Photo by Mike Tinnion on Unsplash
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Urlaub, Abschied, Zuversicht

Im August habe ich spontan 10 Tage Urlaub genommen und meine Freundin besucht. Sie hat einen großen Garten und fragte, ob ich ihr bei der Obsternte helfen kann. Das tat ich natürlich sehr gern. Einen eigenen Garten wollte ich nie haben, aber bei anderen habe ich immer mit viel Freude angepackt, und wenn die Gartenbesitzer*innen verreist waren übernahm ich im Sommer das wässern und natürlich auch die Ernte. Meistens waren es die Tomaten, diesmal Äpfel und rote Trauben. Ich habe zum ersten Mal eine Kürbis-Apfel-Marmelade und Traubensaft von selbstgeernteten Früchten gekocht.

Leider erreichte uns in dieser Zeit auch die Nachricht vom Tod einer gemeinsamen Weggefährtin. Sie war erst 55 Jahre alt und an Krebs erkrankt. Am Anfang des Jahres hatte sie eine gute Phase und Hoffnung, und wir dachten, der Krebs sei gestoppt. Doch dann war sie wieder in der Klinik, und die letzten Monate verbrachte sie zuhause, mit ihrem Mann und den Töchtern. Den Ablauf ihrer Beerdigung hatte sie gemeinsam mit ihrer Familie vorbereiten können. Über das Sterben und den Tod haben wir auch früher schon öfter miteinander gesprochen, und es gab eine Zeit, da dachten wir, dass wir später einmal alle auf demselben Friedhof sein wollen, damit wir uns auch im Tod noch nah sind. Mir tut es gut, wenn ich über diese Themen sprechen kann, auch wenn die Realität sich dann doch anders anfühlt. Schmerzhaft. Traurig. Als bei der Beerdigung die Musik gespielt wurde, die unsere Freundin ausgewählt hatte, und die Trauerrednerin über die Lebenslust der Verstorbenen sprach, erinnerte ich mich an die Partys und Tanzabende, die wir gemeinsam verbracht hatten. Es klingt makaber, aber am Abend nach ihrer Beerdigung bin ich noch tanzen gewesen. Es war nicht geplant, es war als ob ich noch einmal mit der Freundin ausgehe.

Was meine Aktivität in den sozialpädagogischen Familienhilfen und den Erziehungsbeistandschaften betrifft, da habe ich meine wöchentlichen Arbeitsstunden reduziert. Ich werde noch einmal den Versuch starten, die ambulanten Hilfen mit einem anderen Angebot unseres Trägers zu kombinieren. Seit die neue Geschäftsführung agiert ist das Betriebsklima beständig gut, und es ist viel in Bewegung. Vielleicht kann ich bei der Kitasozialarbeit einsteigen. Dort ist eine Stelle ausgeschrieben, und ich habe mich beworben. Meine laufenden Hilfen würde ich weiterführen, aber vorerst keine neuen mehr annehmen.

Mit Anna habe ich nächste Woche endlich das erste Treffen nach einer langen Pause. Sie war mit ihren Eltern sechs Wochen in den Ferien verreist, und dann hatte sie Untersuchungen in der Klinik, und es kamen keine Termine zustande. In den kurzen Telefonaten und E-Mails bekam ich nur positive Geschichten zu hören, und es scheint, als ob es der Familie wesentlich besser geht. Keine Hinweise auf destruktive Auseinandersetzungen und scheinbar unlösbare Konflikte. Demnächst wird Anna ein Praktikum machen und wieder für eine Woche weg sein, irgendwo auf dem Land.

Irgendwie schade, dass wir in unserer Arbeit so wenig von den Erfolgsgeschichten mitbekommen, denn wenn es läuft, wird die Hilfe beendet. Andererseits macht es auch immer wieder Mut und Zuversicht, und ich kann voller Überzeugung in einer anderen „Problemfamilie“ erzählen: ich weiß und habe es selbst erlebt, dass Veränderung und Verbesserung möglich sind.

Ihre Katja Änderlich*


*Pseudonym der Autorin