Hochschule für Gesundheit Bochum zur Reformdiskussion der Pflegeberufe

„Es ist schade, dass unsere Erfahrungen und die wissenschaftlichen Ergebnisse so wenig in der aktuellen Diskussion berücksichtigt werden", kritisierte die Präsidentin der Hochschule für Gesundheit (hsg), Prof. Dr. Anne Friedrichs. Die hsg ging mit ihrem Modell-Studiengang Pflege zum Wintersemester 2010/2011 an den Start. Im Sinne einer generalistischen Ausbildung wurde die Trennung zwischen den drei Pflegeausbildungen der Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflege sowie Altenpflege aufgehoben. Es ging zudem darum, die Akademisierung des Berufs in Deutschland weiter voranzutreiben.  „Der generalistisch geprägte Ansatz wird nach unseren Erfahrungen sowohl von kooperierenden Praxiseinrichtungen als auch von den Studierenden positiv bewertet. Für die Studierenden ist dieser Ansatz besonders attraktiv, da ihnen durch eine generalistisch ausgestaltete Ausbildung vielfältige Möglichkeiten im Hinblick auf die später angestrebte berufliche Tätigkeit eröffnet werden“, erläuterte Prof. Dr. Thomas Evers, hsg-Vize-Präsident im Bereich Studium & Lehre sowie Experte im Bereich Gerontologie und Geriatrie, also der Alternswissenschaft sowie der Wissenschaft zu Erkrankungen des Alters. „In der aktuellen Debatte zur Reform der Pflegeberufe“, setzte Friedrichs fort, „erleben wir nun, dass der lang ersehnte Entwurf zum Pflegeberufereformgesetz (PflBRefG), der im Januar 2016 von der Bundesregierung beschlossen wurde, zerredet wird.“ Dabei setze er das um, was bereits im Jahr 2013 im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbart wurde: Die dringend notwendige Reform der Pflegeausbildung, in der mit einem Pflegeberufegesetz ein einheitliches Berufsbild mit einer gemeinsamen Grundausbildung etabliert wird. Hierdurch sollte der Wechsel zwischen den Berufen in der Pflege und die Anerkennung im Ausland erleichtert werden. Aufbauend auf dieser gemeinsamen Ausbildung könne dann, so Friedrichs, die Spezialisierung für die Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege erfolgen. Wissenschaftliche Ergebnisse belegen, so die hsg, dass der Modell-Studiengang Pflege erfolgreich läuft und gut nachgefragt wird – von den Studieninteressierten genauso wie von Kooperationspartnern, die an den hochqualifizierten Pflegekräften interessiert sind und Studierenden Aufgabenstellungen aus der Praxis zum Beispiel als Themen für ihre Bachelor-Arbeiten übertragen. Der Bedarf aus der Praxis sei vorhanden. Friedrichs sieht es als selbstverständlich an, dass sich Pflegekräfte - „genauso wie wir alle es von Medizinern erwarten“ – in ihrem Beruf in ihrem jeweiligen Spezialgebiet weiterbilden. Am Anfang müsse aber eine solide Basisqualifikation über alle drei Bereiche der Gesundheits- und (Kinder-) Krankenpflege sowie Altenpflege stehen, die auch im Ausland anerkannt sei. Evers verweist zudem auf veränderte Versorgungsbedarfe – gerade auch im Arbeitsfeld der Altenpflege – die eine angepasste Ausbildungsstruktur notwendig mache. Denn in den Krankenhäusern benötigen Pflegekräfte vermehrt Kenntnisse der Altenpflege – gleichzeitig muss in der Altenpflege immer häufiger auf das Know-how aus der Krankenpflege zurückgegriffen werden. Evers is besorgt: „Ich finde es sehr bedenklich, dass in der aktuellen Diskussion nicht mehr die bestmögliche Ausbildungsqualität im Vordergrund zu stehen scheint. Stattdessen prägen viel mehr trägerspezifische Interessen die Diskussion."

Quelle: Presseinformation der Hochschule für Gesundheit Bochum vom 28. Juni 2016