Erziehungswissenschaftliche Grenzgänge

Call for Papers für den 23. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vom 12.–14. März 2012 in Osnabrück

In globalisierten, zunehmend auch auf der Produktion, Innovation und Distribution von Wissen basierenden Gesellschaften gewinnen Bildung und Erziehung an öffentlicher Aufmerksamkeit. Damit wachsen die Erwartungen an die professionelle Pädagogik wie auch an die Bildungsbereitschaft des Einzelnen. Die Institutionen des Erziehungs-, Bildungs- und Sozialsystems sind aufgefordert, sich auf unterschiedliche soziale Voraussetzungen, kulturelle Hintergründe und neue biografische Verlaufsmuster auf Seiten der Lernenden einzustellen. Aber auch die individuelle Lebensführung wird immer mehr von Ansprüchen der aktiven Erschließung von Bildungsressourcen und Qualifikationschancen bestimmt. Vor diesem Hintergrund verschieben sich die Grenzen des Pädagogischen in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ergeben sich neue, wenn auch ungleich verteilte Spielräume der Bildung für den Einzelnen und neue Handlungsmöglichkeiten für die Pädagogik. Zum anderen nimmt die Bedeutung kontingenter Bedingungen von Bildungsverläufen und entsprechender Steuerungsversuche zu. So verändern sich mit dem Gegenstandsbereich der Erziehungswissenschaft auch die Voraussetzungen und Erwartungen an die Disziplin.

Erziehungswissenschaftliche Grenzgänge

Unter dem Titel Erziehungswissenschaftliche Grenzgänge sollen diese Entwicklungen auf dem 23. Kongress der DGfE in Osnabrück zum Anlass genommen werden, in den verschiedenen Forschungs- und Theoriefeldern der Erziehungswissenschaft nach den hieraus sich ergebenden neuen Perspektiven und Herausforderungen zu fragen.
  • Strukturell ist eine Entgrenzung von Bildungs- und Erziehungsphänomenen zu beobachten, die sich zum Beispiel im lebenslangen Lernen oder in der Diskussion um neue Bildungsorte zeigt. Zudem lässt sich eine erhebliche Erweiterung des Aufgabenspektrums pädagogischer Institutionen feststellen, so etwa in der Ganztagsschule oder im Bildungsauftrag nichtschulischer Institutionen. > Welche Probleme werfen diese Grenzverschiebungen für die Entwicklung der professionellen pädagogischen Praxis und ihrer institutionellen Einbettung auf? Welche theoretischen und empirischen Zugänge sind zu entwickeln, um die komplexer und unübersichtlicher werdende pädagogische Realität zu erreichen?
  • Forschungspolitisch konzentrieren sich die zentralen Förderlinien der Bildungsforschung auf die Produktion pädagogischen und politischen Steuerungswissens, während der Typus einer Theorie generierenden erziehungswissenschaftlichen Grundlagenforschung oder auch pädagogische Modellversuche und Fallstudien tendenziell in den Hintergrund treten. Welche Spielräume eröffnen sich für die Ausgestaltung der Erziehungswissenschaft, für ihre Themen und Problemdefinitionen und für die Fortentwicklung ihres Methodenspektrums? Welche potenziellen Engführungen bringen die Akzent-verlagerungen mit sich?
  • Bezogen auf die Lehre erfolgt gegenwärtig eine flächendeckende Umstrukturierung pädagogischer Studiengprogramme im Zuge des Bologna-Prozesses – eher am Qualifikationsbedarf des Arbeitsmarktes orientiert als an Fachsystematiken oder akademischen Bildungsidealen. > Schaffen die gegenwärtigen Reformen im Hochschulwesen die strukturellen Voraussetzungen für eine Hochschulbildung, deren Absolventinnen und Absolventen tatsächlich besser qualifiziert sind für die aktuellen Erfordernisse einer wissenschaftlich fundierten beruflichen Tätigkeit? Wie können produktive Entwicklungen gestärkt, problematische Effekte reduziert werden? Welche Balancen zwischen akademischer Wissenschaftskultur und beruflichen Anforderungs-profilen sind möglich? Wie sichert sich die erziehungswissenschaftliche Disziplin in diesen Strukturen ihren wissenschaftlichen Nachwuchs?
  • Im Hinblick auf ihre disziplinäre Gestalt schreitet die innere Ausdifferenzierung der Erziehungswissenschaft weiter voran, während die Grenzziehungen zu den Nachbardisziplinen vor dem Hintergrund interdisziplinärer und transdisziplinärer Orientierungen immer unschärfer werden. > Wie erhält die Erziehungswissenschaft ihren inneren Zusammenhang bei der Vielfalt ihrer Teildisziplinen, Forschungsrichtungen und Themenfelder? Worin liegt ihr spezielles Proprium angesichts der fließenden Grenzen zu anderen Disziplinen? Wie verändern sich die Gegenstandsbestimmungen und Forschungsfragen im Kontext inter- und transdisziplinärer Kooperationen?
  • In der Hervorbringung pädagogischen Wissens reflektiert die Erziehungswissenschaft zunehmend den Konstruktionscharakter der von ihr untersuchten Wirklichkeit und ihr Verhältnis zu anderen Formen pädagogisch relevanten Wissens, beispielsweise zum Alltagswissen und praktisch-professionelles Wissen, literarischen, ästhetischen und publizistisch-medialen Wissen oder zum kulturell erinnerten und religiösen Wissen. > In welcher spezifischen Qualität zeigen sich diese Wissensformen und wie können sie den wissenschaftlichen Diskurs über Bildung und Erziehung ergänzen?
Die Diskussion dieser Themenbereiche erfordert Sensibilität für die unterschiedlichen Sichtweisen, Interessenlagen, Ansprüche, Ziele und Handlungsmöglichkeiten in den Systemen der Wissenschaft und der pädagogischen Praxis wie auch in Politik und Gesellschaft. Der Kongress bietet ein Forum für Erziehungswissenschaftliche Grenzgänge, die sich auf Strukturveränderungen innerhalb der Disziplin ebenso beziehen können wie auch auf Grenzverschiebungen und Entstrukturierungsprozesse in den Handlungsfeldern der pädagogischen Akteure und ihrer Adressaten.

Erste organisatorische Hinweise

Der Osnabrücker Kongress wird in sieben verschiedenen Veranstaltungsformaten die Möglichkeit geben, sich an den Diskussionen zu beteiligen: 1. Eröffnungs- und Parallelvorträge beziehen sich auf das Kongressthema. Wie bisher werden Themen und Vortragende vom Vorstand unter Beteiligung des Lokalen Organisationskomitees (LOK) benannt. Für die folgenden Formate werden Vorschläge aus der Mitgliedschaft der DGfE erbeten. Für jedes Format (außer den Themen-Foren) ist ein Abstract von ca. zwei Seiten einzureichen, in dem das Konzept kurz beschrieben wird und Angaben zu Referentinnen und Referenten sowie Arbeitstitel der Referate aufgeführt sind. Weil die Zahl der Veranstaltungen begrenzt ist, wählt das Programmkomitee unter den eingegangenen Vorschlägen aus. Eine Eingabemaske für die Formate erscheint Anfang März auf der Kongress-Website www.dgfe2012.de. Die Deadline für Einreichungen ist der 15. Mai 2011. Bitte beachten Sie folgende Rahmenbedingungen bei Ihrer Planung: 2. Symposien sind am 12.03.2012 dreieinhalbstündig und am 13.03.2012 dreistündig. Ihre Anzahl ist begrenzt. Die Symposien müssen einen Bezug zu dem Kongressthema haben und sollten max. vier Vorträge beinhalten, von denen ein Vortrag von einer Nachwuchswissenschaftlerin oder einem Nachwuchswissenschaftler gehalten wird. Internationalität und Interdisziplinarität bei der Auswahl der Vortragenden sind erwünscht. 3. Arbeitsgruppen finden parallel zu den Symposien dreieinhalb- und dreistündig (an allen drei Kongresstagen) statt. Ihre Zahl richtet sich nach den verfügbaren Räumen. Sie sind thematisch frei, jedoch ist ein Bezug zu dem Kongressthema erwünscht. Hier gibt es keine Regelungen für die Anzahl der Vorträge und die Auswahl der Referentinnen und Referenten. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, das Programm nicht zu überfrachten und den wissenschaftlichen Nachwuchs zu beteiligen. Es können auch englischsprachige Arbeitsgruppen vorgeschlagen werden. 4. Themen-Foren sind Veranstaltungen in einem neuen Format und finden parallel zu den dreistündigen Arbeitsgruppen am 14.03.2012 statt. Hier besteht erstmals die Möglichkeit, Einzelbeiträge mit einem klaren Bezug zum Kongressthema und einem kurzen Abstract (1/2 bis 1 Seite) einzureichen. Die Auswahl und Gruppierung der Vorträge zu thematisch orientierten Foren erfolgt durch das Programmkomitee. 5. Forschungsforen sind dreistündig (14.03.2012) und in ihrer Gestaltung inhaltlich völlig freigestellt. Sie sollen nationalen wie auch internationalen Forschungsprojekten oder -verbünden sowie Nachwuchs- bzw. Doktorandengruppen eine Möglichkeit des fachlichen Austauschs bieten. Ihre Anzahl richtet sich nach den zur Verfügung stehenden Räumen. Mit einer Benachrichtigung über die Annahme oder Ablehnung der Anträge ist Anfang Juli 2011 zu rechnen. Weitere Veranstaltungsformen: 6. Workshops sind vierstündig und finden im Rahmen des Vorprogramms am Sonntag, dem 11.03.2012, statt. Sie richten sich vor allem an Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler. Das Programm wird von dem LOK in Absprache mit dem DGfE-Vorstand erstellt. 7. Posterpräsentationen werden durch einen gesonderten Call angefragt; über eine Annahme entscheidet eine Posterjury. Beschränkung der Häufigkeit des Auftritts
Es gilt weiterhin die generelle Regelung, dass eine Person in verschiedenen Veranstaltungen nur einmal auftreten darf. Dies gilt für Parallelvorträge, Symposien, Arbeitsgruppen und Themen-Foren, nicht aber für Forschungsforen, Workshops und Posterpräsentationen. Dabei zählen als Auftritte Vorträge und Moderationen (es sei denn, beides fällt in eine Veranstaltung). Die Kommentare sowie im Programm genannte Mitautorenschaften ohne Referat sind von dieser Regelung ausgenommen. Einreichung eines Beitrags.
Die Einreichung eines Beitrags kann über die Kongressverwaltungssoftware Conftool vorgenommen werden. Weitere Informationen zur Veranstaltungen finden Sie unter http://www.dgfe2012.de.

Quelle: http://www.dgfe2012.de