Nachbesserungen am Integrationsgesetz gefordert

20.04.2016 | Sozialpolitik | Nachrichten

Integrationsbeauftragte des Bundes sieht noch viele ungeklärte Fragen - Auch Reaktionen aus AWO und DRK fokussieren Klärungsbedarf

Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Aydan Özoğuz, reagierte auf die Ergebnisse des Koalitionsgipfels zum angekündigten Integrationsgesetz fast euphorisch: „61 Jahre nach dem ersten Gastarbeiteranwerbeabkommen haben wir nun endlich ein Integrationsgesetz – ein notwendiger und längst überfälliger Schritt! Zugleich ist ihrer Meinung nach noch viel zu klären: „Im Ressortverfahren werden wir aber in Ruhe zu diskutieren haben, ob und inwieweit die Kategorie „Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive“ weiter zu entwickeln und gesetzlich festzulegen ist. Eine gute Bleibeperspektive muss auch denen zugesprochen werden, die aus Ländern mit einer erheblichen Schutzquote kommen und lange Verfahrensdauern haben, also z.B. mehr als acht oder 12 Monate auf ihren Bescheid warten. Sie werden bislang und würden auch weiterhin von vielen Integrationsmaßnahmen wie ausbildungsbegleitenden Hilfen ausgeschlossen."
Sie hält es auch für richtig und wichtig, dass Orientierungskurse für weitere Asylsuchende geöffnet werden, wenn zu erwarten ist, dass ihre Asylverfahren lange dauern werden. Achten müsse man darauf, dass die Bundesregierung nicht grundlos den Eindruck erweckt, anerkannte GFK-Flüchtlinge hätten kein Interesse sich zu integrieren und würden bisher keinerlei Anstrengungen unternehmen. Das entspräche auch nicht ihren Erfahrungen vor Ort. Daher ist zu prüfen, was mit zusätzlichen Integrationsanreizen bei der Aufenthaltsverfestigung gemeint ist. Man dürfe nicht gessen, dass viele Flüchtlinge im Vergleich zu den übrigen Ausländerinnen und Ausländern, die zu uns kommen, um zu arbeiten, in einer besonderen Lage sind. Ich denke hier z.B. an ältere, kranke bzw. traumatisierte oder alleinerziehende Flüchtlinge. Sie forderte unter anderem die Fachverbände auf, zur Aufenthaltsverfestigung Stellung zu beziehen. Auf ihre Einladung hin haben sich bis gestern in Dresden 200 Integrationsbeauftragte aus Kommunden und Ländern zu einer zweitägigen Konfernez getroffen und gemeinsam beraten, wie die Teilhabe von Flüchtlingen am gesellschaftlichen Leben verbessert werden kann. Insbesondere wurde über interkulturelle Öffnung in der öffentlichen Verwaltung diskutiert, über Chancengleichheit im Bildungssystem, den Umgang mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in den Kommunen und die Entwicklung der Sprach- und Integrationskurse.
Deutsches Rotes Kreuz: Angebot für Sprach- und Integrationskurse ausbauen  Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sieht in den von der Bundesregierung vorgestellten Eckpunkten eines Integrationsgesetzes einen wichtigen Schritt für die Eingliederung von Flüchtlingen in die deutsche Gesellschaft.  Das gelte besonders für die Integration in den Arbeitsmarkt, sagte DRK-Präsident Dr. Rudolf Seiters. „Deshalb ist es wichtig, dass dieses Gesetzesvorhaben möglichst schnell von der Politik umgesetzt wird." Die Hilfsorganisation betreut nach eigenen Angaben derzeit bundesweit rund 490 Notunterkünfte mit etwa 140.000 Flüchtlingen. Nachbesserungsbedarf sieht das DRK für diese Menschen besonders beim Angebot für Deutsch- und Alphabetisierungskurse, für Angebote der beruflichen Bildung und in der Schaffung möglichst vieler versicherungspflichtiger Arbeitsplätze. Seiters sprach sich darüber hinaus auch für berufsqualifizierende Schulungen für Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive aus, damit diese ihre Kenntnisse dann in ihren Heimatländern nutzen könnten. Außerdem sollten nach Auffassung des DRK Asylverfahren deutlich beschleunigt werden. Für die Flüchtlinge sei es wichtig, möglichst schnell Klarheit über ihre weitere Perspektive in Deutschland zu bekommen.  Arbeiterwohlfahrt: Es bleibt abzuwarten, ob Gesetz tatsächlich der überfällige Masterplan für Integration wird Auch der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Wolfgang Stadler, begrüßt, dass das Thema Integration endlich in den Fokus der politischen Bemühungen der Regierungskoalition getreten sei.  Ob das Gesetz der längst überfällige Masterplan zur gesellschaftlichen Integration der über eine Million Geflüchteten ist, von denen die allermeisten bei uns bleiben werden, bleibe abzuwarten, so Stadler. Die AWO begrüßt grundsätzlich, dass die Bundesregierung die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt fördern will. Ebenso begrüßt sie, dass die Vorrangprüfung für Menschen mit einer Aufenthaltsgestattung, einer langährigen AWO-Forderung, ausgesetzt werden soll. Sie hätte in der Praxis dazu geführt, dass Flüchtlinge, die eine Arbeitsstelle gefunden haben, diese praktisch nicht antreten konnten. Zudem wäre eine Rechtssicherheit für den Aufenthalt während einer Ausbildung ein wirklicher Fortschritt. Schwierig findet die AWO die Frage der Wohnsitzzuweisung. Auch wenn das Ansinnen nachvollziehbar sei, die deutschen Großstädte nicht weiter überfordern zu wollen, darf nach Meinung der AWO der Wohnsitz nur unter bestimmten Kriterien vorgeschrieben werden. Die geplanten Mitwirkungspflichten bei Integrationsmaßnahmen seien sicherlich richtig. Jedoch sind Integrationsmaßnehmen selbst noch gar nicht festgelegt. Damit wurde etwas übereifrig der zweite Schritt vor dem ersten gemacht, heißt es aus der AWO.

Quelle: Redaktion sozial, Presseinformationen der Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration vom 14. und 18. April  2016, Presseinformationen des Deutschen Roten Kreuzes und Arbeiterwohlfahrt vom 14. April 2016