Not-wendiger Wechsel
Es wird einen Wechsel in der Geschäftsführung geben, heißt es. Gemunkelt wird darüber schon seit einer ganzen Weile, und ich hoffe, dass es jetzt endlich wahr wird. Ich hatte einige hässliche Begegnungen mit der geschäftsführenden Person und frage mich, welche Qualifikationen so jemand haben muss.
Zur Führung eines Unternehmens gehört doch noch mehr als sorgfältiger Umgang mit Geld. Da geht es doch auch um zwischenmenschliche Kompetenzen. So wie beim Tanzen, da genügt es ja auch nicht, wenn die führende Person die Schritte kennt. Es gehört auch ein achtsamer Umgang im Körperkontakt dazu. Wer führt, sollte so führen, dass die folgende Person sich wohlfühlt und beide, also das Tanzpaar, gut aussieht. Wenn die führende Person nur auf die eigene Präsentation achtet, ist das einfach nur ignorant und eine schlechte Führung.
So ähnlich ist es beim Träger, für den ich seit zwei Jahren arbeite. Die Fassade sieht gut aus, tolle Website, und die Führungsverantwortlichen sind sehr auf die Außenwirkung bedacht. Als ich nach und nach hinter die Fassade schauen konnte, wurde es bisweilen ziemlich gruselig. Auffällig war auch die hohe Fluktuation der Fachkräfte, nicht nur in unserem Miniteam, das eigentlich noch gar kein Team ist. In allen Tätigkeitsbereichen des Trägers ging es zu wie auf dem Bahnhof. Im letzten Jahr kamen sie dann auf die Idee, die ehemaligen Mitarbeitenden zu ihren Kündigungsgründen zu befragen. Ich dachte noch, was für ein Schwachsinn, sollen sie doch mit den Leuten reden, die noch da sind: „Wir möchten, dass ihr bleibt. Was können wir dafür tun?“ Aber einige haben dann wohl doch ausgepackt und als Kündigungsgrund wurde recht häufig das nicht korrekte, und nicht angemessene oder auch übergriffiges Verhalten der geschäftsführenden Person genannt.
Ich war also nicht die Einzige, die da ein Problem hat. Meinen Mund habe ich zwar auch ungefragt aufgemacht, aber meine Meinung, schien niemanden zu interessieren. Um mir Luft zu verschaffen, habe ich eine Absenkung der Wochenarbeitsstunden beantragt und darauf bestanden, meine Überstunden abzubauen. Das bedeutete auch, dass ich keine neuen Familienhilfen annahm. Glücklich war ich nicht, aber eine bessere Lösung konnte ich nicht finden. Und ich las Stellenanzeigen, schrieb Bewerbungen, hatte Vorstellungsgespräche und ärgerte mich mehr als einmal, wenn mir unterirdische Gehälter angeboten wurden. Jetzt sehe ich endlich ein Licht am Ende des Tunnels.
Gestern kam die Einladung zur Gesamtbetriebsversammlung, in der über anstehende betriebliche Veränderungen informiert werden soll. Und in meinem Ohr klingt der Schlager von Marianne Rosenberg: „Marleen, eine von uns beiden muss nun geh’n. Marleen, drum bitt ich dich, geh du, Marleen“.
Oh, ja, bitte geh, damit ich bleiben kann und mitwirken kann um den Bereich ambulante Erziehungshilfen auf stabile Beine zu stellen und verbindliche Qualitätsstandards zu entwickeln, also genau das, wofür ich hier vor zwei Jahren gestartet bin. Die Teamleitungsstelle wird auch neu besetzt, vielleicht kommt die erste ja wieder, die die mich eingestellt hat. Und dann würde ich wieder mit den Stunden raufgehen und die Kinderschutzberatungen in den Kitas würde ich auch gern übernehmen. Die ehemalige Kinderschutzbeauftragte ist auch eine von denen, befragt wurden, warum sie gekündigt haben. Ich traf sie zufällig, und sie hat mir erzählt, was los war und dass sie eine Art Schutz-Konzept für Mitarbeitende entwickeln wollte, als es zum Bruch mit der Geschäftsführung kam. Ich würde mich freuen, wenn sie zurückkommt und eine andere Person endlich geht.
Ich singe: „Maarleeen, nun wird es Zeit für dich zu geh’n“.
Ihre Katja Änderlich