Bericht zum Kinderschutzgesetz Rheinland-Pfalz vorgestellt

Sozialministerin Malu Dreyer unterstreicht die Bedeutung des Kinderschutzgesetzes für die Entwicklung von Kindern

„Das im März 2008 in Kraft getretene Gesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit trägt dazu bei, dass Kinder in Rheinland-Pfalz noch besser aufwachsen können.“ Das unterstrich Familienministerin Malu Dreyer heute in Mainz anlässlich der Vorstellung des Berichtes zum Kinderschutzgesetz Rheinland-Pfalz. Vor allem die Bildung der Netzwerke zum Aufbau früher Hilfen auf lokaler Ebene sei weit fortgeschritten, sagte die Ministerin. Auch sei es gelungen, eine hohe Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen sicherzustellen. Über die unterschiedlichen Früherkennungsuntersuchungen hinweg liegt die Inanspruchnahme bei rund 98 Prozent.

Bildung von Netzwerken

Rheinland-Pfalz hat als eines der wenigen Länder in seinem Gesetz beides miteinander verbunden: die Zusammenarbeit der Akteure auf örtlicher Ebene, vor allem der Jugendhilfe und des Gesundheitswesens, und die Steigerung der Inanspruchnahme an den Früherkennungsuntersuchungen, die für Kinder in den ersten Lebensjahren angeboten werden. „Unser Gesetz zielt darauf ab, allen Kindern in Rheinland-Pfalz ein gutes und gesundes Aufwachsen zu ermöglichen. Dazu ist es vor allem nötig, Eltern zu unterstützen“, so Malu Dreyer. Überforderung der Eltern sei in den allermeisten Fällen der Grund für Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern. „Die Unterstützung der Eltern ist also der wirksamste Schutz für das Kind“, ist die Ministerin überzeugt. Eine wesentliche Voraussetzung sei, dass Überforderung bereits früh erkannt und aufgefangen werde. Die frühen Hilfen über einen längeren Zeitraum von der Schwangerschaft über die Geburt bis zu den ersten Lebensjahren und den Übergang in die Kindertagesstätte seien daher ein Kern des Kinderschutzgesetzes. Neben der Kinder- und Jugendhilfe sei die Gesundheitshilfe mit den niedergelassenen Kinderärztinnen und –ärzten, den Geburts- und Kinderkliniken, den Frauenärztinnen und –ärzten und den Hebammen ein zentraler Bestandteil des Systems früher Hilfen. Im Zuge des Gesetzes hätten alle Landkreise und Städte lokale Netzwerke und Strukturen der Kooperation aufgebaut. Das Land stellt den Kommunen nach Angaben der Ministerin dafür rund 1,4 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Darüber hinaus wurde eine Servicestelle beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung eingerichtet, die die Kommunen bei der Netzwerkbildung unterstützt. Dank der Landesmittel wurden in den 41 Jugendämtern zudem insgesamt rund 20 Stellen geschaffen, „das ist der größte Personalschub in diesem Bereich seit vielen Jahren“, unterstrich die Ministerin. In mehr als 80 Prozent der lokalen Netzwerke arbeiten die relevanten Akteure wie Familiengerichte, Geburtskliniken, Schwangerenberatungsstellen, Schulen, Polizei, Kinderärzte, Hebammen, Kindertagesstätten und Gesundheitsämter eng zusammen. Die meisten Kommunen erklärten, dass mit dem Gesetz die Zusammenarbeit intensiviert wurde. Trotz der positiven Entwicklung sei es jedoch noch nicht flächendeckend gelungen, alle im Gesetz genannten Netzwerkpartner systematisch und dauerhaft in die Zusammenarbeit einzubeziehen. Vor allem die so unerlässliche Einbeziehung der Gesundheitshilfe sei noch verbesserungsbedürftig, so die Ministerin. Hier seien in erster Linie die Kommunen gefordert, aber auch das Land werde in Gesprächen mit den maßgeblichen Berufsverbänden und Kammern Ansatzpunkte für eine verbesserte Einbindung erörtern, kündigte sie an.
Die Ministerin betonte, dass es wichtig sei, dass die Arbeit der Ärztinnen und Ärzte in den lokalen Netzwerken auch finanziert wird. Hier sei die Bundesregierung aufgefordert, entsprechende gesetzliche Regelungen zu treffen. „Die Bundesregierung hat wieder einmal eine Chance verstreichen lassen, das zu tun. Der Entwurf der Bundesregierung für das Bundeskinderschutzgesetz hätte dazu eine gute Möglichkeit geboten“, so die Ministerin. Rheinland-Pfalz werde sich jedoch weiterhin im Gesetzgebungsverfahren für eine entsprechende Regelung einsetzen.
Die Geburtskliniken sind nach Angaben der Ministerin eine Brücke zur Kinder- und Jugendhilfe für Familien in schwierigen Lebenslagen. Im Rahmen des Modellprojektes ‚Guter Start ins Kinderleben’ wurde 2006 erprobt, wie Hilfebedarf von Familien bereits in der Geburtsklinik erkannt und eine entsprechende Unterstützung geboten werden kann. Das Projekt wurde nach der Modellphase inzwischen auf 17 Kliniken in Rheinland-Pfalz ausgeweitet; das Land hat insgesamt 340.000 Euro dafür zur Verfügung gestellt. Die Ministerin möchte erreichen, dass das Programm möglichst an allen Geburtskliniken im Land umgesetzt wird.

Verbindliches Einladungswesen für Früherkennungsuntersuchungen

Die zweite wichtige Säule des Gesetzes sei neben der Bildung der Netzwerke die Steigerung der Inanspruchnahme an den Früherkennungsuntersuchungen, die durch ein verbindliches Einladungswesen erreicht werden soll. „Die Untersuchungen haben eine besondere Bedeutung, denn sie tragen dazu bei, schon früh Probleme in der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes zu erkennen“, sagte die Ministerin. Über die unterschiedlichen Früherkennungsuntersuchungen hinweg liegt die Inanspruchnahme bei rund 98 Prozent Dies gilt auch für die U 9, die zuvor bei einer Teilnahmequote von nur rund 86 Prozent lag. Seit Einführung des Einladungswesens im Jahre 2009 wurden nach Angaben der Ministerin rund 258.000 Einladungen verschickt. In circa 70.000 Fällen musste an die Einladung erinnert werden. In 26.435 Fällen wurde das Gesundheitsamt informiert. Hier zeigen sich in der Praxis noch Schwierigkeiten im Vollzug: Von den über 26.000 Mitteilungen an die Gesundheitsämter handelte es sich in rund 75 Prozent der Fälle um eine sogenannte falsch-positive Meldung. Von einer falsch-positiven Meldung spricht man dann, wenn keine Meldung erfolgt, obwohl die Untersuchung durchgeführt worden ist. Das kann passieren, wenn beispielsweise die Eltern das Rückmeldeformular vergessen haben oder der Kinderarzt die Meldung versäumt. Wenn man die falsch-positiven Fälle außen vor lässt, ist es den Gesundheitsämtern in rund 4.500 Fällen gelungen, durch eine direkte Intervention – zum Beispiel durch einen Telefonanruf – Eltern von der Notwendigkeit und der Bedeutung der Früherkennungsuntersuchungen zu überzeugen. In 1.600 Fällen wurde schließlich das Jugendamt informiert, weil die Untersuchung auch nach eingehender Beratung durch das Gesundheitsamt unterblieb. In rund 360 Fällen erkannte das Jugendamt daraufhin einen Hilfebedarf und konnte der Familie mit Beratung und Unterstützung helfen. In 63 Fällen gab es sogar Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls, beispielsweise durch Vernachlässigung, in denen das Jugendamt aktiv werden musste. „Die Zahlen belegen, dass das Einladungswesen zu einer höheren Inanspruchnahme geführt hat, denn 4.500 Kinder wären ohne die Intervention des Gesundheitsamtes sicher nicht zur Untersuchung gekommen“, so die Ministerin. Darüber hinaus gebe es aber noch weitere Effekte. So gebe es vermehrt Hinweise aus der Praxis, dass Eltern nicht nur die Früherkennungsuntersuchungen durchführen lassen, sondern gleichzeitig auch die angebotenen Impfungen nutzen. Auch würden durch das Einladungswesen Fälle ohne Krankenversicherungsschutz bekannt. In 110 Fällen hätten die Gesundheitsämter die Eltern daraufhin intensiv beraten und mit ihnen nach Wegen gesucht, die in das Krankenversicherungssystem zurückführen. „Die Zahl der falsch-positiven Meldungen bei den Gesundheitsämtern ist mit 75 Prozent zu hoch“, so die Ministerin. Auch wenn sich für das Jahr 2010 ein Trend in Richtung 50 Prozent abzeichne und die Zahl der falsch-positiven Meldungen in manchen Regionen sehr niedrig sei, müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die Zahl zu senken. Die für die Durchführung des Einladungswesens verantwortliche zentrale Stelle beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung habe bereits eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet, so die Ministerin. So wurden die Einladungs- und Erinnerungsschreiben überarbeitet, der Zeitpunkt der Versendung der Einladung enger an die Untersuchungsfristen angebunden und die Rückmeldefristen verlängert. Derzeit werde darüber hinaus ein Blankoformular erarbeitet, das genutzt werden kann, wenn Eltern den Rückmeldebogen vergessen haben. Von diesen Maßnahmen erhofft sich die Ministerin eine deutliche Verbesserung. In Rheinland-Pfalz werden nach Angaben der Ministerin im Ländervergleich die meisten personenbezogenen Daten an die zuständige Behörde, das Zentrum für Kindervorsorge, übermittelt. „Nach dem Prinzip der Datensparsamkeit werden wir die übermittelten Daten auf das Notwendigste reduzieren“, sagte die Ministerin. Bei der Überprüfung sollen auch die Erfahrungen der anderen Länder berücksichtigt werden. In den Empfehlungen der wissenschaftlichen Evaluation und der Stellungnahme des Landesdatenschutzbeauftragten werde außerdem vorgeschlagen, die Weiterleitung der Informationen von den Gesundheitsämtern an die Jugendämter auf die Fälle zu beschränken, bei denen Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung oder ein weitergehender Hilfebedarf vorliegen, so die Ministerin. Die Landesregierung werde diesem Vorschlag folgen und diesen Prozess mit den erforderlichen Maßnahmen begleiten und unterstützen. In diesem Zusammenhang werde das Ministerium die Daten für das Jahr 2010 gemeinsam mit den Kommunen auswerten und geeignete Fortbildungen anbieten, so die Ministerin.

Hintergrund und Downloads

Im März 2008 ist das Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit in Kraft getreten. Dort ist festgelegt, dass die Landesregierung dem Landtag in jeder Wahlperiode einen Bericht über die Umsetzung und die Auswirkungen sowie den Weiterentwicklungsbedarf der in dem Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit erstattet. Dem Bericht der Landesregierung liegen vier Berichte bzw. Stellungnahmen zugrunde (Anlagen 1 bis 4).