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25 Jahre Pflegeversicherung - ein Tag zum Feiern?

Klammheimlich hat sich ein Geburtstag zwischen die Osterfeiertage geschlichen: Am 22.4.1994, also vor 25 Jahren, wurde im Bundestag die Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung beschlossen. Dass dies richtig und wichtig war, bezweifelt niemand. Man hat nur leider das Wichtigste vergessen.

25 Jahre ist es her, dass der Deutsche Bundestag im April 1994 beschloss, was heute zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist: die gesetzliche Pflegeversicherung. Am 1.1.1995 trat sie in Kraft und bildete somit die fünfte Säule des deutschen Sozialversicherungssystems. Die beitragsfinanzierte, auf paritätisch organisierten Zahlungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern basierende Versicherung ersetzte eine Regelung, die das Sozialhilfesystem vor erhebliche Probleme stellte. Denn wer pflegebedürftig war und Unterstützung benötigte, musste Leistungen beim Sozialamt beantragen, was mit hohem bürokratischen Aufwand einherging und von vielen Betroffenen als entwürdigend empfunden wurde. Und: Bereits 1995 war absehbar, dass demografischer Wandel und medizinischer Fortschritt dazu führen würden, dass der Anteil pflegebedürftiger Personen weiter steigt. Die Einführung war zum damaligen Zeitpunkt also überfällig.

Probleme von damals sind auch Probleme von heute

Schaut man auf die Gründe für die Einführung und gleicht die zugrunde liegenden Probleme mit der heutigen Situation ab, so zeigen sich leider viele Parallelen. Zum einen hat sich gezeigt, dass die Beantragung von Leistungen sowie die Überprüfung der Pflegebedürftigkeit keineswegs unbürokratisch vonstatten geht. Im Gegenteil: Die ohnehin auf Unterstützung angewiesenen Menschen sind auch heute oftmals nicht in der Lage, das sozialrechtliche Verfahren ohne Hilfe durchzuführen. Gerade weil viele ältere Menschen heute keine nahen Familienangehörigen mehr haben, die sich ihrer Probleme annehmen, ist es wichtig, dass rechtzeitig geholfen wird. Hierfür sind flächendeckend niedrigschwellige Strukturen notwendig. Und wie übrigens auch in vielen anderen Bereichen des Sozialsystems sollten die bewilligenden Institutionen - egal ob Behörden oder Sozialversicherungen - deutlich mehr für eine Begegnung auf Augenhöhe tun. Denn Sozialleistungen sind nur dann nützlich, wenn anspruchsberechtigte Personen verstehen, was ihnen zusteht und was ggf. auch nicht. Ein Problem, das auch andere Bereiche, man denke an Hilfen für Menschen mit Behinderung, in Teilen auch die Kinder- und Jugendhilfe, betrifft.

Das wichtigste Element wurde nicht mitbedacht: die Pflegenden

Zu einem würdevollen Altern zählt selbstverständlich auch eine würdevolle Pflege. Und gerade hier zeigt sich das ganze Ausmaß des Pflegedilemmas. Denn bei aller Notwendigkeit der Einführung haben die politisch Verantwortlichen damals leider nicht in Erwägung gezogen, dass der Pflegeberuf für junge Menschen einmal unattraktiv werden könnte. Zu lange hat man sich auf mildtätige Motive der vornehmlich jungen Frauen, verlassen. Und auch die Pflegebranche selbst hat nicht gerade ein positives Image transportiert. Mit dem Pflegeberuf wird viel zu wenig die Freude am Helfen verbunden. Viel zu sehr hat sich das Bild von rast- und ruhelosen Pflegenden eingebrannt, die von Haushalt zu Haushalt (bzw. Zimmer zu Zimmer) eilen, kurz Hand anlegen, dokumentieren, weiterziehen. Das Ergebnis: Der Fachkräftemangel in der Pflege nimmt weiter zu, der Druck auf die Pflegenden steigt und nur tröpfchenweise kommen von der Politik angestoßene Verbesserungen bei den Pflegenden an. Geradezu zynisch: Das nach wie vor niedrige Lohnniveau in der Pflegebranche wird absehbar dafür sorgen, dass viele Pflegekräfte von heute die Bezieherinnen von Hilfe zur Pflege, also Sozialhilfe (sic!), von morgen sein werden.

Falsche Vorstellung von Qualität?

Die Einführung der Pflegeversicherung vor 25 Jahren war ein wichtiger und richtiger Schritt. Sie hat eine solide Basis für die Finanzierung des "Risikos" Pflegebedürftigkeit geschaffen. Mehr als das ist es leider nicht, weil die politisch Verantwortlichen über lange Jahre ignoriert haben, dass der Pflegeberuf als solcher pflegebedürftig war. Man hat in einem an Kostenreduzierung orientierten "Qualitätswahn" - man denke an die kleinteiligen Dokumentationspflichten - vergessen, dass die Motive der Menschen, die sich für den Pflegeberuf entscheiden, hauptsächlich in der Freude an der Mitmenschlichkeit liegen. Leider ist diese viel zu lange als kostenträchtiger Störfaktor wahrgenommen und letztlich "wegorganisiert" worden.

Vielleicht ist der Qualitätsgedanke in der Pflegebranche schlicht und ergreifend zu sehr an Zahlen und zu wenig an Werten ausgerichtet worden.

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