„Lasst uns endlich mehr Zeit zum Pflegen“

Hessische Landesmitgliederversammlung des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) fordert Bürokratieabbau und mehr effektive Pflegezeit statt zusätzlicher Anforderungen durch Regelungswut im Landesheimgesetz

Hessen ist eines der letzten Bundesländer, in dem das bislang bundesweit einheitliche Heimgesetz durch eine entsprechende Landesgesetzgebung abgelöst werden soll. Das so genannte Hessische Gesetz für Betreuungs- und Pflegeleistungen (HBPG) wurde von den Regierungsfraktionen nach eigenen Angaben mit dem Ziel eingebracht, Verbraucherschutz und Bürokratieabbau miteinander zu verbinden. Im Gesetz selber ist davon allerdings wenig übrig geblieben. Das Gegenteil ist der Fall, wenn die Heimaufsicht zukünftig bei ambulanten Pflegediensten, die von den Kunden mit genau abgestimmten Pflege- und Hauswirtschaftsleistungen beauftragt werden, künftig  die Patientenverträge, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die Anzahl, Eignung und Zuverlässigkeit der Leitung und der Beschäftigen, die Pflegekonzeption und vieles mehr prüfen sollen. Die Heimaufsicht soll damit nun auch noch Bereiche prüfen, die bereits von den Kranken- und Pflegekassen, vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen, vom Gesundheitsamt, vom Hauptzollamt und weiteren Prüfbehörden überwacht werden. „Das Ergebnis solcher Mehrfachprüfungen wäre dann eben nicht eine bessere Pflegequalität, sondern weniger Zeit zum Pflegen und unendlich mehr Bürokratie. Das kann auch nicht im Sinne des Verbraucherschutzes sein“, stellt der wiedergewählte bpa-Landesvorsitzende Jochen Rindfleisch-Jantzon im Rahmen der Landesmitgliederversammlung in Bad Nauheim fest. Aber auch die stationären Pflege- und Behinderteneinrichtungen werden mit zusätzlichen bürokratischen Anforderungen des geplanten Heimgesetzes konfrontiert, die die zur Verfügung stehende Pflegezeit weiter schmälern würden. So sollen sie zusätzlich zu den so genannten Pflegenoten, nach denen bundesweit nach einheitlichen Kriterien alle Pflegeeinrichtungen bewertet und veröffentlicht werden, nun eine zweite Veröffentlichungswelle der Berichte der Heimaufsicht über sich ergehen lassen. „Das frisst uns allen wertvolle Zeit, in der unsere Pflegekräfte für die Aufsicht dokumentieren und eben nicht pflegen können“, sorgt sich Rindfleisch-Jantzon. Und zur vermeintlichen Stärkung des Verbraucherschutzes: „Wer weiß, wie unterschiedlich der Medizinische Dienst und die Heimaufsicht manchmal den gleichen Sachverhalt in der Prüfpraxis bewerten, kann sich die Verunsicherung beim Verbraucher vorstellen, wenn er zukünftig zwei Berichte mit ggf. gegensätzlichen Aussagen verstehen und einordnen soll. Wir wären gut beraten, beim bisherigen Heimgesetz zu bleiben.“ Entsprechend einig sind sich die ca. 150 anwesenden Mitglieder in ihrer Forderung an die hessische Landespolitik, den Gesetzentwurf zum HBPG nochmals zu überprüfen. Gradmesser müsse dabei sein, inwieweit dieser dem selbst gesteckten Ziel des Bürokratieabbaus sowie dem überragenden Wunsch sowohl der Pflegekräfte als auch der pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen und ihrer Angehörigen nach mehr Zeit gerecht wird. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa) bildet mit mehr als 7.000 aktiven Mitgliedseinrichtungen, davon über 800 in Hessen, die größte Interessenvertretung privater Anbieter sozialer Dienstleistungen in Deutschland. Einrichtungen der ambulanten und (teil-) stationären Pflege, der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendhilfe in privater Trägerschaft sind im bpa organisiert. Die Mitglieder des bpa tragen die Verantwortung für rund 215.000 Arbeitsplätze und ca. 16.500 Ausbildungsplätze. Das investierte Kapital liegt bei etwa 17 Milliarden Euro.

Quelle: Pressemitteilung des bpa Hessen vom 02.11.2011