Notstand bei der Mund- und Zahnersatzhygiene von Pflegebedürftigen beseitigen - Erste gesetzliche Weichen sind gestellt

Chronischer Zeitmangel, fehlende Kenntnisse und Kostenübernahmen führen in Deutschland zu einem weit verbreiteten Notstand bei der Mund- und Zahnersatzhygiene von Pflegebedürftigen, Menschen mit Handicap und an Demenz Erkrankten. Nach jahrelangem Drängen der Zahnärzteschaft haben Politik und Gesetzgeber jetzt endlich erste Maßnahmen eingeleitet. Die Expertinnen für Seniorenzahnmedizin der Zahnärztekammer Niedersachsen (ZKN) geben Tipps für eine gute Mundhygiene in Heimen und Zuhause.

Seit dem 1. Juli 2018 ist der Prargraph 22a Sozialgesetzbuch V in Kraft, der auch gesetzlich versicherten Pflegebedürftigen Anspruch auf zusätzliche Kassenleistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen einräumt. Außerdem hat das Bundeskabinett am 1. August das Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (PpSG)“ beschlossen. Es soll nach Bundestagsverabschiedung zum 1. Januar 2019 in Kraft treten. Zu den Eckpunkten zählen unter anderem die verpflichtende Zusammenarbeit von Zahn- und Hausärzten mit Pflegeheimen sowie die Freistellung sogenannter vulnerabler Patienten von einer Vorabgenehmigung für Krankentransportfahrten.

Erste Schritte für eine adäquate zahnmedizinische Versorgung

Die Vorstandsreferentin für Seniorenzahnmedizin der ZKN, Silke Lange, bewertet die Gesetzesinitiativen als „erste richtige Schritte“. Allerdings müssten noch weitere Anstrengungen unternommen werden, um Menschen mit Unterstützungs- und Pflegebedarf vor gesundheitlichen Risiken zu schützen, die durch chronische Entzündungen am Zahnfleisch und in den Mundschleimhäuten sowie durch fortgeschrittene Karies oder Druckgeschwüre drohten.„Massive bakterielle Beläge auf Zähnen und Zahnersatz oder unsaubere, schlechtsitzende Prothesen können sich fatal auf das Immunsystem, den Kreislauf, auf Herz und Lunge auswirken“, warnt die Oldenburger Zahnärztin. Lange fordert ausreichend Zeit für die Mundhygiene in der Pflege. Derzeit würden gerade einmal sechs Minuten am Tag für die gesamte Körperpflege vergütet. Zudem müssten Angehörige und Fachkräfte dringend adäquat geschult werden, um eine effektive Mundhygiene durchführen zu können.

Tipps für die unterstützende Pflege von Mund und Zähnen

Bei der zahnärztlichen Beratung von Pflegekräften und Angehörigen stehen notwendige Standards, Techniken und Hilfsmittel für die Mundhygiene im Alter und von Menschen mit Behinderungen im Vordergrund. Pflegende müssten unter anderem wissen, wie die Vielfalt an Prothesen, Brücken, Implantaten, Kronen etc. gehandhabt, gereinigt und nach einem oft notwendigen Entfernen aus dem Mund auch wieder richtig eingesetzt werden. Besondere Kenntnisse erfordere auch der Umgang mit bettlägerigen und dementen Patienten. „Langsam Vertrauen aufbauen, einfühlsam tägliche Rituale einüben – dann klappt die unterstützende Zahnpflege auch bei sehr schwer zugänglichen und desorientierten Patienten, sagt Dr. Dorothee Riefenstahl, die in Gronau praktiziert. Die Zahnärztin berät seit vielen Jahren Heime, Pflegedienste und pflegende Angehörige. 

Informationsbroschüre der Bundeszahnärztekammer (BZÄK): Handbuch der Mundhygiene –Zahn-, Mund- und Zahnersatzpflege für Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf. Ein Ratgeber für Pflegepersonal und unterstützende Personen.
www.bzaek.de/fuer- zahnaerzte/praevention-und-gesundheitsfoerderung/alters-und- behindertenzahnmedizin.html

Zahnärztekammer Niedersachsen (ZKN)
https://zkn.de/patienten/alterszahnmedizin-patient.htmlBundeszahnärztekammer (BZÄK)https://www.bzaek.de/fuer-patienten/zahn-und- mundgesundheit/mundhygiene.html

Deutsche Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ)
https://dgaz.org/

 


Quelle: Presseinformation der Zahnärztekammer Niedersachsen (ZKN) vom 13. August 2018