Lichter
Alexander Grey / Unsplash

Das Licht setzt sich durch

02.03.2024 | Gastbeiträge,

Wenn ich morgens in der Küche meinen ersten Kaffee trinke, wird es draußen schon langsam hell. Bald wird die Zeit umgestellt, dann ist es wieder länger dunkel, aber nur für ein paar Tage. Das Licht setzt sich durch. Im Park und auf der Wiese am See blühen die ersten Krokusse und Osterglocken. Ich gebe zu, die Farben erfreuen mein Herz.  
Die Urlaubswoche am Anfang des Monats war mit Arbeitsthemen gefüllt. Das gibt mir zu denken. Da war ich schon mal besser abgegrenzt, denke ich. Andererseits denke ich, wie sollte es denn anders sein? Arbeitsthemen und private Themen vermischen sich nun mal, und beides ist mein Leben.

Wenn ich mit Kolleg*innen spreche, stelle ich fest, dass ich nicht die Einzige bin, die so ruhelos auf der Suche ist und der es so schwerfällt, im Job anzukommen. Meine Cousine behauptet ja, es sei das „Flüchtlingsgen“, das in mir steckt. Wir gehören noch zur Kriegsenkelgeneration, unsere Eltern und Großeltern sind Vertriebene. Häufige Ortswechsel, Umzüge, Liebesbeziehungen, die nicht lange halten und häufige Arbeitsplatzwechsel sind typisch für die Generation Kriegsenkel, das weiß ich, aber so ganz stimmt das nicht für mich. Bei meinem ersten Träger war ich fünfzehn Jahre, erst dann wurden die Zeiten kürzer. Und mein Jobnomadinnentum ging erst in der Pandemie richtig los.

Meine Frage ist eher, warum ich jedes Mal Probleme mit den Leitungsmenschen habe. Beim ersten Mal wollte ich dieser Frage in einer Psychotherapie nachgehen. Ich wollte wissen, welche Familienthemen ich da mit meiner Chefin abarbeite. Das ist leider nicht so gut gelungen, weil die Therapeutin meinte, meine Probleme hätten mit der Angst vor Altersarmut zu tun. Ich habe dann viel Biografiearbeit gemacht und dabei auch einige Antworten gefunden.       

Seit die Machenschaften der geschäftsführenden Person beim aktuellen Träger aufgedeckt wurden, denke ich, es liegt gar nicht an mir. Es liegt an den Führungspersonen und wie sie mit ihrer Macht umgehen. Nun haben wir diese Interimsgeschäftsführung, und in der letzten Betriebsversammlung wurde gesagt, dass es perspektivisch eine Doppelspitze geben wird. Das hört sich gut an, und ich denke, es könnte eine gute Veränderung kommen. Andererseits könnte es auch sein, dass die ambulanten Erziehungshilfen abgewickelt werden. Wir sind ja nur ein Miniteam in dieser großen Organisation, und wer weiß, ob ich dann woanders nochmal so ein gutes Angebot bekomme wie bei Arian, der diesen neuen Jugendhilfeträger gegründet hat.     

Eigentlich möchte ich beides, ich will bleiben und ich will gehen. Ich möchte die Stunden hier reduzieren und bei Arian mit einer Nebentätigkeit einsteigen, und zwar als Kinderschutzbeauftragte. Ich könnte die Umsetzung seines Schutzkonzeptes begleiten, es mit seinem Team weiterentwickeln und kinderschutzfokussierte Fallberatungen durchführen. Als ich meiner Leitung davon erzählte, meinte sie, dass ich die Aufnahme einer Nebentätigkeit schriftlich beantragen muss, und sie leitete mir auch gleich das Formular weiter. Es waren zwei Seiten mit vielen Fragen, und weil mir das nicht angemessen schien, ließ ich es gleich vom Betriebsrat prüfen. Der meinte, das Dokument sei uralt, juristisch fragwürdig, und es gehöre zu den Unterlagen, die dringend überarbeitet werden müssen. Ich beantwortete also nur die Fragen nach dem Stundenumfang und schrieb, dass ich in der Nebentätigkeit etwas anderes machen werde als in der Haupttätigkeit. Nun warte ich auf den Bescheid, und wenn der Antrag abgelehnt wird, dann finde ich auch eine Lösung.

Ihre Katja Änderlich