AGJ diskutiert Fachkräftegebot und Fachkräftegewinnung in der Kinder- und Jugendhilfe

Mit dem vom Vorstand der AGJ im September d. J. beschlossenen Diskussionspapier verfolgt die AGJ das Ziel, ausgehend von bundesrechtlichen gesetzlichen Regelungen eine Einordnung des so genannten „Fachkräftegebotes“ vorzunehmen und seine Bedeutung für die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe zu konkretisieren und zu bestärken.

Die Qualität der Angebote und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe hängt entscheidend davon ab, dass sowohl ausreichend qualifiziertes als auch motiviertes Personal für die vielfältigen Leistungsangebote der Kinder- und Jugendhilfe zur Verfügung steht.
§ 72 SGB VIII regelt als so genanntes „Fachkräftegebot“ die Grundsätze über die Qualifikationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kinder- und Jugendhilfe und benennt neben der persönlichen Eignung die Existenz einer der „Aufgabe entsprechende(n) Ausbildung“ oder vorliegender „besonderer Erfahrungen in der sozialen Arbeit“ als Voraussetzung für die hauptberufliche Tätigkeit in der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe. Im Zuge wachsender Anforderungen im Feld der Kinder- und Jugendhilfe und angesichts des demografischen Wandels, der sich in den einzelnen Bundesländern und Regionen unterschiedlich auswirkt, gewinnt die Sicherung des Fachkräftebedarfs in der Kinder- und Jugendhilfe insgesamt an Bedeutung. Vor dem Hintergrund des Bedeutungszuwachses des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen in öffentlicher Verantwortung sowie in Zeiten, in denen die Leistungsfähigkeit und Arbeitsweise der Kinder- und Jugendhilfe aufgabenkritisch betrachtet werden, wird die Frage der Qualität (Qualitätsentwicklung und deren Sicherung) zu einer großen Herausforderung. Dabei kommt im Rahmen der bundesweiten Debatte der fachlichen Kompetenz der Beschäftigten in der Kinder- und Jugendhilfe (den Fachkräften) eine zentrale Bedeutung zu. Personal- und Organisationsentwicklung Bezogen auf die Wahrung der Qualität der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sieht die AGJ mit Blick auf die Fachkräfte alle Akteure entlang der unterschiedlichen Phasen eines Berufsweges (Ausbildung/Studium, Berufseinmündungsphase, Berufstätigkeit/Phase der Fort- und Weiterbildung) in der Pflicht zur geteilten Verantwortungsübernahme, d.h. sowohl die Aus-, Fort- und Weiterbildungs- als auch die Anstellungsträger der Kinder- und Jugendhilfe. Insbesondere Führungskräfte sollten aufgrund ihrer Verantwortung für die Personal- und Organisationsentwicklung für die erforderliche Sicherung der Fachlichkeit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sensibilisiert und qualifiziert werden. Entscheidungstragende in Politik und Verwaltung sollten zudem in ihrer Kompetenz für die Setzung von entsprechenden Rahmenbedingungen gestärkt und als konstruktiver Partner in die Fachdiskussion eingebunden werden. So führen die Erwartungen an die Kompetenz der Fachkräfte vor dem Hintergrund eines erweiterten Aufgabenspektrums und zunehmender fachlicher Anforderungen (Aufgabenvielfalt) sowie einer Ausweitung der Angebote (Angebotsvielfalt) in den jeweiligen Arbeitsfeldern in Zeiten der Sicherung des Fachkräftebedarfs zu Spannungsfeldern, die es aus der jeweiligen Verantwortungsperspektive aufzulösen gilt. Einordnung des Fachkräftegebotes und Konkretisierung Mit dem vom Vorstand der AGJ im September d. J. beschlossenen Diskussionspapier verfolgt die AGJ das Ziel, ausgehend von bundesrechtlichen gesetzlichen Regelungen eine Einordnung des so genannten „Fachkräftegebotes“ vorzunehmen und seine Bedeutung für die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe zu konkretisieren und zu bestärken. Mit Bezug auf die europäischen Entwicklungen wird zudem die Analogie zwischen dem traditionellen Fachkräftegebot der Kinder- und Jugendhilfe und dem Kompetenzbegriff des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) verdeutlicht werden. Mit Blick auf die Aufgaben- und Angebotsvielfalt sowie aktuellen Entwicklungen in einzelnen Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe will die AGJ auch die Öffnung des Fachkräftegebotes in Abhängigkeit zur Reglementierungsnotwendigkeit einzelner Handlungsfelder sowie entlang der damit verbundenen Ambivalenzen zur Diskussion stellen, ohne dabei rechtliche Regelungen zu unterlaufen bzw. das den notwendigen Kompetenzanforderungen entsprechende Qualitätsniveau abzusenken. Dafür werden exemplarisch die Aufgabenfelder der Kindertagesbetreuung und Hilfen zur Erziehung (reglementierte Berufsfelder) sowie der Jugendarbeit (weniger reglementiertes Berufsfeld) kritisch in den Blick genommen. Spannungsfeld zwischen Fachkräftegebot und Fachkräftegewinnung Weiterhin soll das Spannungsfeld zwischen Fachkräftegebot und Fachkräftegewinnung diskutiert werden, indem (neue) Wege und Modelle der Fachkräftegewinnung, -qualifizierung und -bindung sowie damit verbundene Anforderungen und Handlungsoptionen, aber auch deren Grenzen, aufgezeigt werden. Es wird die Annahme zugrunde gelegt, dass die Kinder- und Jugendhilfe nicht nur Fachkräfte gewinnen muss, sondern auch den Auftrag hat, (angehende) Fachkräfte im Sinne von „Lebenslangem Lernen“ und „Training on the Job“ zu qualifizieren. In dem Zusammenhang ist es nach Ansicht der AGJ jedoch insbesondere erforderlich, eine Klärung von Verantwortlichkeiten für die Finanzierung von Maßnahmen in der Berufseinmündungsphase für die verschiedenen Handlungsfelder und Berufsabschlüsse der Kinder- und Jugendhilfe herbeizuführen.

Das Diskussionspapier finden sie hier.


Quelle: www.agj.de