Kooperationsvereinbarung zur Umsetzung der "Initiative Inklusion" in Baden-Württemberg

Die Kooperationsvereinbarung zur landesweiten Umsetzung des ersten Teils des Bundesprogramms „Initiative Inklusion“ haben Arbeits- und Sozialministerin Katrin Altpeter, Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer, die Leiterin der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit, Eva Strobel, und der Verbandsdirektor des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg Senator e.h. Prof. Roland Klinger unterzeichnet. „Menschen mit Behinderungen gehören in die Mitte unserer Gesellschaft und deshalb auch im Arbeitsleben selbstverständlich dazu. Unser Ziel ist es, die Chancen schwerbehinderter Schülerinnen und Schüler auf eine Berufsausbildung beziehungsweise eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in gemeinsamer Verantwortung und enger Zusammenarbeit weiter zu stärken“, sagte Ministerin Katrin Altpeter anlässlich der Unterzeichnung. „Für einen gelungen Berufseinstieg von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind die frühzeitige berufliche Orientierung und eine intensive Berufsvorbereitung entscheidend“, erklärte Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer. Der nachhaltige Erfolg der im Land laufenden Modellprojekte zum Übergang von der Schule ins Berufsleben habe dies unter Beweis gestellt. Zu der wichtigen Vorbereitung auf die Zeit nach der Schule zähle auch die umfassende kompetenzorientierte und individuelle Berufswegeplanung. „Wir beabsichtigen deshalb, schrittweise allen Gruppen von schwerbehinderten Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf behinderungsspezifisch angepasste Berufsorientierungs- und vorbereitungsmaßnahmen anzubieten“, sagte Warminski-Leitheußer. Aufbauend auf die in Baden-Württemberg im Rahmen der „Aktion 1000“ etablierten Strukturen mit Berufswege- und Netzwerkkonferenzen werden zunächst weitere Schulen für geistig und lernbehinderte Menschen in die Maßnahmen der vertieften Berufsorientierung und Vorbereitung einbezogen und behinderungsspezifisch angepasste Formen der Berufswegeplanung an je drei weiteren Sonderschulen für seh-, hör-/sprach- sowie körperbehinderte Menschen entwickelt und erprobt. Darüber hinaus werden zur Unterstützung junger Menschen mit Epilepsie und junger Menschen mit autistischem Syndrom weitere Projektstandorte aufgebaut.  Verbandsdirektor Roland Klinger vom Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg lobte die Vereinbarung als weiteren Schritt auf dem Weg zu einem inklusiven Arbeitsmarkt. „Durch die flächendeckende Einführung verzahnter Unterstützungsstrukturen für den Übergang von der Schule in den Beruf ermöglichen wir inklusive Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf, die ihr Recht auf Teilhabe bislang oftmals nur in speziellen Einrichtungen einlösen konnten. Dazu sind neben den Vereinbarungspartnern auf Landesebene insbesondere auch die Stadt- und Landkreise in ihrer Eigenschaft als Träger der Eingliederungshilfe für wesentlich behinderte Menschen von zentraler Bedeutung.“ „Mit dem Weg ins Berufsleben beginnt ein neuer Lebensabschnitt, der bei jungen Menschen, ob ohne oder mit Behinderung, auch mit Zweifeln und Unsicherheiten verbunden ist. Wir helfen ihnen bei der Suche nach einer Berufsausbildung oder Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt, die ihren persönlichen Eignungen und Neigungen entspricht. Und wir unterstützen die Betriebe, die Ihnen diese Chance bieten“, sagte Eva Strobel, Leiterin der Regionaldirektion Baden-Württemberg. Die „Initiative Inklusion“ ist Teil des Nationalen Aktionsplanes der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und soll die beruflichen Teilhabemöglichkeiten schwerbehinderter Menschen verbessern. Für die Umsetzung werden in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren insgesamt über 12 Millionen Euro aus dem Ausgleichsfonds zur Verfügung gestellt.

Kooperationsvereinbarung „Initiative Inklusion“

Mit der Kooperationsvereinbarung soll erreicht werden, dass deutlich mehr behinderte Schülerinnen und Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf gezielt auf eine Ausbildung und/oder Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereitet werden können. Die Agenturen für Arbeit unterstützen den Abschluss neuer Ausbildungsverhältnisse im Rahmen der Ausbildungsvermittlung und mit den Förderleistungen an Auszubildende und an Ausbildungsbetriebe. Aus dem Bundesprogramm können Ausbildungsbetriebe bis zu 10.000 Euro zusätzlich erhalten, wenn sie einem jungen schwerbehinderten Menschen einen Ausbildungsplatz bieten. Voraussetzung für einen gelingenden Übergang von der Schule in den Beruf ist die Entwicklung spezifischer Konzepte, die den behinderungsbedingten Unterstützungsbedarfen der Jugendlichen bei der beruflichen Orientierung und Vorbereitung in besonderer Weise Rechnung tragen. Hierbei kann in Baden-Württemberg auf die im Rahmen der „Aktion 1000“ etablierten Strukturen und die dort gesammelten Erfahrungen aufgebaut werden. Durch die Aktion konnten vom 2005 bis Ende 2010 mehr als 1600 Arbeitsverhältnisse für überwiegend geistig behinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht werden. Zum 31.12.2010 waren noch 84,4 % aller seit dem 1. Januar 2005 in Arbeit vermittelten wesentlich behinderten Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Ausschlaggebend für den besonderen Erfolg der „Aktion 1000“ war die Entwicklung eines systematischen Prozesses für die Gestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf. Neben einer individuellen Berufswegeplanung in Berufswegekonferenzen, auf Basis einer Kompetenzanalyse, umfasst dieser auch die Etablierung von Netzwerkkonferenzen, in welchen die Beteiligten frühzeitig und verbindlich zusammenwirken sowie die kontinuierliche Unterstützung der Jugendlichen durch die Integrationsfachdienste bis zur Begründung/Sicherung eines Beschäftigungsverhältnisses. Berufswegekonferenzen (BWK) dienen der Unterstützung des Einzelfalles und werden von den Schulen für Geistigbehinderte inzwischen als Regelbestandteil der individuellen Berufswegeplanung für die Schülerinnen und Schüler in Kooperation mit den IFD und anderen Beteiligten durchgeführt. Die individuelle Berufswegeplanung beginnt bereits drei Jahre vor der voraussichtlichen Schulentlassung mit der Klärung der beruflichen Wünsche und Neigungen sowie verbindlichen Absprachen und Beschlüssen aller Beteiligten zu den ersten Schritten der schulischen und beruflichen Vorbereitung. Die BWK begleitet den Prozess der schulischen Vorbereitung, beruflichen Orientierung und Erprobung und leitet zum Abschluss der schulischen Phase den Übergang in die berufliche Phase ein. Die schulische Phase endet mit der Schulentlassung. Die Berufswegeplanung wird auch während der beruflichen Phase fortgeschrieben. Beteiligte der Berufswegekonferenzen sind: der/die Schüler/in und dessen/deren Vertretungsberechtigte, die Schulen, der IFD, die Berufsberatung der Agentur für Arbeit, das Fallmanagement des Sozialhilfeträgers (in Baden-Württemberg: die Stadt- und Landkreise), die Werkstatt für behinderte Menschen und erforderlichenfalls sonstige Bildungsträger, soweit diese zur beruflichen Perspektive des Einzelnen beitragen können.
Netzwerkkonferenzen bilden den Rahmen, in dem alle lokalen Institutionen und Akteure des Arbeitsmarktes vertreten sind, die zur Integration der Zielgruppe vor Ort beitragen können. Ziel ist es, in gemeinsamer Verantwortung verbindliche Verfahrens- und Kooperationsabsprachen zu treffen, einzuführen und deren Wirksamkeit zu überwachen. Die Netzwerkkonferenzen finden in Abstimmung mit allen Leistungsträgern (Arbeitsagentur, staatliches Schulamt, Stadt- oder Landkreis als Träger der Eingliederungshilfe sowie dem Integrationsamt beim KVJS) in der Regel einmal im Jahr in jedem Stadt- und Landkreis statt. In der Netzwerkkonferenz wird unter anderem die Einführung der Berufswegekonferenz verabredet und begleitet. Mit der Kompetenzanalyse werden einerseits teilhabebezogene Fähigkeiten, Kenntnisse, Erfahrungen und Potentiale abgebildet und anderseits auch ein umfassender schulischer und beruflicher Entwicklungsrahmen hierzu angeregt und abgebildet. Die Förderung persönlicher Fähigkeiten und Kompetenzen geht dabei weit über die Kulturtechniken hinaus und entspricht einer konsequenten Abkehr jeglicher Defizitorientierung. Die individuelle Kompetenzanalyse bildet den gesamten schulischen und beruflichen Vorbereitungs- und Entwicklungsprozess ab und dient nicht nur dem Schüler und seinen Angehörigen als wichtige Orientierungshilfe, sie bildet im Prozess der Berufswegeplanung - insbesondere in der Berufswegekonferenz - auch die inhaltliche Basis für förderrechtliche Entscheidungen. Mit dem Teilhabeplan werden sämtliche Förderaspekte inhaltlich beschrieben und die notwendigen Sozialleistungen unterschiedlicher Leistungsträger die für eine berufliche Perspektive am allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich sind bereits vor Beginn eines möglichen Beschäftigungsverhältnis verbindlich geklärt. Der Teilhabeplan wird in der Regel vom IFD in Abstimmung mit den jeweiligen Leistungsträgern geführt. Die darin getroffenen Festlegungen sollen ein hohes Maß an Rechts- und Verfahrenssicherheit ermöglichen. Sie sind jedoch für den jeweiligen Leistungsträger erst dann bindend, wenn er aufgrund eigener Feststellungen die entsprechenden Leistungen oder bei Komplexleistungen Teilleistungen bewilligt hat.

Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg, des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Baden-Württemberg und des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg vom 09.12.2011
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