Was zählt, ist Relevanz - Wie ticken Sozialarbeiter und Journalisten?

23.06.2015 | Soziale Arbeit | Nachrichten

Journalisten brauchen gute Geschichten, Fakten und Erfolge. Sozialarbeiter haben viel davon. Trotzdem gelingt die Zusammenarbeit nicht immer wie gewünscht. Ursachen hierfür haben 19 Journalisten, Pressesprecher und Sozialarbeiter mit 15 Studierenden in einem Workshop an der Evangelischen Hochschule diskutiert. Was zählt, damit die Pressearbeit für beide Seiten zum Erfolg wird? Relevanz, auf den Punkt kommen und mit offenen Karten spielen.

Mit der Frage “Wie tickt Journalismus?” haben sich Studierende im 5. und 6. Semester ein Jahr lang befasst. Im Projektseminar „Soziale Arbeit und Journalismus“ stellten sich 24 Journalisten, Pressesprecher, Fotografen und Sozialarbeiter den Fragen der Studierenden in Interviews oder bei Besuchen am Arbeitsplatz. Zu Semesterende wurde zum Workshop in die Evangelische Hochschule (EH) Freiburg eingeladen. Geleitet wurde das Projekt von Prof. Dr. Berthold Dietz, Prof. Dr. Katrin Toens (beide EH Freiburg) und der Lehrbeauftragten Rebekka Sommer (M.A. Soziale Arbeit, Journalistin und Texterin).

Alle Professionen brauchen Know-how in Öffentlichkeitsarbeit

Prof. Dr. Renate Kirchhoff, Rektorin der EH Freiburg: „Kompetenz in Öffentlichkeitsarbeit brauchen heute nahezu alle unsere Studierenden im späteren Berufsleben. Dass Fachwissen, Vernetzen und vor allem das offene Gespräch miteinander dazu gehören, hat dieses Pilot-Projekt bestens gezeigt. Wir möchten daher zukünftig Lehrveranstaltungen dieser Art für alle Studiengänge anbieten.“

Hürden zwischen Presse und Sozialer Arbeit

Im Plenum und in Kleingruppen diskutierten Gäste und Studierende typische Probleme der Öffentlichkeitsarbeit und ihre Vorstellungen, wie das Miteinander gut ablaufen könnte. “Für mich ist eine gelungene Zusammenarbeit mit Sozialarbeitern, wenn nach einer halben Stunde auf meinem Blatt steht, worum es überhaupt geht”, überspitzt Doris Banzhaf, Chefin vom Dienst der Evangelischen Landeskirche Baden. “Für Journalisten ist Zusammenarbeit mit Sozialarbeitern wie das gute Können einer Fremdsprache”, so Christian Könemann, Pressesprecher der Diakonie Baden. Der Fachjargon von Sozialarbeitern müsse für das Laien-Publikum übersetzt werden. Den Sozialarbeitern fehlt bei den Journalisten oft die Differenziertheit: Ein Mörder ist nicht gleich ein Mörder. “Du arbeitest jahrelang mit den Menschen zusammen und dann kommt die Presse und will auf ein Detail hinaus. Da ist es schwierig, adäquat zu reagieren”, wird im Plenum zu Beginn des Workshops entgegnet. „Was wir brauchen sind Zahlen, Fakten, Erfolgsquoten, mit denen wir arbeiten können“, so Uwe Mauch, Redaktionsleiter der Freiburger Stadtredaktion der Badischen Zeitung. Sozialarbeiter wünschen sich hingegen, auch gute Ideen zu kommunizieren. Journalisten müssen Geschichten bildhaft transportieren und brauchen dafür auch persönliche Eindrücke. In der Sozialen Arbeit hat jedoch der Schutz des Klienten Vorrang. „Spielen Sie mit offenen Karten und sagen Sie, wenn Sie etwas nicht wissen – vereinbaren Sie auch Regeln zum Schutz von Klienten. Journalisten werden sich daran halten. Aber erwecken Sie nicht den Eindruck, dass Sie blockieren oder falsch informieren“, raten die Journalisten den Sozialarbeitern.

Kompetenz wächst - Haltungen verändern sich

Doch so schwierig die Zusammenarbeit oft wirkt: „Die Medien- und Pressearbeit der Sozialen Arbeit entwickelt sich“, resümierte Christian Könemann, „immer mehr Praktiker der Sozialen Arbeit kompensieren diese Probleme durch steigende Kompetenz.“  Für die Studierenden hat der Workshop Optionen aufgezeigt, wie mit Gesprächsangeboten Barrieren abgebaut werden können. "Bezüglich Öffentlichkeitsarbeit und Zusammenarbeit mit der Presse hat der Workshop meine Einstellungen verändert", so Laura Fogel aus dem Moderatorenteam. "Es war beeindruckend zu sehen, wie die Zusammenarbeit der beteiligten Sozialarbeiter und Journalisten bereits im Workshop sehr fruchtbar war. Ich hatte Spaß zu hören, wie Diskussionen eine Brücke zwischen sich teilweise kritisch gegenüberstehenden Professionen schlagen können." Auf die abschließende Frage der studentischen Moderatoren nach Frank-Plasberg-Manier, mit wem aus der Runde man sich später noch im Biergarten treffen wolle, antwortete Könemann: „Am liebsten würde ich jetzt mit der gesamten Truppe in den Biergarten gehen. Was wir heute hier gemacht haben, ist ein weiterer Forschritt in Richtung gelingende Zusammenarbeit. Vielen Dank dafür!“

Arbeitshilfe Pressearbeit bald erhältlich

Die Ergebnisse - unter anderem in Form einer Arbeitshilfe für die Pressearbeit in sozialen Einrichtungen mit Interviews, Berichte, Glossen und Rezensionen - werden in den kommenden Wochen über die Website der Evangelischen Hochschule unter www.eh-freiburg.de/hochschule/soziale-arbeit/sozialearbeit-journalismus  erhältlich sein.

Gemeinsame Textarbeit

Der Text wurde in Zusammenarbeit von Stefano Spatazzo, Sozialarbeitsstudent im sechsten Semester an der EH Freiburg, Rebekka Sommer (Lehrbeauftragte an der EH Freiburg und Texterin) und Barbara Hirth (EH Freiburg) erstellt.

Mehr Info zu Seminar und Workshop

Teilnehmer am Workshop
Am 12. Juni 2015 haben 19 externe Fachleute teilgenommen: Darunter Journalisten der Badischen Zeitung, des Zentrums für Kommunikation der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Katholischen Nachrichtenagentur, des Freiburger Wochenberichts, von Burda Medien, Freiberufler und ein Sozialarbeitsstudent und angehender Volontär der Schwäbischen Zeitung; die Pressesprecher der Freiburger Straßenschule und der Diakonie Baden; Sozialarbeiter aus den Bereichen Bewährungshilfe, Streetwork, Drogenberatung, Schulsozialarbeit, Integrationsfachdienst, Jugendarbeit inklusive der Arbeit mit Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlingen (UMF), Armutsbekämpfung. Rebekka Sommer bloggt zum Thema "Soziale Arbeit und Journalismus"
https://rebsommer.wordpress.com/2015/06/15/workshop-wie-gelingt-pressearbeit-zwischen-sozialer-arbeit-und-journalismus/

Quelle: Pressemitteilung der Evangelischen Hochschule Freiburg vom 18.06.2015