Foto: Pixabay

Kosten der Unterkunft: BSG-Urteil macht Hoffnung

15.02.2019 | Sozialpolitik | Nachrichten

Das Bundessozialgericht hat sich mit der "Angemessenheit" von Kosten der Unterkunft und Heizung auseinandersetzt, die Empfänger*innen von Leistungen nach dem SGB II von den Jobcentern erstattet werden. Ergebnis: Was von staatlichen Stellen als angemessen bezeichnet wird, ist nicht immer nachvollziehbar und teilweise nicht korrekt.

Konkret ging es um sechs Fälle, über die das Bundessozialgericht zu entscheiden hatte. In allen Fällen war strittig, ob die örtlichen Jobcenter die Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung korrekt bewertet hatten. Denn anders als bei den Beträgen, die Leistungsberechtigte monatlich überwiesen bekommen, richtet sich die Höhe der Zahlung für die Wohnung und Heizung nach den lokalen Gegebenheiten. Dies hat seinen Sinn, denn bekanntlich fallen Mieten in den Ballungsräumen deutlich höher aus als in ländlichen Regionen.

Was jedoch ursprünglich mit "guter Absicht" beschlossen wurde, führte in der Praxis offensichtlich dazu, dass Jobcenter im Zweifel eher das für angemessen hielten, was ihre Kassen schonte. Laut Berechnungen von Prof. Stefan Sell, Experte für Sozialpolitk an der Hochschule Koblenz, führte die beschriebene Praxis dazu, dass Hartz IV-Bezieher*innen im vergangenen Jahr für Kosten der Unterkunft und Heizung mehr als 600 Mio. Euro aus eigener Tasche zahlen mussten. Da bekanntlich nicht alle Menschen das Wissen, den Mut und die Kraft aufbringen, gegen die z.T. intransparent zustande kommenden Grundlagen für "angemessene" Kosten vorzugehen, sparen die Jobcenter, d.h. normalerweise die jeweiligen Kommunen, jedes Jahr große Summen ein.

In den verhandelten Einzelfällen müssen die Jobcenter ihre  Bescheide nun überarbeiten, was für die Kläger*innen sicher als Erfolg zu bewerten ist. Einmal mehr zeigt sich also, dass die Hartz IV-Gesetze nicht nur aus Gründen der Gerechtigkeit überholt gehören, sondern auch aus rein pragmatischen Erwägungen. Man mag sich gar nicht ausmalen, welche Kosten die unzähligen (häufig erfolgreichen) Klagen gegen ausgestellte SGB II-Bescheide verursacht haben.


Quelle: Prof. Dr. Stefan Sell; http://aktuelle-sozialpolitik.de/2019/02/01/die-jobcenter-und-die-angemessenen-kosten-der-unterkunft/