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Kindesvernachlässigung dringendstes Problem

Angesichts der aktuellen Zahlen zu amtlich erfassten Kindeswohlgefährdungen zeigt sich der Deutsche Kinderschutzbund besorgt. Trotz (oder gerade wegen) erhöhter öffentlicher Sensibilität für das Thema sind Vernachlässigungen immer noch der häufigste Grund für Eingriffe der Jugendämter. Der Verband fordert eine Ausweitung der Frühen Hilfen.

Das Statistische Bundesamt hat am Freitag die aktuellen Zahlen für das Jahr 2018 veröffentlicht. Demnach gab es im vergangenen Jahr insgesamt 157.300 Verdachtsfälle, also Meldungen, die bei den Jugendämtern offiziell als vermutete Kindeswohlgefährdungen eingegangen und erfasst worden sind. Im Falle einer vermuteten Kindeswohlgefährdung sind die Jugendämter zu unmittelbarem Handeln verpflichtet. 

Was viele nicht wissen: Der mit Abstand häufigste Grund für die sogenannten 8a-Meldungen sind Vernachlässigungen. 2018 war bei knapp 60% aller Fälle eine vermutete Kindesvernachlässigung Grund für die Meldung beim Jugendamt. Hierfür gibt es verschiedene Ursachen. So werden zum einen unterschiedliche Auffälligkeiten unter diesem einen Begriff gesammelt, was einen leicht verzerrenden Effekt zur Folge hat. Zum anderen erkennen Fachverbände schon seit längerem eine entsprechende Tendenz.

So weist der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) bereits seit einiger Zeit darauf hin, dass Vernachlässigungen das größte Risiko für Kinder darstellten. Die weiterhin hohe Anzahl der Meldungen - von 2017 auf 2018 stieg die Anzahl der Verdachtsfälle um knapp 10% - könne aber auch die Folge einer zunehmenden Sensibilisierung in der Gesellschaft sein, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes. Insbesondere Babys und kleinere Kinder seien heute besser im Blick als noch vor wenigen Jahren. Somit würden Gefährdungsanzeichen entsprechend früher und auch häufiger wahrgenommen.

DKSB-Präsident Heinz Hilgers mahnt weiterhin zur Wachsamkeit: "Es sind weitere Anstrengungen im Bereich der Frühen Hilfen zu unternehmen, um noch mehr Familien mit Säuglingen und Kleinkindern so früh wie möglich zu erreichen und ihnen angemessene Unterstützung zukommen zu lassen. So kann Fehlentwicklungen in Familien entgegen gewirkt und Problemen frühzeitiger begegnet werden. Wichtig sind ausreichende Hilfe- und Unterstützungsangebote vor Ort, deren Inanspruchnahme den Familien in aktiver und zugehender Weise ermöglicht wird.“

Zu Kindesvernachlässigungen zählt neben körperlicher Verwahrlosung (z.B. durch Unterernährung oder fehlende Hygiene) auch sogenannte passive Gewalt durch die Eltern, z.B. durch mangelnde Kommunikations- und Spielangebote. Die Folge können z.T. erhebliche Entwicklungsrückstände sein, die Kinder häufig nicht mehr aufholen.