Bedarfe der vom Gesetz betroffenen Personen aus dem Fokus: Wenn der Geschlechtseintrag im Pass nicht mit der gelebten Geschlechtsidentität übereinstimmt, kann das für die Betroffenen ein Spießrutenlauf sein. Meist folgen diskriminierende Fragen, die das gelebte Geschlecht in Frage stellen.


Quelle: Pressemitteilung des LSVD vom 23.08.2023