Foto: Pixabay

Pandemie verschlechtert Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Eine Studie der DAK offenbart: Pflegende Angehörige leiden besonders unter der Corona-Pandemie. Mit Blick auf die eigene Lebensqualität berichten sie von spürbaren Einbußen. Aus diesem Grund begrüßt die DAK die angekündigten Reformen des Gesundheitsministeriums, die eine größere Flexibilität für die häusliche Pflege in Aussicht stellen - und somit eine Entlastung für die Pflegenden.

Pflegende Angehörige leiden überdurchschnittlich stark unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie: Mehr als jeder zweite sagt, dass sich sein Gesundheitszustand im Vergleich zu vorher verschlechtert hat. 57 Prozent geben an, dass die Belastung durch die Pflege deutlich gestiegen ist. Ein Drittel bewertet die eigene Lebensqualität als schlecht oder sehr schlecht, vor der Corona-Pandemie waren es nur sieben Prozent – der Wert hat sich also mehr als vervierfacht. Das ergibt eine repräsentative Studie*, die der Bremer Professor für Gesundheitsökonomie Heinz Rothgang für die DAK-Gesundheit erstellt hat. Angesichts der Ergebnisse begrüßt DAK-Vorstandschef Andreas Storm die aktuellen Reformpläne des Bundesgesundheitsministeriums, die pflegenden Angehörigen mehr Flexibilität geben sollen. Von derzeit 4,25 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland werden 3,34 Millionen (79 Prozent) zu Hause versorgt.

Lebensqualität hat sich deutlich verschlechtert

Schon vor der Corona-Pandemie waren Menschen, die sich um pflegebedürftige An- und Zugehörige kümmern, überdurchschnittlich häufig krank. Elf Prozent der Befragten geben an, dass sich ihr Gesundheitszustand während der Corona-Pandemie noch erheblich verschlechtert hat. Bei 41 Prozent hat er sich etwas verschlechtert. Nur ein Prozent sagt, dass sich die Gesundheit gebessert hat. Die Belastung durch die Pflege ist ebenfalls gestiegen: Für 57 Prozent der Befragten ist sie zeitlich aufwändiger geworden. Dies erklärt sich vor allem damit, dass professionelle Hilfe durch Pflegedienste weggefallen ist. Auffällig ist auch die Bewertung der eigenen Lebensqualität: Ein Drittel nennt diese schlecht oder sehr schlecht. Für die Zeit vor der Pandemie sagen dies nur sieben Prozent.

DAK-Vorstandschef Andreas Storm sagt: „Die Situation pflegender Angehöriger war schon vorher schlecht. Mit der Corona-Krise ist die Belastungsgrenze endgültig überschritten. Wir müssen jetzt handeln und Pflegende unterstützen. Sie brauchen kurzfristig mehr Flexibilität in der Pflege und im Beruf, da die Pandemie noch anhalten wird. Ich begrüße daher die Pläne des Bundesgesundheitsministers, die ein erster Schritt zur Entlastung pflegender Angehöriger sind.“ Die Reformpläne sehen vor, Verhinderungs- und Kurzzeitpflege zusammenzulegen und aus einem Budget-Topf zu zahlen. So soll die häusliche Pflege flexibilisiert werden. Zudem sollen die ambulanten Pflegeleistungen regelmäßig erhöht werden. Für Bewohner von Pflegeheimen ist geplant, die zuletzt stark gestiegenen pflegebedingten Eigenanteile zu deckeln. Außerdem sollen Pflegekräfte besser entlohnt werden. 

Pandemie befördert Vereinsamung pflegender Angehöriger

Die Studie der DAK-Gesundheit fokussiert sich auf pflegende Angehörige im erwerbsfähigen Alter. Sie zeigt: Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist unter Corona-Bedingungen noch schwerer geworden. Fast drei Viertel (71 Prozent) der Befragten sagen, dass sie damit mehr Probleme als vor der Pandemie haben. Nur drei Prozent haben weniger Probleme, Berufs- und Pflegealltag zu vereinen. Für ein Viertel hat sich nichts verändert. Knapp zwei Drittel der Befragten sind allerdings „sehr“ oder „eher“ zufrieden damit, wie ihr Arbeitgeber mit der Corona-Pandemie umgeht.

Die Vereinsamung pflegender Angehöriger ist durch die Maßnahmen sozialer Distanz während der Pandemie noch verstärkt worden: Gut jeder zweite Befragte ist einsam. Vor der Corona-Krise war es ein Drittel. Auch bei der wahrgenommenen Wertschätzung ist eine Verschlechterung erkennbar. Weniger als vor der Pandemie haben das Gefühl, Wertschätzung zu bekommen. Auch wenn der überwiegende Teil der Befragten die Maßnahmen des Infektionsschutzes befürworten, fühlen sie sich in ihrer Rolle als Pflegende nicht ausreichend von der Politik wahrgenommen. 

Der Pflegeexperte und Studienleiter Professor Heinz Rothgang sagt: „Pflegende Angehörige sind eine der größten Stützen unserer Gesellschaft. Doch sie bleiben unsichtbar: Auch in der Corona-Krise bekommen sie weder zusätzliches Geld noch Applaus. Diese geringe Anerkennung ihrer Arbeit macht die Situation Pflegender noch schwerer. Umso wichtiger ist es, ihre Leistung anzuerkennen und sie mit geeigneten Maßnahmen zu unterstützen.“

Die Befragten nennen verschiedene Instrumente, die bei der Bewältigung des Pflegealltags „sehr hilfreich“ wären. Dazu zählen freiere Verfügbarkeit von Geldleistungen wie den Entlastungsbetrag (73 Prozent) oder das Budget für Tages- und Kurzzeitpflege (64 Prozent). Andere Instrumente beziehen sich auf mehr Flexibilität im Job: zum Beispiel durch Freistellungszeiten mit Lohnfortzahlung (77 Prozent), flexible Arbeitszeiten (62 Prozent) oder die Möglichkeit zum Homeoffice (54 Prozent). Jede*r Zweite nennt die Ausweitung von Corona-Tests sehr hilfreich, zwei von drei Befragten wünschen sich die Versorgung mit Schutzmaterialien vor dem Coronavirus.

Es ist davon auszugehen, dass durch die demografische Entwicklung der Gesellschaft der Sektor der informellen Pflege künftig noch größere Bedeutung bekommt. Die DAK-Gesundheit reagiert auf diese Situation und auf die Studien-Ergebnisse. Pflegende Angehörige werden bei Bedarf angerufen, um herauszufinden, wie die Pflegekasse ihren Alltag erleichtern kann. Dafür steht ein breites Spektrum an Maßnahmen zur Verfügung. Im Anschluss kann die Beratung auch bei den Pflegenden zu Hause stattfinden.

*Für die Studie wurden 1296 Personen im Zeitraum vom 8.6.2020 bis 12.8.2020 befragt. Primäre Zielgruppe waren informell Pflegende im erwerbsfähigen Alter bis 67 Jahren.


Quelle: Pressemitteilung der DAK Gesundheit vom 02.11.2020