1. Empirische Untersuchung zu Einflussfaktoren für Wirtschaftlichkeit von Werkstätten in Deutschland

Welche Faktoren haben Einfluss auf die wirtschaftliche Lage einer Werkstatt für behinderte Menschen? Welche Handlungsmöglichkeiten haben die Werkstätten, um die wirtschaftlichen Ergebnisse zu beeinflussen und diese zu nutzen? Mit diesen Fragen im Hinblick auf die 43 Werkstätten im Rheinland beschäftigte sich die Prognos AG im Rahmen eines Untersuchungsauftrags des Landschaftsverbands Rheinland (LVR).

Der Abschlussbericht dieser deutschlandweit ersten empirischen Erhebung zur Wirtschaftlichkeit von Werkstätten für Menschen mit Behinderung liegt nun vor. Die Studie erfolgte in Kooperation mit den rheinischen Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege. Die wirtschaftliche Entwicklung der 43 Werkstätten im Rheinland verläuft seit einigen Jahren trotz gleicher Leistungsentgelte unterschiedlich. Ein gutes Arbeitsergebnis ist jedoch Voraussetzung für die Zahlung angemessener Löhne an die Beschäftigten. Zudem kann der Rehabilitationsauftrag nur erfüllt werden, wenn die Werkstatt ausreichend rentable Aufträge akquirieren und differenzierte, arbeitsmarktnahe Beschäftigungs- und Fördermöglichkeiten anbieten kann. Der LVR zahlt die Kosten für die notwendige Förderung und Unterstützung für die Werkstatt-Beschäftigten mit Behinderung. Rheinlandweit arbeiten rund 33.500 Frauen und Männer in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Insgesamt finanziert der LVR die Beschäftigung in den Werkstätten mit rund 550 Millionen Euro im Jahr. Die Studie der Prognos AG gibt Aufschluss darüber, welche Faktoren, Rahmenbedingungen und Managemententscheidungen maßgeblichen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg von Werkstätten für behinderte Menschen haben und liefert Handlungsempfehlungen und Steuerungsansätze, um die wirtschaftliche Situation einer Werkstatt für behinderte Menschen gezielt zu verbessern. Besonders relevante Wirkfaktoren sind laut der Studie die Angebots- und Produktionsvielfalt, die Kundenstruktur, die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten und die Qualifikation von Personal und Management. Insgesamt 35 der rund 50 untersuchten Wirkfaktoren hat Prognos einen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit zuerkannt, davon 14 mit einem besonders starken Einfluss.

Die Analyse hat gezeigt, dass der Auftrag einer Werkstatt für behinderte Menschen wesentlich vielschichtiger ist als bei einem „normalen" Unternehmen. Das übergeordnete Ziel der Rehabilitation der Beschäftigten erfordert mitunter wirtschaftliche Kompromisse. Dennoch zeigt die Studie zweierlei: Eine erfolgreiche Rehabilitation steht dem wirtschaftlichen Erfolg einer Werkstatt nicht grundsätzlich entgegen, sondern kann sogar förderlich wirken. Zudem gibt es keine präjudizierenden Faktoren, die den wirtschaftlichen Erfolg einer Werkstatt vorherbestimmen. Dirk Lewandrowski, LVR-Dezernent Soziales: „Die Untersuchungsergebnisse haben uns wertvolle neue Erkenntnisse geliefert. Zum einen konnte gezeigt werden, dass es keine präjudizierenden Faktoren gibt, die die wirtschaftliche Stärke oder Schwäche einer Werkstatt vorprogrammieren. Auch tendenziell hemmende Faktoren können ausgeglichen werden, wenn die steuerbaren Wirkfaktoren genutzt werden. Zum anderen konnten wir erstmals empirisch belegen, dass die Qualifizierung von Management und Personal ein entscheidender Faktor für die Wirtschaftlichkeit von Werkstätten für Menschen mit Behinderungen sind. Wir werden diese Erkenntnisse mit in die Gespräche mitnehmen, die wir regelmäßig mit den Werkstätten führen."

Hintergrund

Im Rahmen der explorativen Studie hat die Firma Prognos verschiedene Methoden kombiniert; qualitative Interviews und Fachgespräche ergänzten die betriebswirtschaftlichen und statistischen Analysen. Für die wesentlichen Einflussfaktoren hat Prognos auf Basis der Untersuchungsergebnisse Vorschläge und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Der LVR wird die Ergebnisse des Abschlussberichtes der Prognos AG vertieft auswerten und gemeinsam mit den Werkstätten die Handlungsempfehlungen beraten und in enger Abstimmung mit der politischen Vertretung des LVR Vorschläge für weitere Schritte im Rheinland entwickeln. 


Quelle: LVR-Pressemitteilung vom 24. November 2017