Unabhängige Kommission wird sexuellen Kindesmissbrauch aufarbeiten

04.05.2016 | Soziale Arbeit | Nachrichten

Betroffene und Zeitzeugen können sich ab sofort für vertrauliche und öffentliche Anhörungen melden

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat ihr Arbeitsprogramm 2016–2019 der Öffentlichkeit vorgestellt.
Betroffene und Zeitzeugen können sich ab sofort bei der Kommission melden, um an Anhörungen teilzunehmen. Das Infotelefon Aufarbeitung 0800 4030040 ist anonym und kostenfrei. Die Möglichkeit, sich schriftlich zu melden, besteht ebenso. International ist die Aufarbeitungskommission die erste Kommission, die Missbrauch in institutionellen Einrichtungen und in weiteren Kontexten in den Fokus nehmen wird. Die Vorsitzende der Kommission, Prof. Dr. Sabine Andresen, betonte zum Auftakt der Arbeit: „Die Einrichtung einer Kommission ist zentral für die Anerkennung des Unrechts und Leids von Betroffenen auf gesellschaftlicher und institutioneller Ebene. Betroffenen wurde selten zugehört und oft nicht geglaubt. Wir müssen das strukturelle Versagen des Kindesschutzes aufdecken und uns dem Verschweigen und Wegschauen in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR schonungslos stellen.“ Die Kommission will Missbrauch in Institutionen und in weiteren Kontexten wie beispielsweise in der Familie, durch Fremdtäter/-innen oder durch rituelle Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR untersuchen. Sie will ebenso Strukturen aufdecken, die Missbrauch in der Vergangenheit ermöglicht und Aufarbeitung verhindert haben, Forschung initiieren und Eckpunkte einer gelingenden Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch modellhaft für Einrichtungen und Organisationen entwickeln. Hierzu wird sie nach eigenen Angaben bundesweit Betroffenen das Sprechen in vertraulichen und öffentlichen Anhörungen ermöglichen. Zudem wird sie schriftliche Berichte von Betroffenen auswerten, Zeitzeugengespräche, Werkstattgespräche und Fachveranstaltungen durchführen, Archivrecherche und Dokumentenanalyse betreiben und vorliegende Aufarbeitungsberichte auswerten. Die Anhörungen finden bundesweit und dezentral statt. Sie werden von Mitgliedern der Kommission und ihrem erweiterten Anhörungsteam (Anwältinnen/Anwälten und Psychologinnen/Psychologen) durchgeführt. Erste Anhörungen soll es bereits im Herbst geben. Ein erstes öffentliches Hearing soll Ende 2016 stattfinden. Der Zwischenbericht soll 2017, ein weiterer Bericht im März 2019, erscheinen.
Vorsitz und Mitglieder der Kommission Vorsitz: Prof. Dr. Sabine Andresen (Erziehungswissenschaftlerin); Mitglieder: Dr. Christine Bergmann (Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend a. D.), Prof. Dr. Jens Brachmann (Bildungshistoriker), Prof. Dr. Peer Briken (Sexualwissenschaftler und Psychotherapeut), Prof. Dr. Barbara Kavemann (Sozialwissenschaftlerin), Prof. Dr. Heiner Keupp (Sozialpsychologe) und Brigitte Tilmann (Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt/M. a. D.); Ständige Gäste: Tamara Luding und Matthias Katsch (Mitglieder des Betroffenenrates beim Unabhängigen Beauftragten), Johannes-Wilhelm Rörig (Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs) und Dr. Manuela Stötzel (Leiterin des Arbeitsstabes des Unabhängigen Beauftragten)
Mehr Informationen unter www.aufarbeitungskommission.de _______________________________________________________________________________

Quelle: Gemeinsame Presseinformation der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs und des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 3. Mai 2016