Gefahr für soziale Dienste durch TTIP und Co? Dokumente zeigen Unsicherheiten auf

Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. fordert umfassende Ausnahmen für die sozialen Dienste in Freihandelsabkommen. Der sozialstaatliche Gestaltungsspielraum darf nicht unterlaufen werden.

Berlin - In einer kürzlich verabschiedeten Stellungnahme fordert der Deutsche Verein die EU-Kommission und die Bundesregierung zu umfassenden Bereichsausnahmen für die sozialen Dienste in den Abkommen auf. Nur so könne den Prinzipien der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Subsidiarität entsprochen werden. Sozialstaatliche und kommunale Gestaltungsspielräume im Rahmen der Daseinsvorsorge dürften nicht durch internationale Schiedsgerichte und besondere Verfahren zum Investorenschutz ausgehebelt werden. Ebenso dürften Regulierungen hinsichtlich der Qualität sozialer Leistung nicht als Handelshemmnisse interpretiert werden. Bisher seien die angestrebten Ausnahmedefinitionen in den Freihandelsabkommen in ihrer Anwendung unklar und mit Rechtsunsicherheiten behaftet. Dazu erklärt Michael Löher, Vorstand des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V.: „Die EU-Kommission scheint in ihren Verhandlungsangeboten einen Teil der sozialen Dienste nicht vollständig ausnehmen zu wollen. Stattdessen wird zwischen privat und öffentlich finanzierten sozialen Diensten unterschieden, wobei nur die öffentlich finanzierten sozialen Dienste ausgenommen werden. Diese Differenzierung wirft aber Fragen hinsichtlich des tradierten Systems in Deutschland auf.“ Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika verhandeln über ein umfassendes Freihandelsabkommen (TTIP). Weniger bekannt sind die Verhandlungen, die die EU innerhalb einer Gruppe von WTO-Staaten über ein multilaterales Dienstleistungsabkommen (TiSA) führt. Beendet sind die Verhandlungen zwischen der EU und Kanada über ein Freihandelsabkommen (CETA). TTIP, CETA und TiSA sollen durch Abbau von Zöllen sowie nicht-tarifären Handelshemmnissen wichtige Wachstumsimpulse setzen. Die Verhandlungen sind von Intransparenz geprägt. Die Reichweite und Auswirkungen der Abkommen sind weitestgehend unklar und die Verhandlungsdokumente sind nur begrenzt öffentlich verfügbar. Die detaillierte Aufstellung der Forderungen des Deutschen Vereins und ihre Begründungen sind unter http://www.deutscher-verein.de/05-empfehlungen/empfehlungen_archiv/2014/DV-22-14-TTIP eingestellt. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. ist das gemeinsame Forum von Kommunen und Wohlfahrtsorganisationen sowie ihrer Einrichtungen, der Bundesländer und von den Vertretern der Wissenschaft für alle Bereiche der sozialen Arbeit und der Sozialpolitik. Er begleitet und gestaltet durch seine Expertise und Erfahrung die Entwicklungen u.a. der Kinder-, Jugend- und Familienpolitik, der Sozial- und Altenhilfe, der Grundsicherungssysteme, der Pflege und Rehabilitation.

Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. vom 09.10.2014