Bleiben verhaltensauffällige Menschen mit Demenz auf der Strecke?

07.05.2017 | Altenhilfe, Forschung | Nachrichten

Kritik am neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff äußert der Deutsche Verband der Leitungskräfte für die Alten- und Behindertenhilfe (DVLAB) nach nur wenigen Monaten Praxiserfahrung mit dem „Neuen Begutachtungsinstrument" (NBI). Verlierer seien aktive Menschen mit mittlerer bis schwerer Demenz, die offenkundig verhaltensauffällig sind.

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff sollte den Pflege-und Betreuungsbedarf von Menschen mit Demenz angemessener berücksichtigen. Menschen mit leichter Demenz profitieren auch, wird eingeschätzt, weil sie leichter in niedrigere Pflegegrade eingestuft würden und so einen besseren Zugang zum Leistungsspektrum der Pflegeversicherung erhielten als zuvor. Aktive demenzerkrankte Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten leben dagegen überwiegend in Heimen und benötigen eine zeitintensive Betreuung über 24 Stunden. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff gewichte ihr auffälliges Verhalten am Gesamtaufwand aber nur mit 15 Prozent, so der DVLAB. „Dadurch wird der Pflegebedarf mehrheitlich nur mit dem Pflegegrad 3 oder 4 berücksichtigt, was jedoch absolut nicht ausreichend ist", sagt der Pflegeexperte und DVLAB-Bundesvorsitzende Peter Dürrmann.

Der DVLAB schätzt ein, dass weder die Leistungen der Pflegeversicherung noch die Heimkosten für diese Pflegegrade ausreichten, um die nötige zeitintensive Betreuung zu finanzieren, Auch Pflegeheime und Pflegekräfte würden so zu Verlierern, Personalabbau drohe. „Das kann niemand wollen", so Dürrmann.

Über den DVLAB hat sich eine Arbeitsgruppe mit über 40 Einrichtungen zusammengefunden, die in Kooperation mit dem Institut für Pflegewissenschaft (IPW) der Universität Bielefeld an etwa 4.000 pflegebedürftigen Menschen eine Studie zur tatsächlichen Eingruppierung durchführen will. Im Mittelpunkt des Interesses stehen die Fragen, ob sich die Einschätzung der Altenpflegeeinrichtungen bezüglich zu niedriger Pflegegrade für Menschen mit mittelschwerer bis schwerer Demenz bestätigt und inwieweit ein generelles Absinken des derzeitigen Pflegegradniveaus zu erwarten ist.


Quelle: DVLAB-Pressemitteilung in Kooperation mit IPW vom 4. Mai 2017