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DBSH fordert Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter*innen

Was für andere Berufsgeheimnisträger selbstverständlich ist, gilt nicht für Sozialarbeiter*innen. Denn anders als z.B. Ärzte, Rechtsanwältinnen, Priester und Steuerberaterinnen können Fachkräfte in der Sozialen Arbeit nicht von einem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Diese Unterscheidung ist ein Relikt aus alten Zeiten, erklärt der DBSH und hat gemeinsam mit weiteren Organisationen ein Aktionsbündnis gegründet.

Sozialarbeiter*innen werden aufgrund ihres häufig engen Kontaktes zu Klient*innen in prekären Lebenslagen mit Informationen konfrontiert, aus denen sich die Beteiligung an Straftaten ablesen lassen. Solche Angaben, die Klient*innen auf Grundlage eines gewachsenen Vertrauensverhältnisses machen, oft auch aus Verzweiflung, sind aus Sicht des Deutschen Berufsverbands für Soziale Arbeit (DBSH) nicht ausreichend geschützt. Aktuell heißt es in §53 (1) Nr. 3 StPO, zur Verweigerung des Zeugnisses seien "Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen" berechtigt, und zwar "über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist."

Ungleichbehandlung von Berufsgeheimnisträgern

Auch ohne vertiefte Rechtskenntnisse ist offensichtlich, dass einige der aktuell geschützten Berufsgeheimnisträger, man denke an Zahnärztinnen oder Apotheker, wohl nur selten von ihren Patient*innen bzw. Kunden über begangene Straftaten informiert werden bzw. hiervon Kenntnis erlangen. Auch ist davon auszugehen, dass in diesen Berufsgruppen i.d.R. ein weitaus loseres Professionellen-Klienten-Verhältnis vorliegt als bei Sozialrbeiter*innen, die für viele Menschen als exklusive Vertrauenspersonen für ihre Klient*innen gelten. Begeht z.B. eine von ihrem Partner misshandelte Frau aus Verzweiflung eine Straftat gegen ihren Peiniger und erzählt hiervon der Sozialarbeiterin im Frauenhaus, das sie in ihrer Not aufgesucht hat, hat die Letztgenannte kein Zeugnisverweigerungsrecht und stünde bei einer geforderten Aussage vor Gericht vor einer unzumutbaren Situation. Diese bestünde darin, dass sie entweder gegen die Frau aussagen müsste, die sich ihr zuvor anvertraut hat. Oder sie entscheidert sich zu einer (Not-)Lüge, was ein gleichermaßen unzumutbarer Schritt wäre, da mit einer Gesetzesverletzung verbunden. Ein Steuerberater, der über einen Steuerbetrug seines Klienten Bescheid weiß, darf hingegen von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen.

Das nun gegründete Arbeitsbündnis, dem sich u.a. die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Offene Kinder- und Jugendarbeit und der Arbeitskreis Opferhilfen e.V. angeschlossen haben, stellt daher drei Forderungen auf: 

  1. Reform des § 53 StPO durch Aufnahme der Mitarbeiter*innen der Sozialen Arbeit in die geschützten Berufsgruppen des § 53 Abs. 1 StPO.
  2. Zusätzliche Aufnahme entsprechender Verschwiegenheitspflichten als arbeitsrechtliche vertragliche Nebenpflichten in die Arbeitsverträge aller Mitarbeiter*innen der Sozialen Arbeit.
  3. Bis zur Realisierung einer Reform des § 53 StPO werden die Arbeitgeber aufgefordert, die bestehenden Möglichkeiten zur Nichterteilung einer Aussagegenehmigung in vollem Umfang auszuschöpfen. Die Bereitstellung eines rechtsanwaltlichen Zeugenbeistands für betroffene Mitarbeiter*innen muss obligatorisch sein.

Gründungsmitglieder des BfZ sind:

  • Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork / mobile Jugendarbeit
  • Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit - DBSH
  • Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte
  • Bundesarbeitsgemeinschaft „Ausstieg zum Einstieg“
  • ado - Arbeitskreis der Opferhilfen in Deutschland
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendeinrichtungen e.V.
  • AWO-Passgenau e.V. (Trägerverbund der AWO-Fanprojekte)
  • Koordinationsstelle Fanprojekte bei der dsj - KOS