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Frauenberatungsstellen fordern mehr Personal und finanzielle Absicherung

08.03.2019 | Soziale Arbeit | Nachrichten

Ein Jahr nach Inkrafttreten der Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt haben Frauenberatungsstellen immer noch mit erheblichen finanziellen und personellen Engpässen zu kämpfen. Dies gehört trotz vieler Fortschritte an anderer Stelle zum Alltag der Praktikerinnen.

Wer anlässlich des heutigen Weltfrauentags auf die Situation von Frauen in Deutschland blickt, sieht kein einheitliches Bild. Auf der einen Seite wächst die Anzahl der Frauen, die sich selbstbestimmt und selbstbewusst am Frau-sein erfreuen. Auf der anderen Seite kommt es immer noch täglich zu Übergriffen und tätlichen Angriffen auf Frauen. Auch im Jahr 2019 sind Frauen also - und das natürlich nicht nur in Deutschland - Opfer von offener oder latenter Unterdrückung und Gewalt. Dies ist keine neue Erkenntnis, aber eben immer noch Alltag. Benötigen Frauen kurzfristig Schutz oder langfristige Begleitung, sollen sie von spezialisierten Frauenberatungsstellen Unterstützung erfahren. Mit Inkrafttreten der sogenannten Istanbul-Konvention im vergangenen Jahr wurde deren Rolle eigentlich gestärkt. So heißt es in Artikel 8 wörtlich:

"Die Vertragsparteien stellen angemessene finanzielle und personelle Mittel bereit für die geeignete Umsetzung von ineinandergreifenden politischen und sonstigen Maßnahmen sowie Programmen zur Verhütung und Bekämpfung aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt, einschließlich der von nichtstaatlichen Organisationen und der Zivilgesellschaft durchgeführten"

Wenn man nun die zum Weltfrauentag formulierte Mitteilung des Bundesverbands Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) / Frauen gegen Gewalt e.V. sieht, deutet leider wenig darauf hin, dass die Ratifizierung bereits positive Effekte gezeitigt hat. So erkllärt Katja Grieger, Geschäftsführerin des bff: „Es mangelt an Anerkennung der Arbeit. Sehr viele Beratungsstellen haben nur zwei oder noch weniger Personalstellen. Vielerorts gibt es gar keine Beratungsstelle. Frauen und Mädchen müssen oft auch in akuten Situationen Wartezeiten oder lange Wege in Kauf nehmen, um Hilfe zu bekommen.“

Angesichts der enormen Drucksituation, in der sich von Gewalt betroffene Frauen befinden, sind die Hürden für die Inanspruchnahme von Hilfen also immer noch zu hoch. Der bff macht daher nun ganz konkrete Vorschläge, wie Frauen geholfen werden kann und welche Mindeststandards hierfür erforderlich sind. In jeder Region mit einem Einzugsbereich von 100.000 Personen müsse der ambulante Beratungsbedarf zu folgenden Themen abgedeckt sein:

  • Unterstützung von gewaltbetroffenen erwachsenen Frauen und ihren Bezugspersonen zu den Themen sexualisierte Gewalt (aktuell oder früher), Gewalt in Partnerschaften inkl. Angebote für mitbetroffene Kinder, Stalking, psychische und digitale Gewalt.
  • Intervention nach Polizeieinsatz, d. h. aktives Zugehen auf Betroffene von Gewalt nach Erhalt eines Polizeiprotokolls.
  • Unterstützung bei/nach sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend, Angebote für Mädchen, Frauen und Bezugspersonen.

Um diese Hilfeleistungen sicherstellen zu können, fordert der bff  á 100.000 Einwohner einen Personalschlüssel von 4,5 Vollzeitstellen für Beratung und Fachberatung, 2 Vollzeitstellen für Prävention und Qualifikation sowie einen flexiblen Rahmen für Regionen mit besonderen Bedarfen. Man darf gespannt sein, wann die Politik die entsprechenden Mittel bereitstellen wird.


Quelle: Pressemitteilung des bff / Frauen gegen Gewalt e.V, vom 06.03.2019