Paula (23)
Ehemalige Mitarbeiterin eines Konsumraums und Studentin Sozialer Arbeit

17.05.2024

Paula, 23, begann in Bayern Soziale Arbeit zu studieren und zog dann nach Berlin, um ihr Praxissemester im Bereich der akzeptierenden Sucht- und Drogenarbeit durchführen zu können. Im Interview berichtet sie von den Herausforderungen sowie den schönen Momenten im Konsumraum, bringt Problematiken des sozialen Berufsfeldes auf den Punkt und äußert Empfehlungen für angehende Sozialarbeiter:innen.

Porträfoto von Paula Foto: Momen Mostafa

Wieso begeisterst du dich für Soziale Arbeit?

Ich habe nach einem Berufsfeld gesucht, in dem ich den Sinn meiner Arbeit erkennen kann. Das war, glaube ich, der hauptsächliche Grund, warum ich zur Sozialen Arbeit kam, da medizinische Berufe nicht unbedingt für mich infrage gekommen wären, obwohl ich sie super interessant finde. Soziale Arbeit ist ein Feld, das extrem vielfältig ist und in dem man Sachen bewegen kann. In diesem Bereich kann man auch im Berufsalltag seine politische oder seine moralische Ausrichtung leben und Arbeit leisten, die tatsächlich wertvoll und wichtig ist.

Ich wollte mich nicht unbedingt in dem Beruf entfalten, sondern ich habe allgemein einen Bereich gesucht, in dem ich keine moralischen Probleme mit meiner Arbeit habe. Und selbst wenn ich sie hätte, könnte ich was dagegen tun, weil einem der soziale Bereich die Möglichkeit gibt, selbst irgendwie seine Stimme zu finden und die Sachen, die einem wichtig sind, auch einfach ins Berufsleben mit einzubringen. Mir sind zum Beispiel die akzeptierende Sucht- und Drogenarbeit wichtig geworden sowie zu lernen, akzeptierender mit Menschen und ihren Situationen umzugehen. Diese Akzeptanz von verschiedenen Lebensrealitäten war das, was mir in meinem Praktikum und auch in der späteren Arbeit sehr wichtig war.

Wie kamst du dazu, dein Praktikum in einem Konsumraum zu machen?

Ich habe in Bayern angefangen, Soziale Arbeit zu studieren und wollte dann ein Praxissemester in der akzeptierenden Drogenarbeit machen. In diesem Bereich kann man in Bayern kaum arbeiten, weil die Gesetzeslage einfach anders ist. Deswegen bin ich vor eineinhalb Jahren dafür nach Berlin gegangen. Dort bin ich an eine andere Hochschule gewechselt, habe weiter Soziale Arbeit studiert und sechs Monate lang in einem Konsumraum in Kreuzberg mein Praktikum gemacht. Das Interessante ist, dass das Kottbusser Tor zwar diesen Ruf hat, aber bayerische Städte haben auch ein großes, großes Problem mit Drogentoten. In Berlin ist es natürlich krasser, weil es die Hauptstadt ist und einfach sehr viele Menschen hier sind. Das ist zum Beispiel etwas, was dieses Projekt von Konsumräumen und die akzeptierende Drogenarbeit gerne verhindern wollen. In Bayern ist es wegen der konservativen Einstellung der Regierung nicht möglich, solche Konsumräume zu eröffnen und allgemein akzeptierende Sucharbeit zu leisten.

Mir persönlich war es wichtig, diese Arbeit auszuprobieren, weil ich finde, dass sie der einzig sinnvolle Weg ist, mit einem Problem umzugehen – indem man die Menschen nicht verjagt, sondern ihre Probleme ernst nimmt und sie wie Menschen behandelt.

Danach habe ich noch bei einem anderen Projekt im Partybereich gearbeitet. Ich habe aber gemerkt, dass in der Clubarbeit nicht unbedingt viel zu tun war, weil die Menschen dort nicht hilfebedürftig waren.

Was waren für dich dabei die größten Herausforderungen?

Ein schlimmer Moment ist, wenn mir die Hände gebunden werden, durch Bürokratie, durch Hürden, durch zu wenig soziale Stellen und durch zu wenig niedrigschwellige Stellen. Dadurch, dass die Hürden für Menschen, die Hilfe suchen, einfach so hoch sind, sind die Hürden für Sozialarbeiter:innen ebenso hoch, wenn es darum geht, Hilfe zu vermitteln.

Es gab da einen Fall während meines Praktikums, mit einem Menschen, der große psychische Probleme hatte, der hatte Suizid- und Amokgedanken und eine Suchtkrankheit. Er kam in die Kontaktstelle und hat nach Hilfe gefragt. Im Endeffekt habe ich dieses Gespräch auch nur mit ihm gemacht, weil sonst niemand da war. Ich war ja nur die Praktikantin dort. Es war dann so, dass er eigentlich dringend Hilfe und einfach jemanden zum Reden gebraucht hat. Die Standardprozedur wäre gewesen, dass ich bei Äußerungen von Amok- und Suizidgedanken Rettungskräfte einschalte, also den Notarzt rufe oder möglicherweise sogar die Polizei. Das wäre aber für die Person, die dort zur Kontaktstelle gekommen ist, um Hilfe zu suchen und nicht um eingeschränkt zu werden, eine ganz, ganz schlimme Sache gewesen. Sie kam ja mit der Motivation, sich Hilfe zu suchen. Da bin ich dann an meine Grenzen gestoßen. Einerseits, weil dieses Gespräch psychisch extrem belastend war, aber auch wegen dieser Hilflosigkeit, dann sagen zu müssen: „Ich kann dir gerade nicht sagen, wo genau du hin kannst. Klar, kann ich dir Telefonnummern von Hilfetelefonen geben oder dich auf die offene Sprechstunde des Sozialpsychiatrischen Dienstes verweisen, aber ich kann dir nicht sagen, ob du wenn du hingehst oder dort anrufst, wirklich die Hilfe bekommst, die du brauchst. Also eine Psychotherapie oder einen Therapieplatz. Und ob das überhaupt das Richtige für dich wäre.”

Da habe ich gemerkt, wie kompliziert es eigentlich ist, jemandem in einer akuten Notsituation psychische Hilfe zu gewährleisten oder zu ermöglichen. Besonders wenn die Person eine Suchterkrankung hat, weil eine Psychotherapie auch nur unter der Voraussetzung gemacht wird, dass keine Suchtproblematik vorliegt. Eine Psychotherapie wird dann erst durchgeführt, wenn die Person einen Entzug gemacht hat oder zumindest eine Entgiftung. Und selbst wenn, ist es extrem schwierig einen Platz zu bekommen und braucht eine sehr lange Zeit. Man kennt die Person nicht, die man vor sich hat. Man weiß nicht, ob sie es schafft, sechs Monate auf einen Platz zu warten oder ob dieses Gespräch und diese Hilflosigkeit, die dann daraus hervorgeht, meine eigene, aber auch die der betroffenen Person, möglicherweise dazu führt, dass die Situation noch verschlimmert wird.

Was denkst du, was passiert wäre, wenn du die Rettungsdienste geholt hättest?

Das ist eine gute Frage, das weiß ich gar nicht genau. Es kann gut sein, dass es der Person geholfen hätte und genau das Richtige gewesen wäre. Aber es hätte die Situation auch viel schlimmer machen können, wenn die Person nicht mit den Rettungskräften mitfahren will und durch diese Hilflosigkeit bzw. dieses Enttäuschungsgefühl noch suizidaler wird oder möglicherweise Suizid begeht. Dadurch, dass sie Amokgedanken geäußert hat, hätte sie möglicherweise auch in einem schlimmen Moment andere Menschen verletzen können. Das abzuwägen war für mich extrem schwierig, weil die Person selbst nicht genau sagen konnte, was ihr hilft und was sie braucht. Sie wollte einfach nur Hilfe haben. Als ich das danach erzählt habe, habe ich von meinem Kollegium die Bestätigung bekommen, dass ich richtig gehandelt habe. Ich selbst habe mir dann viele Gedanken darüber gemacht, ob das wirklich richtig war und ob ich damit wirklich bewirkt habe, dass die Person sich und anderen Menschen nichts antut. Durch die niedrigschwellige Arbeit kann ich das im Endeffekt nicht wissen. Die Person hat mir nach dem Gespräch versichert, dass sie sich beim sozialpsychiatrischen Dienst und nochmal in der Kontaktstelle melden wird. Dazu ist sie nicht verpflichtet. Es hätte mir natürlich die Angst genommen, dass sie sich was antut, aber ich habe die Person nie wieder gesehen und weiß nicht, was passiert ist.

Ganz am Anfang meines Praktikums und im weiteren Verlauf wurde mir gesagt, dass bei akuter Suizidgefährdung der Krankenwagen eingeschaltet werden muss. Ob das tatsächlich so dann immer das Standardverfahren ist, weiß ich auch nicht genau.

Es ist problematisch, dass auch gute Sozialarbeiter:innen nicht immer einen Weg finden, in so einer Situation die perfekte Hilfe leisten zu können. Das ist natürlich etwas, was auch psychisch belastend ist.

Ich glaube nicht nur für mich, sondern bestimmt auch für andere Menschen. Man hat eine Ausbildung dafür gemacht oder macht gerade eine und weiß, dass ein Gespräch der Person bestimmt schon irgendwie helfen kann, aber man kann nicht sehen, ob die Person ihr Problem wirklich lösen konnte. Das kann man nur in einem ganz eingeschränkten Rahmen beeinflussen. Damit klarzukommen, dass man sein Bestes tun kann und die Person trotz alledem keine Hilfe bekommt, das ist schon sehr belastend. Das hatte ich nicht erwartet, dass das in meinem Berufsleben eine Erfahrung wird, mit der ich umgehen muss bzw. lernen muss umzugehen.

Hast du auch schöne Situationen erlebt?

Es ist natürlich schön, wenn Menschen regelmäßiger in der Kontaktstelle vorbeikommen und man einen Prozess oder kleine Erfolgserlebnisse beobachten kann. Wenn man zum Beispiel sieht, dass eine Person gerade einen Job oder eine Wohnung gefunden hat oder sich möglicherweise aus einer Partnerschaft getrennt hat, in der es nicht gut lief. Selbst kleine Dinge, zum Beispiel wenn Leute sagen: „Hey, ich habe einen Zehner auf der Straße gefunden. Das hat mich total gefreut.” Das sind immer so schöne Momente.

Als ich mal an der Ausgabe der Konsumutensilien gearbeitet habe, kam eine Frau, die optisch eigentlich nicht in das Bild unserer Klientel gepasst hat. Es war eine ältere Frau mit Brille, die gefragt hat, ob ich ihr ein Paket mit Nadeln und Konsumutensilien für Heroin zusammenstellen kann. Ich habe mich ein bisschen mit ihr unterhalten und sie hat erzählt, dass sie die Mutter eines Klienten von uns ist und für ihn die Konsumutensilien für zu Hause mitbringt. Sie selbst hat eigentlich nichts mit Drogen oder der Szene zu tun, aber ihr Sohn ist eben heroinabhängig und sie kümmert sich um ihn. Sie kümmert sich nicht nur um ihn, sondern sie akzeptiert, dass er suchtkrank ist und weiß, dass er dieses Besteck braucht, um gesund zu bleiben und dass er auch seine Droge braucht, um gesund zu bleiben. Das fand ich total schön, weil es ganz oft so ist, dass mit einer Suchterkrankung der Kontakt zu der Familie sehr schwer wird. Oft aufgrund von Schamgefühlen, durch fehlende Akzeptanz oder wegen persönlicher Probleme in der Familie. Auch wenn sie nicht zu dieser Szene gehört hat, hat die Mutter sich trotz alledem informiert, die Bedürfnisse ihres Sohnes akzeptiert und sich um ihn gekümmert. Ich fand, das war etwas super Seltenes. Viele Klienten und Klientinnen haben eher darüber gesprochen, was für ein schlechtes Verhältnis sie zu ihrer Familie haben. Diese Mutter war da ein schönes Gegenbeispiel, dass es eben auch anders laufen kann. Es war auf jeden Fall super schön, mit einer Angehörigen zu sprechen, die diese Sucht als Krankheit sieht und die ihren Sohn unterstützen will.

Was sind die Voraussetzungen, um den Konsumraum nutzen zu können?

Als Voraussetzung, um bei uns zu konsumieren, müssen die Menschen einen Vertrag unterschreiben. Das ist nicht in allen unseren Räumen so, aber manche Bundesländer haben diese Regelung. Die Menschen müssen da nicht mal ihren Klarnamen angeben, sie können sich einen Namen aussuchen. Da werden dann Grunddaten festgehalten, beispielsweise wann die Person den Vertrag abgeschlossen hat, sowie einige gesundheitliche Eckdaten, zum Beispiel ob eine Hepatitis-Erkrankung vorlag und wann getestet wurde oder wann und was konsumiert wird. Wenn die Person den Vertrag unterzeichnet hat, darf sie in den Räumen Crack rauchen und Speed oder Koks ziehen. In den Spritzräumen darf man dann eben Heroin oder auch Koks nehmen, genauso wie Substitute. Es darf nicht jede Droge konsumiert werden, nur da, wo es tatsächlich Sinn macht, gerade bei intravenösen Geschichten. Es ist auf harte Drogen limitiert und die Person muss über 18 Jahre alt sein, unter 18 muss eine Einwilligung der Eltern erfolgen.

Wie kann die Gesellschaft gerechter werden, so dass jeder Mensch selbstbestimmt leben kann und bekommt, was dazu benötigt wird?

Es ist nötig, dass Menschen und ihre Bedürfnisse mehr akzeptiert werden, egal wie sie sind oder in welcher Situation sie gerade stecken. Es muss akzeptiert werden, dass sie ein wertvoller Teil der Gesellschaft sind. Im Endeffekt sollte jeder Mensch mehr Akzeptanz erfahren. Das fängt schon damit an, dass man obdachlose Menschen respektvoller behandelt. Es sind auch so kleine Sachen, wie dass man Menschen, die nach Geld fragen, nicht unfreundlich gegenübertritt und sie überhaupt als Menschen wahrnimmt. Wie gerne wir Menschen helfen, hängt stark damit zusammen, wie sie uns begegnen oder wie wir sie sehen. Wenn zum Beispiel jemand auf der Straße an einem Café vorbeigeht und gepflegt aussieht, saubere Klamotten anhat und dann kurz nach dem Weg fragt oder fragt, ob man mal einen Euro hat, dann hilft man dieser Person lieber, als wenn jemand kommt und nach Geld fragt, aber nicht diesem „gutbürgerlichen“ Bild entspricht. Ich finde es total wichtig zu sehen, dass diese Person auch Bedürfnisse hat und ein Mensch ist, dem man respektvoll gegenübertreten muss.

Viele Probleme würden sich besser lösen lassen, wenn man erkennen würde, dass Menschen Bedürfnisse haben und es einen riesigen Mut braucht, um zum Beispiel auf der Straße zu leben, nach Geld zu fragen und sich der Blöße hinzugeben, verurteilt zu werden. Ich glaube, es könnte schon viel ändern, wenn wir einfach mehr Respekt für das Gegenüber aufbringen würden.

Was denkst du über die Rolle, die die eigene politische Einstellung im Arbeitsleben einnehmen kann?

Ich finde das sehr gefährlich, weil gerade Menschen, die in einem sozialen Beruf arbeiten, dazu angehalten werden, die Stimme für Klienten und Klientinnen zu sein und auf ihrer Seite zu stehen. Das heißt auch, dass zum Beispiel soziale Ämter oder Jugendämter auf der Seite ihrer Klientel stehen müssen.

Wenn du als Sozialarbeiter:in nicht diese Einstellung hast und nicht die Akzeptanz für die Lebensrealität deiner Klientel hast, dann kannst du ihnen unmöglich helfen und du kannst dich auch außerhalb nicht für sie einsetzen. Genauso gefährlich ist es, wenn Sozialarbeiter:innen die Macht, die sie haben, nicht nutzen und schweigen, wenn sie nicht hätten schweigen sollen. Durch das Schweigen und durch fehlende Anteilnahme spielen sie im Endeffekt Menschen in die Hände, die eh schon die Macht haben.

Sozialarbeiter:innen sollten nicht nur da sein, um Hilfsbedürftigen zu helfen, sondern besonders auch um ein Sprachrohr für sie zu sein und ihre Bedürfnisse zu erkennen sowie diese an höherer Stelle anzubringen, auch wenn diese nicht gehört werden oder eine Person sie nicht selbst formulieren kann.

Ich bin mit der Vorstellung in die Soziale Arbeit gegangen, dass Menschen geholfen werden kann, weil wir in einem Sozialstaat leben, der aus meiner Sicht ganz gut arbeitet. Allerdings habe ich mit der Berufserfahrung festgestellt, dass dieses System große Fehler hat, die möglicherweise durch weniger Bürokratie einfacher zu bewerkstelligen wären. Diese Fehler bewirken, dass Soziale Arbeit nicht so effektiv durchgeführt werden kann, wie es eventuell möglich wäre.

Was würdest du den Menschen raten, die als Sozialarbeiter:in tätig werden wollen?

Ich glaube, wenn man nach einer sinnbringenden, spannenden Arbeit und nach Vielfalt sucht, dann ist Soziale Arbeit wirklich ein Beruf, der das geben kann. Den Menschen, die soziale Berufe anfangen wollen, würde ich sagen, dass das eine super Einstellung ist.

Es ist total gut, Menschen helfen zu wollen, aber man kann ihnen nur helfen, wenn man sie akzeptiert, als was sie sind. Das heißt auch, dass man Situationen akzeptieren muss, die einem selbst überhaupt nicht passen und dass man seine eigenen Vorurteile hinterfragt sowie in gewissen Situationen erkennt, dass man diese Vorurteile ausschalten muss, um wirklich die Bedürfnisse eines Menschen erkennen zu können und ihm wertschätzend gegenübertreten zu können. Das ist sehr wichtig.

Ich hatte am Anfang meines Studiums nicht erwartet, dass es so viel Akzeptanz für verschiedene Lebensrealitäten braucht. Es war ein notwendiger Schritt, zu realisieren, wie viele verschiedene Lebensrealitäten es überhaupt gibt, es war nicht unbedingt einfach. Ich freue mich immer, wenn ich Menschen begegne, die eine ähnliche Einstellung haben und denen die gleichen Sachen wichtig sind. Es gibt allerdings auch Menschen, mit deren Meinung ich nicht einverstanden bin und deren Lebensrealität ich nicht unbedingt gut finde. Man muss einfach sehen, dass es trotz alledem wichtig ist, über seine eigenen Vorurteile und moralischen Grenzen hinauszuwachsen. Das habe ich auf jeden Fall lernen müssen. Ebenso zu realisieren, dass es nicht einfach ist, Menschen zu helfen. Einerseits natürlich durch Strukturen, die in unserem Staat gegeben sind, aber auch dadurch, dass du so einem Menschen nur helfen kannst, wenn er will, dass du ihm hilfst. Selbst dann ist es nicht einfach, ein Erfolgserlebnis zu verspüren. Man fühlt sich in manchen Momenten als wäre die Arbeit ein Tropfen auf dem heißen Stein und muss sich immer wieder bewusst werden, dass die Arbeit, die man leistet, wichtig und wertvoll ist. Sachen können auch schiefgehen, aber deswegen muss man nicht sein Berufsfeld hinterfragen.

Wenn man sich dazu entscheidet, in sozialen Berufen zu arbeiten, wird man auch damit konfrontiert, dass Wertschätzung in der Gesellschaft, zum Beispiel in finanzieller Form, nicht unbedingt einfach gegeben ist. Ich finde deswegen ist es ganz wichtig für Menschen, die soziale Berufe ergreifen, ihre Stimme zu finden und sich dafür einzusetzen, dass sie gerecht bezahlt werden und dass sie wertgeschätzt werden. Auch auf den medizinischen Bereich bezogen, müssen die Menschen sich dafür einsetzen, ernst genommen zu werden. Ansonsten ist man schnell ausgebrannt, ohne etwas davon gehabt zu haben.

Was würdest du studieren, wenn du nicht Soziale Arbeit angefangen hättest?

Ich glaube, ich würde etwas Kreatives machen, aber eher aus Spaß. Kreative Berufe sind super schön, aber es gibt auch viele Handwerksberufe, die ich spannend und schön finde. Ich hätte entweder sowas gemacht oder Politikwissenschaften studiert.

Das kommt vermutlich daher, dass ich in meinem Beruf gerne etwas sinnbringendes machen will und Teil von Veränderung sein möchte. Soziale Arbeit ist auf jeden Fall der richtige Weg dafür, wenn man diesen Wunsch hat. Da stehen einem die Möglichkeiten offen, sich einzusetzen.

Ist Soziale Arbeit auch ein kreativer Beruf?

Man muss schon kreativ sein. Es gibt viele Situationen, auf die man sich kein bisschen vorbereiten kann. Eigentlich fast alle Situationen. Ich glaube, wenn man mit Menschen arbeitet, ist es unmöglich, sich darauf vorzubereiten, was eine Person gerade sagt, was sie braucht oder was sie denkt. Es ist ganz schwierig, da richtig vorzugehen. Dafür muss man kreativ und lösungsorientiert sein. Wie die Lösung am Ende aussieht, kann man vorher eigentlich nicht genau sagen.


Interview & Porträt: Momen Mostafa

Textbearbeitung: Maria Fridman

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