Weihnachten am Strand - Horst Jürgen Helle und Jeremy - im Hintergrund bietet eine Einheimische Esswaren zum Verkauf an

China-Tagebuch Teil 9 - Erlebnisse als Gastprofessor am Sanya College auf der Insel Hainan

von Prof. Dr. Horst Helle
03.01.2011 | Soziale Arbeit | Schwerpunkte Kommentare (0)

Mittlerweile befindet sich der Soziologe Prof. Dr. Horst Helle seit über 18 Wochen in China. Er berichtet an dieser Stelle exklusiv für Sozial.de von seinen Erfahrungen in der Lehre, aber auch aus seinem Alltag: das Semester geht zu Ende und in den Vorlesungen stehen Wiederholungen an, Weihnachten am Strand ist eine neue Erfahrung.

Hintergrund

Der Soziologe Horst Jürgen Helle wurde von der Stiftungsinitive Johann Gottfried Herder im Deutschen Akademischen Austauschdienst aus dem Ruhestand zurückgeholt und als Gastprofessor an das südlichste Kollege der Volksrepublik China nach Sanya auf der Insel Hainan vermittelt. Er ist seit 2002 mit einer Deutschen chinesischer Abstammung verheiratet, so dass er immer einer Übersetzerin bei sich hat. Helle und seine Frau Lilly haben drei Töchter: Lisa (8), Rita (5) und Emmy (2).

Woche 17: Sonntag, 12. Dezember – Samstag, 18. Dezember

3. Adventssonntag, 12. Dezember 2010 Wie verabredet, treffen Sylvia und ich uns am Campus-Tor, wo schon eine Gruppe von Studenten auf den Bus wartet. Es ist zunächst alles wieder, wie vor zwei Wochen, bei meinem ersten Besuch in dieser evangelischen Hauskirche. Nach den einleitenden Gesängen übernimmt diesmal David aber ganz deutlich die Führung der Versammlung, wieder etwa dreißig junge Leute. Drei Neulinge werden gebeten, sich vorzustellen, und man begrüßt sie dann mit freundlichem Händeklatschen. Anschließend beginnt David damit, das ganze 8. Kapitel des Lukasevangeliums zu erläutern und verbringt damit weit mehr als eine Stunde. Die Aufmerksamkeit der Gemeinde nimmt gegen Ende der viel zu langen Predigt ab, und die Studenten beginnen sich flüsternd mehr und mehr zu unterhalten. Mir tut das leid, denn es scheint eine ungenutzte Chance zu sein. David versucht durch lustige Bemerkungen, die verlorengegangene Teilnahme zurückzugewinnen. Als er dann endet, kommt Sylvia mit der Chinesich-Englischen Bibel zu mir und bittet mich, ihr eine Textstelle flüsternd zu erklären. Dann schlägt sie vor, heute nicht wieder in der Hauskirche am gemeinsamen Mittagessen teilzunehmen, sondern lieber woanders essen zu gehen. Ich bin damit sofort einverstanden, und wir verabschieden uns von David. Nach einem kurzen Fußmarsch entlang der noch nicht ganz vollendeten Straße kommen wir an ein enfaches kleines Restaurant, in dem wir essen und uns dabei weiter über religöse Dinge unterhalten. Montag, 13. Dezember 2010 Weiterer Stoff ist als Unterricht in dem 8 Uhr-Montags-Theater nicht mehr gefragt. Es geht nun darum, zu wiederholen und die Studenten auf die Abschlußklausur vorzubereiten. Besondere Aufmerksamkeit gilt den Marx-Aussagen des zum Britischen Lord gewordenen deutschen Soziologen Dahrendorf. Dies war es, was meine Studenten auf der Power Point Folie geboten bekamen: Ralf Dahrendorf (1929 – 2009): Developed industrial societies have taken a path of evolution that does not agree with the prognosis of Karl Marx. A) The two classes did not get more and more polarized. B) Social conflicts did not result primarily from the distribution of the means of production. C) The revolution propelled by the proletariat did not happen, at least not in those countries for which Marx had predicted that. It follows that something must be wrong with Marx’s theory. As a result there are three ways to deal with the tradition of Marx’s work: a) Forget the theory of Marx as old-fashioned. b) Describe it as a historic phenomenon that has certain elements which are still relevant today and can be used together with other approaches. This is the way of the Frankfurt School. c) Develop a better theory in the continuity of Karl Marx, thereby replacing it. That was done by Theodor Geiger, Karl Renner, and Ralf Dahrendorf Das ist ja eigentlich erfreulich klar, nur wohl doch besonders schwer verständlich, wenn es so gar nicht zu dem passt, was man bei anderer Gelegenheit zu dem Thema gesagt bekommt. Um 11:20 Uhr habe ich einen Termin bei dem College-Gründer Shen Guan Bao, der Vize-Präsident hier ist und außerdem der Doktorvater des Präsidenten Lu Dan war. Ich habe es also mit einer Führungsspitze von Mit-Soziologen zu tun. Ich hatte Shen am 26. September kennengelernt und dann während der Alexander-von-Humboldt Tagung am 19. November länger gesprochen. Nun erläutert er mir, dass er den Ausbau dieses College zu einer Graduierten Hochschule plant und hofft, dass ich bei der Entwicklung eines Magisterprogramms für Soziologen mithelfen werde. Dazu würde es freilich notwendig sein, dass ich in absehbarer Zeit noch einmal hierher komme. Außerdem erwähnt Shen, dass er im Januar eine Berlinreise zusammen mit Präsident Lu plant, und dass er die Humboldt Universität dort besuchen wird. Dienstag, 14. Dezember 2010 Heute wird unsere Lisa 8 Jahre alt. Lilly hat sie aus diesem Anlaß vom Schulbesuch entschuldigt, so dass wir sie richtig  feiern können. Sie freut sich besondes über die Glückwünsche, die übers Internet hier ankommen. Um 17 Uhr wollen wir mit der ganzen Familie in die Stadt fahren, doch weil kein Taxi kommt, ändern wir unseren Plan und bleiben auf dem Campus. So findet am Spätnachmittag und Abend eine Lisafeier im Cafe Waiting statt. Mittwoch, 15. Dezember 2010 Anhaltende Winde aus dem Norden bringen ganz ungewohnte Kälte auf diese Insel. Die Temperaturen fallen von etwa 25 auf 15 Grad, und es fühlt sich an wie eine Vertreibung aus dem Paradies. Abends kommt wieder – wie schon zum ersten Mal am 8. Dezember – die Englischlektorin Li als Übesetzerin ins Simmel-Seminar. Sie macht das sehr sicher und überzeugend. Neu war das Auftauchen eines Gastes, den außer mir alle zu kennen schienen. Ich begrüße ihn als Neuling und bitte ihn, sich vorzustellen. Nach einigem Zögern identifizierte er sich als Rechtswissenschaftler, kam mir aber in erster Linie wie ein Parteimann vor. Von einigen Studenten wurden Fragen gestellt, die mit unserem Seminar kaum etwas zu tun hatten, die aber wohl ihm Eindruck machen sollten. Donnerstag, 16. Dezember 2010 Es bleibt kalt (für hiesige Verhältnisse). Um 15 Uhr treffen sich die Mitglieder der English Corner zum letzten Mal in diesem Semester. Das Treffen heißt offiziell Oral English Platform. Monty hat dafür eine Einleitung vorbereitet, die sehr eindrucksvoll von inspirierenden Personen ausgeht und die Frage stellt, wie wir uns davon beeinflussen lassen. Die Rede ist von dem gerade erst (am 13.12.2010) verstorbenen U.S.-Diplomaten Richard Holbrooke (1941-2010), von der heilig gesprochenen Nonne Mutter Theresa (1910-1997), von dem Mikrosoft Mann Bill Gates und neben anderen auch von dem Ex-Premier Chinas Zhu Rongji, der 1928 geboren wurde und von 1998 bis 2003 Regierungschef war. Er wird wegen seines Mutes bewundert, unpopuläre Maßnahmen durchzusetzen. Er hat sich besondes wegen seines Kampfes gegen Korruption im Parteiapparat zahllose Feinde gemacht (weil jeder gern das korrupte Verhalten nur des anderen bekämpfen wollte). Nach dem erfreulichen Meeting esse ich abends mit Monty und Jeanette Tang in der Personalmensa. Freitag, 17. Dezember 2010 Der Doktorclub tagt nicht mehr. Ich habe versäumt, von seiner letzten Zusammenkunft heute vor einer Woche zu berichten. Diese Treffen waren am Nachmittag der Freitage zu einer Gewohnheit geworden. Vor der ersten Zusammenkunft war angekündigt worden, der Präsident des College, Dr. Lu, werde regelmäßig teilnehmen. Dann kam er unregelmäßig, und heute vor einer Woche kam er erheblich verspätet, dafür aber in Begleitung eines weiteren Herren. Ich fragte Lucy per schriftlicher Kommunikation, wer das denn sei. Die Antwort: Parteisekretär Gong. Mir kommt es mittlerweile so vor, als ob überall überraschend der eine oder andere Parteimann als Zuhörer auftaucht, was ja nicht schlecht sein muß. Gong ist anscheinend offenbar der ranghöchste Parteimann auf dem Campus. Als ihm – wie uns allen bei diesen Doktorentreffen – Tee serviert wird, bedankt er sich durch Andeutung eines militärischen Grußes. Das legt es mir nahe zu vermuten, dass ihm des Speisen im Offizierskasino gut vertraut ist. Dies ist schon vor einer Woche passiert. Ich muß es wohl verdrängt haben. Emmy ist die Füllung eines Zahns herausgefallen. Bei der Mittagsruhe sagt Lilly: Wenn Du jetzt nicht ruhig liegenbleibst, gehe ich mit Dir zum Zahnarzt. Mich amüsiert diese Drohung, doch mehr noch überrascht mich Emmys Reaktion, die lieber zum Arzt geht als im Bett bleiben zu müssen. Tatsächlich benimmt sie sich dann bei der Zahnbehandlung vorbildlich. Samstag, 18. Dezember 2010 Weil das Wetter wieder sommerlich geworden ist, fahren Lilly und ich zum Mittagessen an den Strand in der Nähe des militärischen Sperrgebiets. Wir spazieren zuerst zu der Grundschule, in der nur Kinder von Offizieren als Schüler aufgenommen werden, und in der Lilly unsere Lisa von München aus telefonisch angemeldet hatte. Gleich neben der Schule steht das Schild: Sperrgebiet, für Ausländer verboten. Wir sind froh, dass Lisa hier dann doch nicht genommen wurde, wie im Tagebuch vom 30. August berichtet. Nach dem Mittagessen in einem Restaurant, das wir noch nicht kannten, legen wir uns am Strand zu den Touristen in den Schatten. Direkt neben uns liegt eine chinesische Familie, deren Mitglieder beruflich in Wiesbaden wohnen und gut deutsch sprechen. Sie verdienen offenbar gut als Unternehmensberater für chinesische Firmen, die in Deutschland tätig werden möchten.

Woche 18: Sonntag, 19. Dezember – Samstag, 25. Dezember

Sonntag, 19. Dezember 2010 Gelegenheit zur Teilnahme an einem Gottesdienstes findet sich nicht. Lilly besucht die Frau von Li Li im Krankenhaus. Li Li ist der Soziologe, mit dem Lilly per Internet und Telefon von München aus unseren Aufenthalt hier ausgehandelt hat. Seine junge Frau hat bei einem Verkehrsunfall eine Gehirnerschütterung erlitten. Nun kommt es in der Klinik zu einem langen Gespräch zwischen den beiden Müttern. Ich verbringe Zeit am Computer. Dann kommen die drei Mädchen, vielleicht ein wenig großelternmüde, zu mir, und ich spiele mit ihnen lustig in der Wohnung. Anschließend gehe ich noch mit ihnen zu Cafe Waiting, doch dort geht mir ihr temperamentvolles Hin- und Herrennen auf die Nerven. Montag, 20. Dezember 2010 Normaler Unterricht findet nicht mehr statt, die Studierenden sitzen still und – hoffentlich – konzentriert in ihren Hörsälen und bereiten sich auf die Prüfungen zum Semesterende vor. Das Lehrpersonal muss anwesend sein und Aufsicht führen. Weil das so vorgesehen ist, mache ich mich also, wie bisher schon hier an jedem Montag, früh auf den Weg. Auf dem gewohnten Weg zu meiner 8 Uhr-Vorlesung treffe ich auf der Treppe Parteisekretär Gong, der am vorletzten Freitag im Doktorclub aufgetaucht war. Er sieht mich und salutiert sofort militärisch. Da meine Ausbildung im Jungvolk der Hitlerjugend nur kurz war und zu weit zurückliegt, kommt es in meinem rechten Arm nur zu einem ganz rudimentären Zucken, aber nicht zu einem militärischen Gegengruß. Gong lächelt mich so freundlich an, dass ich mich all meiner Vorurteile schäme. Anstelle des Salutierens verneige ich mich ein wenig und sage „good morning“, was er sofort erwidert. Ich treffe knapp, aber genau noch rechtzeitig im Hörsaal ein, nehme meinen Notebook-Computer in Betrieb und setze mich ganz seitlich in die erste Reihe. Die Studentin Xu Ting, die hier gar nichts zu suchen hat, weil sie Landschaftsarchitektur studiert und nicht Soziologie, die aber von ihrem Freund mitgenommen wurde, um von mir Englisch zu lernen, setzt sich an meine Seite und plaudert flüsternd mit mir, während die übrigen 140 – vermutlich – ihre Notizen repetieren. Lisa war morgens von ihrer Großmutter zur Schule gebracht worden. Sie wird von Lilly zur Mittagspause abgeholt und dann auch wieder zum Nachmittagsunterricht von ihr zur Schule zurück begleitet. Dienstag, 21. Dezember 2010 In der Vormittagsveranstaltung von Economic Sociology wiederhole ich mit den etwa 20 Leuten den Text von Simmel über Konkurrenz. Damit ist dann auch hier das Unterrichten vorbei; denn nächste Woche findet die Klausur statt. In der Einführungsvorlesung bin ich am Spätnachmittag wie gestern wieder nur zum stillen Dabeisitzen verpflichtet. Anschließend entnehme ich dem englischsprachigen Staatsfernsehen, dass die Koreakrise beigelegt scheint, mindestens insoweit, als nicht mehr unmittelbar mit direkten Kriegshandlungen zu rechnen ist. Mittwoch, 22. Dezember 2010 Obschon in diesem Klima keine Weihnachtsstimmung aufkommen will, entschließen Lilly und ich uns, zum Geschenke kaufen in die Stadt zu fahren. In einem kleinen Spezialgeschäft für Ausländerbedürfnisse beobachten wir einen Handwerker bei der Herstellung von Weihnachtsbäumen auf der Grundlage von allerlei Zubehör aus Metall und Plastik. Weil die Nachahmung der Natur durch die Technik ihm ganz gut gelingt, kaufen wir den kleinsten Christbaum unseres Lebens, der nun hier mit seinen ca. 50 cm Höhe neben mir auf dem Fernsehgerät steht. Er hat immerhin den Vorteil, dass er kein Wasser braucht und nicht nadelt. Kurz vor Eintritt der Dunkelheit fällt auf dem ganzen Campus – oder mindestens dem vor hier aus überschaubaren Teil davon – der Strom aus. Mir geht am Computer etwas verloren, das ich nicht gespeichert hatte. Als ich mich gerade damit abfinden will, dass das Simmel-Seminar wegen Finsternis ausfallen wird, kommt der Strom wieder. Frau Li ist als Übersetzerin gekommen, und wir diskutieren Simmels Religionssoziologie. Zum Abschied werden noch Fotos gemacht und das Seminar schließt in guter Atmosphäre. Auf dem Heimweg reden Frau Li und ich darüber, was man sich unter Trinität bei dem Gott der Christen vorstellen kann. Donnerstag, 23. Dezember 2010 In meiner Kindheit fing das Feiern zu Weihnachten immer schon am 23. an, weil dies der Geburtstag meiner Großmutter mütterlicherseits war. Hier fahren Lilly und ich noch einmal zum Geschenke kaufen in die Stadt, und weil Taxen notorisch schwer zu bekommen sind, hält Lilly einen Mann mit einer Fahrrad-Rikscha an. Sie will ihn zunächst wieder loswerden, weil sie irrtümlich angenommen hatte, er säße auf einem Motorrad, doch der lässt sich nun nicht mehr abwimmeln. Im Eigenbauverfahren montieren Eigentümer von Motorrädern und sogar Fahrrädern eine Eisenstangenkonstruktion als Beiwagen an ihr Zweirad und verdingen sich dann als Taxi. Wir fahren so abgasarm und geräuschlos durch den furchterregenden Stadtverkehr,  doch wirklich in Sorge bin ich erst, als der Mann mit uns auf einer belebten Kreuzung links abbiegt. Die Auslandsabteilung des College bittet telefonisch, ich möchte vorbeikommen, um ein Geschenk abzuholen. Im Fernsehen mahnt des Außenministerium Chinas noch einmal alle am Koreakonflikt beteiligten Parteien zur Zurückhaltung. Damit sind auch die U.S.A. gemeint. Freitag, 24. Dezember 2010 Heiligabend ist normaler Arbeitstag. Die Klausuraufgaben für Montag habe ich fertig formuliert und bringe sie zum Vervielfältigen ins Büro der Social Development Leute. Dort treffe ich den Parteimann Xia, mit dem mich das vorgerückte Alter verbindet, und der mir froh erzählt, dass er das Visum für die Schweiz erhalten habe, um zum World Economic Forum nach Davos zu reisen. Inzwischen ist Lilly noch einmal allein zu Weihnachtseinkäufen in der Stadt. Nachmittags fahren wir zum zweiten Mal alle sieben ins Holiday Inn Resort Hotel auf Einladung von Tracy.  In der Suite, die Lilly und ich mit den drei Mädchen bewohnen, ist ein großer (ebenfalls künstlicher) Tannenbaum aufgestellt und alles ist im U.S.-amerikanischen Stil weihnachtlich dekoriert. Später am Abend feiern wird dort alle zusammen, Lillys Eltern, Jeremy mit Tracy und Hunter, und Lilly und ich mit den drei Mädels. Doch vorher sind wir draußen am Strand. Das Hotel hat eine Buffet-Party zu Gast, an der etwa hundert Personen teilnehmen. Die meisten sitzen mit dem Rücken zum Meer, weil in Richtung Hotel eine Bühne aufgebaut ist, auf der ein Unterhaltungsprogramm abläuft. Am weitesten von der Bühne weg – und eben darum am nächsten zum Ufer gelegen – ist ein sehr schöner Tisch für uns gedeckt und reserviert. Wir nehmen so – was die Versorgung mit Essen begrifft – an dem Großbuffet teil, sind aber doch sozial nicht einbezogen. Im Laufe des Abends singt auf der Bühne eine Sopranistin im chinesischen Stil eine Ode auf Mao. Ich erkundige mich nach dem Stellenwert dieser Darbietung und bekommen die Antwort: Daraus ist wegen der schönen Melodie ein Volkslied geworden, obwohl der Text blöd ist. Es fällt nicht ganz leicht, herauszubekommen, wer hier eine große Betriebsweihnachtsfeier veranlasst hat, und endlich deute ich es als eine Zusammenkunft der in der Stadtverwaltung von Sanya tätigen Mitglieder der Partei. Weil Jeremy gegen diese Zusammenhänge noch weit allergischer reagiert als ich, hat seine Frau Tracy wohl versucht, das etwas herunterzuspielen. Die Feier in unserem Hotelzimmer wird lustig und nett besonders für die vier Kinder. Anschließend fahren Jeremy und Tracy mit Hunter in ihre Wohnung, und Emmy ist mit uns zufrieden, weil sie wieder in ihrem „Hotelzuhause“ übernachten darf. Samstag, 25. Dezember 2010, Weihnachten Nach dem Aufstehen gehe ich im Pool schwimmen. Es wird ein fauler, ruhiger Weihnachtstag mit vielen Fotos. Gegen Mittag treffen Jeremy, Tracy und Hunter im Hotel ein. Es kommt dann – eher spontan – zu einem großzügigen netten gemeinsamen Essen mit Jeremy, Tracy und Hunter und uns sieben, an dem auf dem Fernsehbildschirm auch die amerikanischen Zeichentrickfiguren Tom und Jerry teilnehmen. Für den Nachmittg hat Tracy im Bereich des hoteleigenen Schwimmbads eine Kinderparty organisiert mit, außer uns, noch zwei Familien, bei denen die Ehefrauen und Mütter Chinesinnen sind und deren Partnern aus Schweden bzw. aus England stammen. Eine der jungen Hotelangestellten, die zur Betreuung der Kinder eingeteilt sind, kommt mit Emmy nicht zurecht, weil sie ständig versucht, auf Englisch mit ihr zu reden. Ich sage ihr, dass Emmy zwar kein Englisch, wohl aber Chinisisch kann, und daraufhin gelingt eine lustige Zusammenarbeit zwischen ihr und Emmy. Am Spätnachmittag werden wir dann von einem Hotelchauffeur in Tracys Auto auf den Campus unseres College zurückgebracht, wo wir uns auf die letzten Tage des Jahres 2010 vorbereiten.

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