CfP: Die Neuausrichtung Sozialer Arbeit in Zeiten von Instabilität und Prekarisierung

Das Österreichische Jahrbuch für Soziale Arbeit (ÖJS) lädt ein, Interessensbekundungen für die Ausgabe 2024 einzureichen. Gewünscht sind Abstracts für allgemeine Beiträge und Beiträge zum Schwerpunkt der Ausgabe. Außerdem werden gerne Vorschläge für Buchbesprechungen entgegengenommen. Publikationssprachen sind Deutsch und Englisch. Das Jahrbuch ist ein echtes Open Access Journal mit internationalem double-blind Peer Review Standard.

Die Covid-19 Pandemie wie auch der Krieg in der Ukraine haben einmal mehr zu der Erfahrung geführt: In einer zunehmend verbundenen und mobilen Welt können auch in den vermeintlich sicheren Zonen Alltagsroutinen und Annahmen schnell fundamental erschüttert werden. Nicht nur die Zeit-Raum-Struktur in den sozialen Beziehungen aller Menschen hat harte Brüche erfahren. Auch in jenen Ländern, die über vergleichsweise gut ausgebaute wohlfahrtsstaatliche Sicherungssysteme verfügen, wurden die Hilfe- und Care-Arrangements vor Herausforderungen gestellt, die dort zumindest für die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg neuartig sind.

Der Anteil von Menschen, die sich in prekären Lebensverhältnissen befinden, die mit Ausgrenzung und einer Verschlechterung der gesellschaftlichen Teilhabechancen verbunden sind, nimmt zu. Dabei verstärken sich schon länger sichtbare Dynamiken. Die drohende Klimakatastrophe und neue geopolitische Re-Positionierungen von Machtblöcken führen dabei vermutlich langfristig zu einer Veränderung der bisher angenommenen Bedingungen für die sozialpolitische Gestaltung - gerade auch für die personenbezogenen sozialen Dienste und Gemeinschaften. Die Soziale Arbeit selbst zeigt sich zwar durch die jüngsten Entwicklungen verunsichert. Sie reagiert aber zumindest in den Ländern des Globalen Nordens auf Veränderungen weiterhin im Horizont der bisherigen Modernisierungs- und Professionalisierungsstrategien. Die gegebene Situation wird derzeit allerdings noch kaum im Kontext von sozio-ökologischen und globalen Herausforderungen diskutiert, in der auch soziale Fragen und die Antworten darauf neu zu verhandeln sind. In Projekten, Initiativen und Gruppierungen zeigt sich aber zunehmend, dass nach produktiven Zugängen zur Analyse und zur Bearbeitung der Problemverschärfungen gesucht wird.

Der vorliegende Schwerpunkt-Call des ÖJS ruft dazu auf, aktuelle Diskurse, innovative Projekte und Konzepte sowie die Situation der Sozialen Arbeit selbst in den verschiedenen Ländern Europas vor dem Hintergrund von wachsender Armut und zunehmenden prekären Lebensverhältnissen zu diskutieren. Abstracts können sich – neben den bereits genannten Aspekten – auf folgende Bereiche beziehen:

1. Aktuelle Diskurse und der Blick auf die Adressat:innen

  • Es ist eine zunehmende Prekarisierung in den Zielgruppen der Sozialen Arbeit z.B. in der Kinder- und Jugendhilfe, der Schulsozialarbeit und der offenen Kinder- und Jugendarbeit zu beobachten. Was bedeutet dies für die Soziale Arbeit? Welche Herausforderungen bestehen?
  • Soziale Einrichtungen / Schulen sind durch zunehmende psychosoziale Probleme junger Adressat:innen (z.B. durch Covid-19 Pandemie; Fluchterfahrungen) gefordert, an der Schnittstelle zur Kinder- und Jugendhilfe neue Angebote / Konzepte zu entwickeln. Wie gelingt hier die Kooperation zwischen den Institutionen bzw. Professionen?
  • Neue Formen der Armut haben vielfältige kulturelle und psychosoziale Auswirkungen, die neue sozialpolitische wie sozialpädagogische Zugänge (Approaches) und Antworten erfordern. Wie müssen hierbei z.B. Entwicklungen zu einem „punitive turn“ und zur aktivierenden Arbeitsmarktpolitik diskutiert werden?

2. Entwicklungen und Innovationen in Kontexten von Prekarisierung und Armut

  • Wo und wie entstehen innovative Projekte in zivilgesellschaftlichen Bereichen (z.B. Solidargemeinschaften, Genossenschaftsprojekte, Ökologische Projekte, Kultur- und Ausbildungs- oder Integrationsprojekte)? Inwiefern können diese Impulse und Ideen für neue Formen des Umgangs mit Armut geben und die soziale mit der ökologischen Frage (z.B. in der Infrastrukturentwicklung, der Stadtplanung) verknüpfen? Was sind Möglichkeiten und Grenzen solcher Ansätze?
  • Hinsichtlich der Arbeitswelt wird eine Entwicklung hin zu unsicheren Arbeitsverhältnissen beschrieben: Von atypischen Arbeitsverhältnissen als geringfügig Beschäftigte oder in Teilzeitjobs sind in Österreich derzeit fast ein Drittel aller Beschäftigten betroffen. Dies führt zu Phänomenen wie Working Poor, Altersarmut bei Frauen und Kinderarmut. Welche Ideen und Konzepte gibt es, die neue Ansätze im Umgang mit Armut und der Absicherung von Grundbedürfnissen erproben, insbesondere auch im Umgang mit von Marginalisierung betroffenen Adressat:innen?

3. Prekarisierung in der Sozialen Arbeit selbst

  • Von der Prekarisierung der Arbeitsbedingungen sind auch die Fachkräfte in der Sozialen Arbeit / Sozialpädagogik selbst sowie soziale Organisationen betroffen. Welche Auswirkungen und Folgen hat dies? Welche Veränderungsbedarfe bestehen?
  • Veränderte Anforderungen ergeben sich auch durch die Notwendigkeit von kurz-, mittel- und langfristigen Strategien in Ausbildungseinrichtungen hinsichtlich der beruflichen Standards und des Berufsbildescselbst. Welche diesbezüglichen Entwicklungen zeichnen sich in Österreich und in Europa in der Ausbildungslandschaft ab?

Organisatorisches

Neben Perspektiven auf Entwicklungen in Österreich sind zumthematischen Schwerpunktdes Call for Papers auch englisch- oder deutschsprachige Beiträge zu internationalen Entwicklungen und vergleichende Zugänge erwünscht. Dieallgemeinen Beiträgesowie die Beiträge im Schwerpunkt können bis zu 50.000 Zeichen umfassen (inkl. Leerzeichen und Literatur). FürBuchrezensionensind 10.000 Zeichen vorgesehen. Die Richtlinien für die Einreichung von Manuskripten finden Sie unter: www.uni-salzburg.at/oejs

Deadline für die Einreichung der Abstracts – gerne auch in englischer Sprache – (3.000 bis 4.000 Zeichen) ist der 25.6.2022. Eine Rückmeldung auf die Abstracts – d.h. Annahme oder Ablehnung – erfolgt durch die Herausgeber:innen bis Mitte Juli 2022. Die Abgabe der vollständigen Artikel durch die Autor:innen erfolgt bis 31. Januar 2023. Abstracts bitte an die Redaktion: oejs@plus.ac.at


Quelle: Mit Informationen des Österreichischen Jahrbuch für Soziale Arbeit