Ein Ohr
Franco Antonio Giovanella / Unsplash

Aktives Zuhören

Die Kunst, dem Gesprächspartner voll und ganz Aufmerksamkeit zu schenken

von Farina Eggert
07.04.2023 | Dossier

Zuhören ist eine grundlegende Fähigkeit in der Kommunikation. Aktives Zuhören geht jedoch über das einfache Verstehen der Worte des Gesprächspartners/der Gesprächspartnerin hinaus. Es ist eine Fähigkeit, die es uns ermöglicht, unser Gegenüber besser zu verstehen und ihm/ihr das Gefühl zu geben, dass wir uns wirklich für seine Meinungen, Gedanken und Gefühle interessieren.

Aktives Zuhören bedeutet, dass wir uns bewusst darauf konzentrieren, was unser Gesprächspartner/unsere Gesprächspartnerin sagt, und dass wir auf seine nonverbale Kommunikation achten. Wir hören nicht nur auf die Worte, sondern wir versuchen auch, seine Haltung, seine Gestik und seine Mimik zu verstehen. Aktives Zuhören ist somit ein bewusster Prozess, bei dem wir dem Gegenüber unsere volle Aufmerksamkeit schenken und ihm das Gefühl geben, dass er gehört wird.

Wie funktioniert aktives Zuhören?

Aktives Zuhören funktioniert, indem man seine eigene Meinung und seine Urteile beiseitelegt und sich vollständig auf den Gesprächspartner/die Gesprächspartnerin konzentriert. Dabei kann man durch Fragen und gezielte Rückmeldungen sicherstellen, dass man die Aussagen des anderen richtig versteht. Auch nonverbale Signale wie Augenkontakt, Nicken und Körpersprache können helfen, dem Gegenüber das Gefühl zu geben, gehört und verstanden zu werden.

Eine wichtige Technik beim aktiven Zuhören ist das Paraphrasieren. Hierbei wiederholt der Zuhörer in eigenen Worten, was der Gesprächspartner/die Gesprächspartnerin gesagt hat, um sicherzustellen, dass er es richtig verstanden hat. Der Teilnehmende kann dann bestätigen, dass er verstanden wurde oder das Missverständnis korrigieren.

Eine weitere Technik ist die Zusammenfassung. Hierbei fasst der Zuhörer am Ende des Gesprächs das Wichtigste mit eigenen Worten zusammen, um sicherzustellen, dass er den Inhalt des Gesprächs richtig verstanden hat. Um Ich-Botschaften zu stärken, beginnt der/die Zusammenfassende/r dabei mit „Ich habe verstanden, dass…“.

Es gibt auch noch weitere Techniken, wie z.B. das Nachfragen, um Klarheit zu schaffen, oder das Bestätigen der Gefühle des Gesprächspartners, um ihm das Gefühl zu geben, verstanden zu werden. Hierbei werden einzelne Elemente des Gesprächs aufgegriffen und vertieft. Das kann auch für einen weiteren Beratungs- oder Therapieverlauf eine entscheidende Wirkung erzielen, indem beispielsweise beim Nachfragen bereits zirkuläre Fragen genutzt werden.

Übungen für aktives Zuhören

Aktives Zuhören kann geübt werden, indem bewusst darauf geachtet wird, was der Gesprächspartner/die Gesprächspartnerin sagt und wie er/sie es sagt. Es ist wichtig, dass die Konzentration dabei voll und ganz auf dem Gespräch liegt und keine Ablenkungen zugelassen werden. Ebenso können die verschiedenen Techniken des aktiven Zuhörens gezielt angewendet werden, um das Verständnis für den/die Teilnehmende/n zu verbessern.

Um das aktive Zuhören zu üben, sollte der/die Übende/r sich bewusst Zeit nehmen und sich auf das Gespräch konzentrieren, ohne gleichzeitig auf sein Handy oder den Laptop zu schauen. Durch das Paraphrasieren oder auch Zusammenfassen kann ein einfaches Gespräch mit Freund:innen oder Kolleg:innen tiefer und intensiver werden. Hier gilt es, einfach die Techniken auszuprobieren. Auch Rollenspiele oder Übungen in Gruppen können dabei helfen, die Fähigkeit zu verbessern.

Warum ist aktives Zuhören wichtig?

Unabhängig von einem konkreten Beratungssetting ist Aktives Zuhören eine wichtige Fähigkeit in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Es ermöglicht es uns, eine bessere Beziehung zum Gesprächspartner aufzubauen und ihm das Gefühl zu geben, dass er gehört und verstanden wird. Es kann auch dazu beitragen, Konflikte zu vermeiden oder zu lösen, da wir uns besser in die Position des anderen versetzen können. Darüber hinaus bereichert Aktives Zuhören den eigenen Verständnisgedächtnis, übt in Sympathie und Empathie und hilft, konkrete Anliegen in der Beratung zu erkennen und zu benennen.

Aktives Zuhören mit Rogers und Schulz von Thun

Carl Rogers und Schulz von Thun haben sich intensiv mit dem Thema Zuhören beschäftigt und sind dafür bekannt, dass sie das Zuhören als wichtige Fähigkeit in der zwischenmenschlichen Kommunikation betrachten.

Carl Rogers, ein bekannter Psychologe und Psychotherapeut, hat das Zuhören als zentralen Aspekt in seiner humanistischen Therapie betrachtet. Er betonte die Wichtigkeit des empathischen Zuhörens, bei dem der Therapeut dem Patienten aktiv zuhört und versucht, seine Gefühle und Gedanken zu verstehen.

Schulz von Thun, ein Kommunikationswissenschaftler, hat in seinem Vier-Ohren-Modell darauf hingewiesen, dass Kommunikation immer mehrere Aspekte hat und es wichtig ist, diese zu berücksichtigen.

Einsatzbereiche und Vorteile

Aktives Zuhören wird in vielen Bereichen eingesetzt, zum Beispiel in der Psychotherapie, Systemischen Beratung, im Kundenservice oder in der zwischenmenschlichen Kommunikation im Allgemeinen. Es kann sowohl in privaten als auch in beruflichen Kontexten hilfreich bei der Anliegenklärung sein.

Vorteile des aktiven Zuhörens sind, dass es die Kommunikation verbessert, zu einer besseren Verständigung führt und dazu beitragen kann, Konflikte zu lösen oder gar nicht erst entstehen zu lassen.

Nachteile können sein, dass es Zeit und Aufmerksamkeit erfordert und manchmal schwierig sein kann, seine eigenen Meinungen und Urteile beiseitezulegen, vor allem bei grenzwertigen Themen wie z.B. Gewalt und Missbrauch. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, durch vieles Nachfragen den Gesprächsteilnehmenden zu verunsichern oder bei einem Thema „hängen zu bleiben“, was beispielsweise mit dem eigentlichen Anliegen der/des Klientin/Klienten nichts mehr zu tun hat.