Ethik-Erklärung zur Erforschung sexueller Gewalt verabschiedet

Richtlinien sollen Wissenschaftlern Orientierung in sensiblem Forschungsfeld geben / Wanka: "In der Präventionsforschung viel erreicht"

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sexuelle Gewalt im pädagogischen Umfeld erforschen, steht erstmalig ein Ethik-Kodex zur Verfügung. Die Ethik-Erklärung wurde Ende vergangener Woche in Bonn von den Mitgliedern des Forschungsnetzwerks "Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in pädagogischen Kontexten" verabschiedet. Sie soll Forschern Orientierung in Fragen der ethischen Verantwortbarkeit und rechtlicher Grundlagen ihrer Studien geben und stetig fortentwickelt werden. Bundesforschungsministerin Wanka begrüßte die Richtlinien: "Seit unserer Arbeit am Runden Tisch gegen sexuellen Kindesmissbrauch haben wir in der Präventionsforschung viel erreicht. Es hat sich gezeigt, dass in diesem sensiblen Forschungsbereich ethische Standards unabdingbar sind. Diese zu entwickeln ist dem Forschungsnetz nun in gemeinsamer Anstrengung gelungen." Die Aufdeckung gehäufter Missbrauchsfälle an Kindern und Jugendlichen in pädagogischen Einrichtungen hat im Jahr 2010 auch ein Wissensdefizit offengelegt, wodurch sexueller Missbrauch in diesem Umfeld begünstigt wird und wie er verhindert werden kann. Deshalb  hat es sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zum Ziel gesetzt, in Deutschland eine entsprechende Forschungslandschaft aufzubauen. So werden dazu 16 Forschungsvorhaben sowie fünf Juniorprofessuren mit rund 12 Millionen Euro gefördert. Insgesamt wurden im Anschluss an die Arbeit am Runden Tisch gegen sexuellen Missbrauch seit 2011 rund 35 Millionen Euro zur Erforschung von Präventionsmöglichkeiten sexuellen Kindesmissbrauchs zur Verfügung gestellt. In der Bonner Ethik-Erklärung empfiehlt das Netzwerk, dass Basis aller Forschung der Grundsatz sein müsse, das Wohl und die Rechte des Menschen zu schützen. So heißt es in der Erklärung: "Die Generierung neuen Wissens darf nie über die Rechte und Interessen des Individuums gestellt werden." Vor jeder Befragung ist deshalb das Forschungsdesign gründlich zu prüfen. Wie bei bestehenden Richtlinien für die medizinische und psychologische Forschung, an der Menschen beteiligt sind, müssen zudem die Betroffenen über Sinn, Zweck, Ziel und Anlage der Untersuchung aufgeklärt werden. Die Befragten müssen ihre Beteiligung jederzeit zurückziehen können. In diesem Fall sind grundsätzlich alle bis dahin erhobenen Daten zu löschen. Berücksichtigt wird auch der Umstand, dass durch den Forschungsprozess schmerzhafte Erinnerungen ausgelöst werden können. In einem solchen Fall soll Beratung und Begleitung gewährleistet werden, wobei eine reine Übergabe von Listen und Adressen zur professionellen Hilfe nicht ausreichen soll. Für Forschungsvorhaben bedeutet dies zugleich, dass künftig Mittel für eine mögliche Supervision eingeplant werden sollten. Für die neuen Richtlinien wurden die Ethik-Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen, der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen, der World Medical Association (Deklaration von Helsinki) und Regelungen der Ethikkommissionen medizinischer Fakultäten berücksichtigt. Mit der Verabschiedung der Bonner Ethik-Erklärung geht auch eine Einladung an die Wissenschaft jenseits der BMBF-Förderlinie einher, an der Weiterentwicklung ethischer Standards in der Forschung mitzuwirken. Neben der Forschungsförderung zum Thema   "Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in pädagogischen Kontexten" werden auch Forschungsvorhaben im Bereich Gesundheit gefördert. Hier wurde ein Forschungsnetzwerk "Missbrauch, Vernachlässigung und Gewalt in Kindheit und Jugend" aufgebaut. Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.bmbf.de/de/25426.php

Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 30.03.2015