Personalausstattung von Pflegeheimen: Uni Bremen entwickelt Bemessungsverfahren

22.12.2017 | Altenhilfe, Forschung | Nachrichten

14 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungszentrums Ungleichheit und Sozialpolitik (SOCIUM) der Universität Bremen sollen unter Leitung von Professor Heinz Rothgang ein fundiertes Verfahren zur einheitlichen Bemessung des Personals in Pflegeeinrichtungen entwickeln und erproben. Dafür wurden 3,7 Millionen Euro Drittmittel eingeworben.

Ohne Frage ist die Personalausstattung von Pflegeheimen unzureichend. Zudem fällt sie im gesamten Bundesgebiet äußerst unterschiedlich aus In Bayerns stationären Einrichtungen werden beispielsweise pro Pflegebedürftigem 20 Prozent mehr Personal eingesetzt als in Sachsen-Anhalt, führt die Uni Bremen an. Mehrere Versuche sind bereits gescheitert, ein bundeseinheitliches Personalbemessungsverfahren einzuführen. Im Zweiten Pflegestärkungsgesetz hat der Gesetzgeber daher die Vertragsparteien der Pflege-Selbstverwaltung verpflichtet, bis zum 30. Juni 2020 ein fundiertes Verfahren zur einheitlichen Bemessung des Personals in Pflegeeinrichtungen nach qualitativen und quantitativen Maßstäben wissenschaftlich entwickeln und erproben zu lassen. Dazu müssen die Vertragsparteien fachlich unabhängige wissenschaftliche Einrichtungen beauftragen.

Wachsende Bedeutung: Neues Pflegeverständnis in die Praxis umsetzen

Die Wissenschaftler betonen, dass für die Klärung der Frage einer angemessenen Personalausstattung ein neues Pflegeverständnis in der Praxis Berücksichtigung finden müsse. Angestoßen sei dies durch die große Pflegereform in der vergangenen Legislaturperiode. Der im Rahmen dieser Reform eingeführte „neue Pflegebedürftigkeitsbegriff" zielt darauf ab, die Selbständigkeit der Pflegebedürftigen zu erhalten und zu fördern. Ein verändertes Pflegeverständnis in der Praxis soll sich damit vom bisherigen „Verrichtungsbezug" entfernen. Mit „Verrichtungen" sind unerlässliche Tätigkeiten des Alltags gemeint, also Essen, Trinken, Einkaufen, Kochen, Putzen usw.

Zentraler Faktor: Menge und Ausbildungsgrad des Pflegepersonals

Der zentrale Faktor für ein verändertes Pflegeverständnis sei das Pflegepersonal, führt das Wissenschaftsteam aus Dessen Zahl und der Ausbildungsgrad der Pflegenden werden künftig im Mittelpunkt der politischen Bemühungen zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung stehen. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff müsse somit zum Anlass genommen werden, die Personalausstattung zu überprüfen und an den sich verändernden Bedarf anzupassen.

Hintergrund

Das Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik (SOCIUM) ist bundesweit das einzige sozialwissenschaftliche Forschungsinstitut, das Fragen von Ungleichheit, Sozialpolitik sowie deren gesellschaftliche und politische Wechselwirkungen empirisch wie theoretisch untersucht. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der fächerübergreifenden Forschung zu den sozialen, ökonomischen, politischen, kulturellen, organisatorischen, rechtlichen, historischen und sozial-medizinischen Bedingungen und Folgen sozialer Ungleichheit, staatlicher Sozialpolitik sowie deren Wechselwirkungen. Disziplinär getragen wird diese Forschung vor allem von Soziologie, Politik-, Gesundheits-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften.


Quelle: Presseinformation der Universität Bremen vom 18. Dezember 2017