Diskriminierung auf dem Ausbildungsmarkt beenden!

BewerberInnen mit nicht deutsch klingendem Namen werden weiterhin auf dem Ausbildungsmarkt benachteiligt

Der Kandidat ist 16 Jahre alt, besucht die zehnte Klasse der Realschule und sein Notenschnitt liegt bei etwa 2,0. Aus Anschreiben und Lebenslauf geht hervor, dass er in der 9. Klasse schon mal über ein Schulpraktikum in seinen Wunschberuf hineingeschnuppert hat. Außerdem ist er ehrenamtlich aktiv und übt in seiner Freizeit eine Mannschaftssportart aus. Er besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und aus seiner Bewerbung geht hervor, dass Deutsch seine Muttersprache ist. Doch wenn der Absender Tim Schultheiß heißt, ist seine Chance, eine Antwort zu erhalten oder gar zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, deutlich größer, als wenn er den Namen Hakan Yilmaz trägt. Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA) sieht sich durch Ergebnisse der SVR-Studie bestätigt Das hat eine experimentelle Studie des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) ergeben, die am 26. März in Berlin vorgestellt wurde. 3.500 fiktive, fast identische Bewerbungen, je zur Hälfte als Bürokaufmann und als KFZ-Mechatroniker, wurden deutschlandweit an 1.794 Unternehmen geschickt - jeweils eine mit deutsch und eine mit türkisch klingendem Namen. Die Fotos ließen keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Herkunftsfamilien der beiden männlichen Bewerber zu und wurden zufallsgeneriert mal dem deutsch klingenden und mal dem türkisch klingenden Namen zugeordnet. Das Ergebnis: Während ein Bewerber mit deutschem Namen auf fünf Bewerbungen eine Einladung bekam, waren mit türkischem Namen sieben Einsendungen nötig. Besonders deutlich zeigte sich der Unterschied bei den KfZ-Mechatronikern und in kleineren Betrieben. Hier muss ein Bewerber mit türkisch klingendem Namen mehr als 1,5-mal so viele Bewerbungen schreiben wie sein Konkurrent mit deutsch klingendem Namen. Damit bestätigt die Studie erstmals - auf der Basis eines groß angelegten bundesweiten Testverfahrens und bezogen auf junge Menschen mit guter Bildung und deutscher Staatsangehörigkeit - alle Befunde, die das Bundesinstitut für Berufliche Bildung (BIBB) schon Ende 2011 als Ergebnis seiner Befragungen von Bewerbern deutscher und nichtdeutscher Staatsbürgerschaft zur so genannten Nettodiskriminierung veröffentlicht hat. Es gibt einen Ungleichbehandlungsfaktor, der sich auch dann noch feststellen lässt, wenn alle anderen Faktoren wie Bildung oder familiäre Netzwerke (bei denen junge Menschen mit Migrationshintergrund ja ohnehin schon strukturell benachteiligt sind), statistisch herausgerechnet werden. Unterstützung für die BewerberInnen, Sensibilisierung für die Betriebe Auf der Basis dieser Ergebnisse veröffentlichte der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit das von der BAG EJSA erarbeitete, gemeinsame Positionspapier der Verbände der Jugendsozialarbeit „Ausbildung für jungen Menschen – Diskriminierung beenden, Vielfalt fördern“, dessen Empfehlungen sich nun bis ins Detail in den Ergebnissen der SVR-Studie wiederfinden: Unterstützung für die jungen Menschen im Bewerbungsprozess, Sensibilisierung und Öffnung der Betriebe durch Praktika und Begegnungsmöglichkeiten, Weiterentwicklung und Verbreitung von anonymen Bewerbungsverfahren, politisches Agenda-Setting im Sinne einer Politik für ein ausreichendes Ausbildungsplatzangebot und gegen Diskriminierung am Ausbildungsmarkt. Darüber hinaus hat die Jugendsozialarbeit eine Vielzahl von langfristigen Unterstützungsmöglichkeiten und Kooperationsangebote für Unternehmen und benachteiligte Jugendliche zu bieten. Die BewerberInnen in der SVR-Studie für einen Ausbildungsplatz als Bürokaufmann hatten besonders gute Deutsch-und Englischnoten, die für den KfZ-Mechatroniker glänzten in Mathe und Physik. Wie mag es einem Hauptschüler mit mittelmäßigen bis schlechten Schulnoten gehen? Alle Daten deuten darauf hin, dass Diskriminierung umso stärker zum Tragen kommt, je eher die Betroffenen scheinbar Negativklischees erfüllen. Es ist gut, dass die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz in ihren Begrüßungsworten bei der Vorstellung der Studie die Verbesserung der Ausbildungschancen von Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte zur prioritären Aufgabe erklärt hat und den Integrationsgipfel im Herbst dieses Jahres unter das Motto „Ausbildung“ stellen wird. Weitere Informationen:

Quelle: Pressemitteilung der Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit e.V. (BAG EJSA) vom 28.03.2014