Nein heißt nein! - bff will Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht kritisch begleiten

14.07.2016 | Soziale Arbeit | Nachrichten

Der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) begrüßt die vom Deutschen Bundestag verabschiedete Reform des Sexualstrafrechts. Dort ist fortan der Grundsatz „Nein heißt nein“ verankert. Nach bff-Einschätzung stellt die Reform einen deutlichen Paradigmenwechsel dar. Nicht mehr eine Nötigung ist Voraussetzung für die Strafbarkeit eines sexuellen Übergriffs, sondern entscheidend sei der Wille der Betroffenen. Damit ändert sich ganz grundlegend die bisherige Auffassung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung im Gesetz, heißt es in einer Erklärung. Bisher waren sexuelle Handlungen an einer Person nicht strafbar, wenn diese nur verbal ihren entgegenstehenden Willen deutlich gemacht hatte. Für eine Strafbarkeit mussten zum Beispiel eine Drohung oder das Anwenden von Gewalt hinzukommen. Der bff hatte bereits 2014 in einer Fallanalyse „Was Ihnen widerfahren ist, ist in Deutschland nicht strafbar“ anhand von Zitaten aus Verfahrenseinstellungen die Schutzlücken im Sexualstrafrecht beschrieben. Künftig komme es für die Strafbarkeit einer Vergewaltigung nicht mehr darauf an, ob Gewalt angewendet wurde oder die Betroffene sich körperlich gewehrt hat, so bff. Entscheidend sei, dass der Täter sich über den erkannten Willen der Betroffenen hinweggesetzt hat. „Damit sind auch die Anforderungen der Istanbul-Konvention erfüllt, die ganz klar die Strafbarkeit aller nicht-einverständlichen sexuellen Handlungen fordert“, sagt Katja Grieger, Geschäftsführerin des bff. Mit der Verabschiedung des reformierten Sexualstrafrechts kann dieses wichtige Menschenrechtsabkommen nun von Deutschland ratifiziert werden. Kritisch bewertet der bff hingegen die erst kurzfristig bekannt gewordene Ergänzung, dass mit der Gesetzesänderung auch Ausweisungen erleichtert werden sollen. „Das Ausländerrecht ist nicht der richtige Ort, um sexuelle Gewalt zu sanktionieren“, sagt Katja Grieger. „Bei sexueller Gewalt haben wir es mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun, das alle betrifft, unabhängig von ihrer Herkunft“, so Grieger weiter. Der bff befürchtet negative Auswirkungen auf die Anzeigebereitschaft von Betroffenen. Sie werden einen Täter ohne deutschen Pass möglicherweise nicht anzeigen, wenn dadurch seine Ausweisung droht. Der bff kündigte an, die Umsetzung des reformierten Sexualstrafrechts kritisch zu begleiten. Hinweise der Redaktion Sozial.de: Eine Reihe von Beschlüssen fasste der Deutsche Bundestag in der vergangenen Woche (7./8. Juli 2016), darunter auch zur Reformierung des Sexualstrafrechts. Mehr Informationen am Ende der Auflistung unter www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw27-angenommen-abgelehnt/434444 Einen Tag früher tagte der Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz, mehr Informationen unter: www.bundestag.de/presse/hib/201607/-/434604

Quelle: Presseinformation des Bundesverbandes der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe vom 7. Juli 2016