Bildungsrat für Pflegeberufe sieht Rückschritt in der Altenpflegeausbildung

27.06.2018 | Altenhilfe | Nachrichten

Mit der Verabschiedung des Pflegeberufegesetzes, das am 1.1.2020 in Kraft tritt, hat der Gesetzgeber unter Beweis gestellt, dass ihm eine hohe Qualität in der Ausbildung der Pflege wichtig ist, unabhängig davon, ob das die Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, die Altenpflege oder die allgemeine Pflege ist. Von diesem Anliegen einer alle Bereiche der Pflege umfassenden gleich hohen Ausbildungsqualität war auch der Referentenentwurf der Pflege-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (PflAPrV) des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geprägt. Das alles soll nach Ansicht des Deutschen Bildungsrates für Pflegeberufe  nun nicht mehr gelten, weil Arbeitgeber und private Einrichtungsbetreiber der Ansicht seien, in der Altenpflege sei die Ausbildung zu anspruchsvoll. 

Weder den Ausbildungswilligen in der Altenpflege noch den zu pflegenden älteren Menschen wird mit den geplanten Änderungen in der Qualität der Altenpflegeausbildung Gutes getan, kritisiert der Bildungsrat. Zititert wird die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA): „Eine Reihe von Kompetenzanforderungen, die einer unsachgerechten Verwissenschaftlichung der Ausbildung Vorschub geleistet hätten, sind sachgerecht weiterentwickelt oder gestrichen worden." Ohne dass die pflegewissenschaftlichen und pflegepädagogischen Expertinnen, die den Referentenentwurf maßgeblich geprägt haben, noch einmal angehört worden wären, ist dieser Referentenentwurf aus politischen Gründen geändert worden:

Dem BDA sei Genüge getan worden - das Niveau der Altenpflegeausbildung abgesenkt worden und damit fast an das Niveau einer Assistentenausbildung gerückt. VErmutet wird, dass  die Interessen der Arbeitgeber in der Altenpflege dafür entscheidend waren, werden doch in diesem Bereich  nach wie vor erheblich geringere Arbeitslöhne gezahlt als in der sonstigen Pflege. Kritisiert wird, dass sich das nun verfestigen würde. 

Das Argument des BDA ist, dass die geplante Altenpflegeausbildung ausbildungswillige Personen mit einem Hauptschulabschluss überfordern würde – werde nicht mit Beweisen hinterlegt. Der BDA fragt aber nicht danach, welche Qualität der Pflege den älteren Menschen zusteht. In der Tat wäre die ursprünglich geplante Ausbildungsqualität anspruchsvoll, müsse sie auch, so der Bildungsrat, da die Pflege in allen Versorgungsbereichen anspruchsvoll sei. 

Die Kritik im Einzelnen: 

Im jetzt vorliegenden Entwurf würden die Anforderungen an die Beherrschung des Pflegeprozesses abgespeckt. Dabei wird verkannt, dass schon die Erhebung und Feststellung des Pflegebedarfs, die jetzt eine vorbehaltene Aufgabe aller Pflegefachpersonen werden soll, das A und O für die weitere Gestaltung des Pflegeprozesses ist. Es ist nicht nachvollziehbar, warum hier Altenpfleger weniger qualifiziert sein sollen als die anderen Pflegefachpersonen.

Ebenso wenig ist nachvollziehbar, warum gerade in der Altenpflege weniger kommunikative Kompetenzen der Pflegefachpersonen erforderlich sein sollen als in der sonstigen Pflege. Es bedarf keiner umfassenden wissenschaftlichen Untersuchungen, um zu dem Schluss zu kommen, dass kommunikative Kompetenzen hier auf dem gleich hohen Niveau vonnöten sind. Das Gleiche gilt für die Kompetenzen zur Unterstützung von Familien und sozialen Bezügen. Auch hier liegt es auf der Hand und ist allenthalben bekannt, dass die Pflege im familiären und sozialen Umfeld eine der tragenden Säulen unseres Pflegesystems ist. Hier weniger Kompetenzen zu verlangen, ist regelrecht kontraproduktiv.

Die geplanten Absenkungen in den Anforderungen an die Ausbildungsqualität in der Altenpflege blieben  zum Teil sogar hinter den gegenwärtigen Anforderungen nach dem AltPflG zurückbleiben,.

Das sei nicht nur rückwärtsgewandt, sondern könne kontraproduktive Wirkungen nicht nur in der Versorgung, sondern auch in der Berufswahl erzeugen. Wer will schon in denjenigen Pflegeberuf gehen, der von Hause aus als geringwertiger in der Ausbildung anzusehen ist? Unabhängig davon sei  es auch rechtlich nicht unproblematisch, unter dem Dach ein- und desselben Gesetzes für die Pflegeberufe, das für alle Pflegeberufe strukturell gleiche Niveauanforderungen formuliert, dann in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung unterschiedliche Niveauanforderungen an die Ausbildung dieser Pflegeberufe zu stelle

Gertrud Stöcker

Vorsitzende

Deutscher Bildungsrat für Pflegeberufe (DBR)


Quelle: Presseinformation des Deutschen Bildungsrates für Pflegeberufe vom 22. Juni 2018