Thorsten Becker ist neuer Vorsitzender des Bundesverbands der Berufsbetreuer

10.06.2015 | Soziale Arbeit | Nachrichten

Der Verband fordert Qualitätsstandards in der Betreuung und ein leistungsgerechtes Vergütungssystem

Die Delegiertenversammlung des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen (BdB) hat am 24.04.2015 in Goslar Thorsten Becker mit einem Stimmenanteil von 87,8 Prozent der 115 wahlberechtigten Mitglieder zum neuen Vorsitzenden gewählt. Der 44-jährige studierte Diplom-Pädagoge aus Gießen arbeitet seit 1995 als Berufsbetreuer. Seit zehn Jahren ist er Mitglied des BdB-Vorstands und seit 2013 stellvertretender Vorsitzender. Becker übernimmt das Amt von Klaus Förter-Vondey, der 14 Jahre lang den Verband führte und nicht mehr kandidierte. Zu einem der größten Erfolge Förter-Vondeys zählt, dass sich nach jahrzehntelanger Stagnation die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag die Weiterentwicklung des Betreuungsrechts zur Aufgabe gemacht hat. Der in seinem Amt als stellvertretender Vorsitzender bestätigte Hennes Göers hob in seiner Laudatio hervor, durch das beharrliche Wirken Klaus Förter-Vondeys sei die inhaltliche und politische Auseinandersetzung mit dem Betreuungswesen erst nachhaltig geworden. Die Delegierten verabschiedeten Förter-Vondey mit Standing Ovations. Thorsten Becker will die Arbeit Förter-Vondeys fortsetzen und sich für die Professionalisierung von Betreuung sowie für die Verbesserung der Rahmenbedingungen einsetzen: „Die Anforderungen an die Betreuung sind in den letzten Jahren rasant gestiegen. Das passt mit den aktuellen Rahmenbedingungen nicht mehr zusammen. In einer Sofortmaßnahme fordern wir den Gesetzgeber auf, die materielle Lage der Betreuer/innen zu verbessern. Das bedeutet konkret, dass wir mehr Geld fordern, aber auch mehr Zeit, um den immer komplexer gewordenen Aufgaben, die an uns Berufsbetreuern gestellt werden, sowie den Interessen unserer Klienten auf qualitativ hohem Niveau gerecht werden zu können.“ Die Vergütung der Berufsbetreuer ist seitens des Gesetzgebers seit zehn Jahren eingefroren. Für die Betreuung eines unterstützungsbedürftigen Menschen können lediglich 3,2 Stunden im Monat abgerechnet werden, obwohl die tatsächliche zeitliche Betreuungsleistung in der Regel deutlich höher ist. Abzüglich aller Nebenkosten ergibt das monatlich weniger als 24 Euro netto. Von zentraler Bedeutung bleibt für den BdB, dass Betreuung Profession wird: Der Zugang zum Beruf Betreuer muss im Hinblick auf die Qualität in der Betreuung durch eine qualifizierte Ausbildung geregelt und verbindliche Standards für die Berufsausübung geschaffen werden. Becker: „Wir brauchen eine anerkannte Fachlichkeit und Methodik, die für alle Kolleginnen und Kollegen verpflichtend ist.“ Auf Grundlage eines Berufsgesetzes und einer Berufskammer will der BdB künftig die Qualität der Betreuung sichern. Mit einem Beispiel brachte es Becker auf den Punkt: „Wenn Betreuer hoheitsrechtliche Befugnisse haben oder auch Entscheidungen am Lebensende eines Klienten treffen müssen, es aber keine Standards für die Berufsausbildung sowie die Berufsausübung gibt, ist das mit normalem Menschenverstand nicht nachvollziehbar.“ Neben der Sicherung einer qualitätsvollen Betreuungspraxis ist es das erklärte Ziel des BdB, Menschen mit Behinderungen in der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit in ihrem Interesse bestmöglich zu unterstützen. Das Fehlen professioneller Standards in Deutschland hatte der UN-Fachausschuss zur Behindertenrechtskonvention erst vor wenigen Tagen in seiner Staatenprüfung gerügt. Der BdB will erreichen, dass das deutsche Betreuungsrecht an die UN-Behindertenrechtskonvention angepasst wird: „Betreuung soll zu einem mehr selbstbestimmten, sozialraumorientierten Unterstützungssystem für Menschen werden, die ihre Angelegenheiten nicht besorgen können“, heißt es dazu in dem auf der Delegiertenversammlung mit überwältigender Mehrheit, bei nur einer Enthaltung beschlossenen Leitantrag des BdB. Und weiter: „Aufgrund der strukturellen Probleme im Betreuungswesen und der sich rasant ändernden sozialen Versorgungslandschaft brauchen wir eine von der Versorgung unabhängige qualifizierte Unterstützung durch Besorgungsleistungen für Menschen, die ihre Angelegenheiten nicht selbst besorgen können. Diese Weiterentwicklung wird – weit über die Betreuung hinaus – ein Schlüsselproblem bei der Veränderung des Sozialstaats sein.“ Der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen e.V. (BdB) zählt mehr als 6.500 Mitglieder. Er ist die größte Interessenvertretung des Berufsstandes "Betreuung". Der BdB vertritt die Interessen seiner Mitglieder in bundes- und landespolitischen Gremien. Der Verband fördert die Professionalisierung von Berufsbetreuung und verfolgt das politische Ziel, Betreuung als anerkannten Beruf zu etablieren. Er setzt sich für die Qualitätsentwicklung und -sicherung in der Betreuungsarbeit ein. Der BdB bietet Service- und Dienstleistungen wie Rechtsberatung, unterstützende PC-Software oder Versicherungsleistungen.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverbandes der Berufsbetreuer/innen e.V. (BdB) vom 25.04.2015