DVfR fordert mehr Teilhabeorientierung in der Heil- und Hilfsmittelversorgung

Die Deutsche Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) kritisiert den vorliegenden Referentenentwurf zum Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG). Eine qualitätsgerechte Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln müsse die Teilhabebedarfe der Betroffenen in den Mittelpunkt stellen. Das neue Gesetz konzentriere sich aber vor allem auf qualitative Verbesserungen bei den Ausschreibungsverfahren, produktbezogene Qualitätsaspekte, die Beratungspflicht durch die Hilfsmittelanbieter und die Aktualisierung des Hilfsmittelverzeichnisses und nachträgliche Kontrollpflichten der Krankenkassen zur Überprüfung von Hilfsmittelverträgen. In ihrer Stellungnahme kritisiert die DVfR, dass der Gesetzentwurf zu einseitig auf Fertig-Hilfsmittel orientiert und hierfür die Produktqualität, Auswahlmöglichkeiten und Beratung durch den Sanitätsfachhandel stärken will. Außer Acht bliebe die notwendige Orientierung des Versorgungsprozesses an den zu erreichenden Zielen. Weitgehend unberücksichtigt bliebe ferner die Tatsache, dass nur ein Teil der Hilfsmittel gebrauchsfähige Fertigprodukte sind, viele andere aber individuell angepasst bzw. hergestellt werden müssen. Aus Sicht des Vorsitzenden der DVfR, Dr. Matthias Schmidt-Ohlemann, sollte zwischen Hilfsmitteln als Handelsware und individuell hergestellten Hilfsmitteln differenziert werden. „Bei individuellen Hilfsmitteln ist die Gestaltung des Hilfsmittelversorgungsprozesses zur Erreichung der Versorgungs- bzw. Teilhabeziele ausschlaggebend und nicht allein die technische Produkteigenschaft“, so der DVfR-Vorsitzende. Eine gute Qualität werde bei individuellen Hilfsmittelversorgungen erreicht, wenn kompetente Leistungserbringer (Ärzte, Therapeuten, Hilfsmittelfachleute) mit dem Versicherten und der Krankenkasse strukturiert und zielorientiert im Hinblick auf zu erreichende Teilhabeziele zusammenarbeiten, um eine bedarfsdeckende Versorgung zu ermöglichen.  „Deshalb sollten mit dem Gesetz die Rahmenbedingungen für individuelle Hilfsmittelversorgungen so gestaltet werden, dass Teamarbeit stattfinden kann. Versicherte sollten eine gute Beratung durch ein multiprofessionelles Team erhalten können, welches den Teilhabebedarf umfassend ermittelt und die bedarfsgerechte Versorgung sicherstellt. Dazu gehört auch die anbieterunabhängige Beratung“, fordert Dr. Schmidt-Ohlemann. Da es entgegen der Empfehlung des GKV-Spitzenverbands immer noch gängige Praxis vieler Krankenkassen sei, individuell angefertigte Hilfsmittel oder Hilfsmittel mit hohem Dienstleistungsanteil auszuschreiben, wozu zum Beispiel auch individuell angepasste Rollstühle gehören, fordert die DVfR im Gesetzentwurf dazu eine Klarstellung. Die beabsichtigte systematische Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses sei wichtig, dürfe aber nicht allein Sache der Hilfsmittelanbieter sein. Da dort nicht nur medizintechnische Details zu Hilfsmitteln, sondern auch ergänzende Dienstleistungen wie Service, Beratung und Training sowie indikationsbezogene Einsatzmöglichkeiten beschrieben werden sollen, empfiehlt die DVfR hierbei die Mitwirkung medizinischer Fachgesellschaften und Betroffenenorganisationen. Außerdem sollten Evaluation und Forschung gestärkt werden, um anhand valider Daten die Qualität des Einsatzes von Heil- und Hilfsmitteln steuern zu können. Die vollständige Stellungnahme der DVfR zum Referentenentwurf für ein Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) unter www.dvfr.de/stellungnahmen/single-news/die-dvfr-fordert-mehr-teilhabeorientierung-in-der-heil-und-hilfsmittelversorgung/

Quelle: Presseinformation der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) vom 15. Juli 2016