Geplante Regelungen im Gesundheitsschutz für schwangere und stillende Frauen

Zukunftssforum Familie und Bundesvereinigung Lebenshilfe sehen wichtige Entscheidungen getroffen, aber wichtige Fragen noch ungelöst

Das Bundeskabinett hat das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eingebrachte Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts beschlossen. „Das Gesetz war veraltet – wir bringen es auf die Höhe der Zeit. Besonders wichtig ist, dass wir den Mutterschutz für Mütter von Kindern mit Behinderung verbessern: Hier soll künftig nach der Geburt der Schutz auf 12 Wochen erhöht werden“, betonte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig. Mehr Frauen sollen künftig vom gesetzlichen Mutterschutz profitieren: Lange umstritten, sollen nun doch auch Studentinnen und Schülerinnen ein Recht auf Mutterschutz haben. In das Mutterschutzgesetz integriert wurde die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) Betriebe und Behörden sollen durch die Einrichtung eines Ausschusses für Mutterschutz in Umsetzungsfragen beraten und begleitet werden, so das BMFSFJ. Zielsetzungen der Novellierung des Mutterschutzgesetzes waren insgesamt eine frühzeitige und sorgfältige Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze, die aktive Einbeziehung der schwangeren und stillenden Frauen und die praxisgerechte Sicherstellung des Mutterschutzes auf der Höhe der Zeit, ist aus dem BMFSFJ zu hören.

Schutzzeiten in prekären Arbeitnehmerähnlichen Lagen finanziell absichern

Die Ergebnisse fanden viel Zustimmung, wenn auch Fragen offen geblieben sind. Die Vorsitzende des Zukunftsforums Familie (ZFF), Christiane Reckmann, sieht in der Novellierung des Mutterschutzgesetzes das Potenzial, Frauen passgenauer bei der Vereinbarkeit von Beruf und Schwangerschaft sowie Stillzeit zu unterstützen. Das ZFF - ein Zusammenschluss von Mitgliedsverbänden der Arbeiterwohlfahrt, Selbsthilfegruppen und anderen Familien-Einrichtungen und Diensten - bewertet auch positiv, dass arbeitnehmerähnliche Personen, wie zum Beispiel die festen freien Mitarbeiterinnen von Medienunternehmen, sowie Studentinnen, Schülerinnen und Praktikantinnen in den Bereich des gesundheitlichen Mutterschutz aufgenommen werden sollen. Diese Frauen sollen zukünftig selbst entscheiden können, ob sie beispielsweise von der achtwöchigen Schutzfrist nach der Entbindung Gebrauch machen. Das ZFF machte aber auch darauf aufmerksam, dass sich insbesondere prekäre Selbstständige in der Zeit vor und nach der Geburt bislang keine Erwerbsunterbrechung leisten können und plädierte perspektivisch auch mit Blick auf die anderen arbeitnehmerähnlichen Frauen für eine finanzielle Unterstützung rund um die Geburt. „Im Sinne eines partnerschaftlichen Familienmodells müssen auch die Rechte von (werdenden) Vätern gestärkt werden, beispielsweise durch eine Ausdehnung des Kündigungsschutzes bei der Ankündigung von Elternzeit oder durch die Einführung einer Vaterzeit, also einer kurzzeitigen bezahlten Freistellung direkt nach der Geburt", so Christiane Reckmann.

Schutzfrist für Mütter, die besondere Unterstützung brauchen - ein grundsätzliches Anliegen

Dr. Bettina Leonhard, Leiterin des Referates Recht der Bundesvereinigung Lebenshilfe, bezeichnet die Reform als eine eindeutige Verbeserung des Mutterschutzes. Insbesondere seien die Regelungen für Frauen, die ein behindertes Kind auf die Welt bringen oder auch für Frauen mit Behinderung, die in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) arbeiten, sehr zu begrüßen. Während für Mütter mit behinderten Kindern die Mutterschutzfrist um vier Wochen verlängert wird, kommen Werkstatt-Mitarbeiterinnen mit Behinderung, die ein Kind erwarten, erstmals in den Schutzbereich des Mutterschutzgesetzes. Bereits nach Erscheinen des Referentenentwurfs waren der Bundesvereinigung Lebenshilfe in einigen Punkten Klärungsbedarf aufgefallen (Sozial.de berichtete). Ihre Fragen bleiben allerdings auch nach dem Kabinettsbeschluss unbeantwortet. Offen sei nach wie vor, ob den beschäftigten Frauen in den Werkstätten während der Mutterschutzzeit ein Arbeitsförderungsgeld nach Paragraph 43 SGB IX weiter gezahlt werden kann. Leonhard monierte: „Keine Abstimmungen gab es zwischen den Entwicklungen im Mutterschutzrecht und denen zum neuen Bundesteilhabegesetz." Sie weist darauf hin, dass es nach Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) Nachbesserungsbedarf hinsichtlich der so genannten anderen Anbieter von arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsformen geben werde. Solche Anbieter werden neben Werkstätten für Menschen mit Behinderung oder den Arbeitgebern des Ersten Arbeitsmarktes im Zusammenhang mit dem geplanten Budget für Arbeit im BTHG vorgesehen. „Diese "anderen Anbieter" sind im Gesetzentwurf aber nicht genannt, Frauen, die dort beschäftigt sind, werden daher nicht vom Mutterschutzgesetz erfasst", so Leonhard. Fragen von Elternassistenz für Müttter mit Körperbehinderung und begleiteter Elternschaft von Müttern mit geistiger Behinderung oder psychischen Störungen haben es überhaupt nicht in das neue Mutterschutzgesetz geschafft. Leonhard betont: „Eine längere Mutterschutzfrist für Frauen, die auf Unterstützung angewiesen sind, ist ein grundsätzliches Anliegen, zu dem auch in Zukunft noch viel Überzeugungsarbeit - gesellschaftlich und politisch - zu leisten sein wird." Mehr zu den im Bundeskabinett beschlossenenen Veränderungen im Mutterschutz unter www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Presse/pressemitteilungen,did=225266.html

Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Pressemitteilung des Zukunftsforum Familie vom 4. Mai 2016/Redaktion Sozial.de