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Kindeswohlgefährdungen: Vernachlässigung bleibt häufigstes Gefährdungsmerkmal

55.527 Kindeswohlgefährdungen wurden 2019 offiziell von den Jugendämtern erfasst. Im Vergleich zum Vorjahr sind somit erneut etwa 10% mehr Meldungen eingegangen. Bei jedem fünften Fall wurde mehr als ein Gefährdungsmerkmal als Meldegrund angegeben, häufigster Grund bleibt Vernachlässigung.

Wer eine Kindeswohlgefährdung beim Jugendamt meldet, muss selbstverständlich Gründe für die vermutete Gefährdung angeben. Institutionen wie Schulen, Kitas oder Träger von HzE-Maßnahmen nutzen hierfür oftmals die von den Jugendämtern vorgefertigten Gefährdungsbögen. Auf diesen kann dann angekreuzt werden, um welche Art der Gefährdung es sich handelt, was dann im Einzelnen genauer erklärt werden muss. Diese Systematisierung ermöglicht eine bessere Vergleichbarkeit der Daten, vor allem auch im Verlauf der Jahre. Als übergeordnete Gefährdungskategorien gelten köperliche Gewalt, psychische Gewalt, sexuelle Gewalt und Vernachlässigung, wobei unter letzterem Begriff erfahrungsgemäß viele unterschiedliche Phänomene und Beobachtungen gefasst werden.

So ist es nicht verwunderlich, dass der häufigste Meldungsgrund 2019 das Feststellen einer Vernachlässigung war. Bei 45% aller Gefährdungsmeldungen sahen die Melder*innen eine Vernachlässigung durch die Erziehungspersonen. Für das Verständnis dieser Zahl ist wichtig, dass dieses Kriterium durchaus kritisch bewertet wird. Es ist sehr unspezifisch und hierunter werden häufig keine konkret vorgefallenenen Sachverhalte beschrieben als bei den anderen Gefährdungskategorien. Auch werden vergleichsweise 'schwache' Gefährdungen wie Schulabstinenz häufig unter dem Stichwort 'Vernachlässigung' erfasst. Wurde nur ein Gefährdungsmerkmal angegeben, wurden nach Vernachlässigungsmeldungen am häufigsten über psychische und körperliche Gewalt (16% bzw. 15%) berichtet. In vier Prozent aller Fälle war sexuelle Gewalt der einzige Grund für die Meldung.

Die neuesten vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Daten, die die Zahlen des vorletzten Jahres (2019) umfassen, weisen darauf hin, dass in ca. 20% der Fälle mehrere Gefährdungsmerkmale zutreffen. Vor allem die Merkmale Vernachlässigung und psychische Gewalt gehen häufig mit mindestens einem weiteren Gefährdungsaspekt einher.