Fremdeln in der Vielfalt

13.04.2012 | Soziale Arbeit | Nachrichten

WZB-Studie: Vertrauen in ethnisch heterogenen Regionen ist geringer

Menschen in ethnisch vielfältigen Regionen haben weniger Vertrauen in ihre Mitmenschen als die Bewohner ethnisch homogener Städte und Gemeinden. Die Folge: Die Bereitschaft, für gemeinsame Ziele einzutreten, ist geringer. Das ist eines der Ergebnisse des Forschungsprojekts „Ethnische Diversität, soziales Vertrauen und Zivilengagement“ am WZB, in dem die Auswirkungen ethnischer Vielfalt in Deutschland erforscht werden. Die Forscher fanden heraus, dass schon der bloße Hinweis auf ethnische Vielfalt in der Nachbarschaft das Vertrauen schwächen kann. Das gilt vor allem für Menschen, die wenig Erfahrung mit ethnischer Heterogenität haben. Zu den Ursachen des Misstrauens zählen Sprachbarrieren, fehlende Kontakte und unterschiedliche Vorstellungen über das Zusammenleben. Ethnische Vielfalt und eine ungünstige soziale Lage wirken dabei oft zusammen: Auch die schlechte wirtschaftliche Situation in einer Region lässt das Vertrauen der Menschen zueinander schwinden. Weniger Vertrauen heißt aber nicht, dass sich Menschen generell in die Passivität zurückziehen, wie die Forscher betonen. Vertrauensdefizite können Menschen auch mobilisieren, sich zu engagieren, um ihre Umgebung zu verändern. Das betrifft vor allem die ehrenamtliche Mitarbeit in Vereinen und die Beteiligung an Protestaktionen. Das Forschungsprojekt der WZB-Abteilung Migration, Integration, Transnationalisierung, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wurde, umfasst neben Telefoninterviews mit über 10.000 Befragten auch experimentelle Feldversuche und qualitative Fallstudien an Grundschulen. Die Projektergebnisse werden im aktuellen Heft der Vierteljahreszeitschrift WZB-Mitteilungen (PDF) dargestellt: Eine Teilstudie befasst sich mit dem Thema Vertrauen und Engagement an 40 Berliner Grundschulen. Ein Ergebnis ist, dass sich Eltern an Schulen mit Kindern verschiedener ethnischer Herkunft zurückhaltend im Schulleben engagieren – das gilt vor allem, wenn die Schüler aus sozial benachteiligten Familien stammen.
Zum Artikel in den WZB-Mitteilungen (PDF) Wie ein Briefexperiment in Berlin zeigt, hat das fehlende Vertrauen direkte Auswirkungen: Solidarisches Verhalten ist in Bezirken, in denen Menschen unterschiedlicher Herkunft leben, geringer ausgeprägt.
Zum Artikel in den WZB-Mitteilungen (PDF)
Zum rbb-Interview In einem Interview erklären die beiden Wissenschaftler Ruud Koopmans und Merlin Schaeffer, dass sich Vertrauensdefizite durch integrationspolitische Maßnahmen kaum verringern lassen.
Zum Interview in den WZB-Mitteilungen (PDF)

Quelle: Pressemitteilung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung gGmbH vom 07.03.2012
www.wzb.eu