Leitplanken für die soziale Arbeit

Prof. Wolfgang Hinte stellt im Martinsclub die 5 Prinzipien der Sozialraumorientierung vor

Am 5. Juli eröffnete Prof. Wolfgang Hinte von der Universität Duisburg-Essen die Vortragsreihe Impuls|Sozialraum zur Reformdebatte in der Behindertenhilfe mit dem Vortrag „Fachkonzept Sozialraumorientierung und Behindertenhilfe“. 5 Prinzipien stellte der Wissenschaftler dabei in den Vordergrund: Man müsse zuerst den Willen der Menschen erkennen – egal, ob dieser dem Sozialarbeiter gefalle oder nicht. Nur der Wille habe genug Kraft, den Menschen selbst zu aktivieren – beispielsweise auf einer Demo für die eigenen Forderungen einzustehen – während ein Wunsch eher den Sozialarbeiter aktiviere – er vertritt den Wunsch des Einzelnen in der Öffentlichkeit und versucht, ihn umzusetzen. Das habe aber weniger Überzeugungskraft. Zweitens geht es im Konzept der Sozialraumorientierung um Aktivierung statt Betreuung und Versorgung. Es müsse die Frage gestellt werden, was kann der Mensch selbst für sich tun? Und nicht: was kann ich für den Menschen tun? Es sei ohnehin sehr wichtig, betonte Hinte, den Blickwinkel weg von den Defiziten hin zu den Ressourcen zu lenken. Das bestehende System fördere die Defizit-Orientierung und beiße sich dadurch selbst in den Schwanz – wie beim sogenannten Giftschlangen-Paradox: In einem Land gibt es eine Giftschlangenplage. Um dieser Plage Herr zu werden, bietet die Regierung für jede tote Giftschlange 100 Euro an. Was passiert? Die Menschen züchten Giftschlangen. Eine bessere Lösung sei die budgetorientierte Versorgung, die nicht vom Einzelfall abhängt. Erst als dritter Punkt dürfe der territoriale Aspekt eine Rolle spielen. Erst müssten die Ressourcen der Menschen erkannt sein, dann könne man die räumlichen Voraussetzungen prüfen. Als vierten Punkt betonte Prof. Hinte, dass die Sozialraumarbeit Zielgruppen übergreifend sei: Es gehe um „normal Behinderte“ und „offiziell Behinderte“ (mit Ausweis), um Jugendliche und Erwachsene, um Migranten und Einheimische etc. gleichermaßen. Letztendlich sei natürlich auch die Vernetzung und Abstimmung der Einzelhilfen Grundlage für ein funktionierendes System Sozialraumorientierung. Abschließend betonte Hinte noch, dass das Konzept Sozialraumorientierung nicht gleich zu setzen sei mit Quartiersmanagement. Das Konzept bilde vielmehr den Überbau für die Arbeitsfelder Kinder- und Jugendhilfe, Alten-, Kranken- und Behindertenhilfe sowie Quartier-, Stadtteil- und Kulturarbeit.  Weitere Vorträge in der Reihe Impuls|Sozialraum finden am 9.9. „Vom Wünschen zum Wollen“, am 30.9. „Zukunft sozialer Sicherung“, am 14.10. „Kwartiermaken“, am 25.11. „Zur Methodik der Sozialraumanalyse“ und am 9.12. “Rollenwechsel“ statt. Anmeldung und weitere Infos unter www.martinsclub.de, Bildung oder 0421-53 747 69.

Quelle: Pressemitteilung des m|c Martinsclub vom 06.07.2011
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