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Bundesteilhabegesetz: Berufsbetreuer ärgert unnötige Bürokratie

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) war als Erleichterung für Menschen gedacht, die auf besondere Unterstützung im Alltag angewiesen sind. Doch eine überbordende und kommunal oft nicht abgestimmte bürokratische Praxis schafft momentan vor allem eines: Mehraufwand für alle Beteiligten.

Der Bundesverband der Berufsbetreuer*innen e.V. (BdB) weist auf eklatante Umsetzungsprobleme beim Bundesteilhabegesetz hin. Entgegen der politischen Absicht, eine Erleichterung bei Beantragung und Umsetzung zu verwirklichen, beklagen die professionellen Betreuer*innen eine deutliche Zunahme bürokratischer Aufgaben. 

Der hessische Landessprecher des Verbandes, Eberhard Marten, stellte fest: „In meinem Betreuungsbüro ist durch BTHG eine Mehrarbeit von etwa 30 Prozent entstanden, vorwiegend durch umfangreiche Neuanträge bei Sozialämtern, Rentenversicherung, Familienversicherung und Wohngeld." Marten ärgert sich insbesondere über „die seitenlangen Formulare und die Besorgung und Weiterleitung von Nachweisen und Informationen". Erschwerend komme hinzu, dass die ungeliebten Formblätter von den Städten und Landkreisen nach eigenem Geschmack gestaltet werden können. Begleitet ein*e Betreuer*in also Klient*innen aus verschiedenen Landkreisen, ergebe sich ein entsprechender Aufwand.

Auch hinsichtlich der Bearbeitungsdauer beklagt der BdB sehr große Unterschiede. „Bei manchen Ämtern hat die Bearbeitung bis zum Bescheid bis März 2020 gedauert. Bei manchen sind schon wieder die Weiterbewilligungsanträge fällig.", verdeutlicht Marten das Problem. Ein einheitliches Vorgehen ist also nicht festzustellen. Auch bestimmte Details, z.B. die neue Regelung zur Finanzierung des Mittagessens in Werkstätten für Menschen mit Behinderung, nerven die Berufsbetreuer*innen. Marten betont, dass diese Regelung selbst in den zuständigen Ämtern „für Kopfschütteln gesorgt" hat. Aus all den praktischen Umsetzungserfahrungen hat sich der Nutzen der umfassenden Reform noch nicht erwiesen. Und so kommt Eberhard Marten zu dem ernüchternden Schluss: „Im Moment sehe ich durch Einführung des Bundesteilhabegesetzes keinen Gewinn für die Betreuten.“

Auch zur aktuellen Corona-Krise äußerte sich der Bundesverband. Bedenklich sei, dass einige Anbieter für Ambulant Betreutes Wohnen aktuell überhaupt keine persönlichen Besuche mehr durchführten. Viele psychisch Erkrankte benötigten dringend einen regelmäßigen persönlichen die Berufsbetreuer*innen auffangen.