Volkssolidarität: Soziale Realität von sechs Millionen Menschen ignoriert

22.10.2010 | Sozialpolitik | Nachrichten

„Wir bedauern, dass die Bundesregierung entgegen der sozialen Realitäten in diesem Land an den unzureichenden Hartz IV-Regelungen festhält“, erklärte der Bundesgeschäftsführer des Sozial- und Wohlfahrtsverbandes Volkssolidarität, Dr. Bernd Niederland, am Mittwoch zu dem Beschluss des Kabinetts zu den Hartz IV-Regelsätzen. „Wer glaubt, dass mit 364 Euro pro Monat ein menschenwürdiges Leben mit voller gesellschaftlicher Teilhabe möglich ist, der irrt. Dies haben zahllose Studien der letzten Jahre eindrücklich bewiesen.“ Niederland verwies erneut auf Berechnungen des PARITÄTISCHEN Wohlfahrtsverbandes, nach denen die Regelsätze je nach Altersgruppe um bis zu 20 Prozent angehoben werden müssten. Es sei traurig, dass diese Erkenntnisse nicht in die Neuberechnungen mit einbezogen worden seien, insbesondere was den Regelsatz für Kinder und Jugendliche beträfe. "Das Bildungspaket ist zwar ein guter Anfang, bleibt aber leider symbolisch: Mit durchschnittlich 10 Euro pro Monat kann kein Musikunterricht bezahlt geschweige denn ein Instrument gemietet werden!" Arbeitslose, die auf Sozialleistungen angewiesen seien, aber auch sogenannte Aufstocker, die trotz Arbeit nicht von ihrem Gehalt leben könnten, sollten nicht wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden, forderte der Bundesgeschäftsführer. Statt bei der Bevölkerungsgruppe, die sich am wenigsten wehren könne, die Sparschraube anzuziehen, sollten ganz andere zur Kasse gebeten werden, um das Haushaltsdefizit aus den roten Zahlen zu heben. "Es ist schwer vermittelbar, wenn bei denen, die sowieso nichts oder nicht viel haben, gespart werden soll, aber den Banken mit Millionen unter die Arme gegriffen wird, die Erbschaftssteuer nicht erhöht und den Hoteliers eine tiefere Mehrwertsteuer geschenkt wird. Eigentlich müsste eine Regierung die Interessen aller Bürger und nicht nur einer gewissen Klientel berücksichtigen." Der Bundesgeschäftsführer warnte erneut vor einer Spaltung der Gesellschaft, die mit Entscheidungen wie der heutigen vorangetrieben würde. "Es ist für den sozialen Frieden eines Landes nicht förderlich, wenn der Graben zwischen Arm und Reich immer tiefer wird. Die Bundesregierung sollte endlich anfangen, allen Menschen in diesem Land gleiche Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten." Nebst einem bedarfsgerecht erhöhten Hartz IV-Regelsatz wäre auch ein besseres Bildungssystem sowie ein solidarisches Gesundheitssystem vonnöten, so Niederland. Auch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns für alle Branchen würde vielen Beschäftigten ermöglichen, von ihrem Gehalt ohne staatliche Zusatzleistungen leben zu können. Der Bundesgeschäftsführer der Volkssolidarität unterstrich: "In zwei Monaten geht das Europäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung zu Ende. Dass die Bundesrepublik es schafft, mit ihrer Politik genau in die Gegenrichtung zu steuern, ist nicht nur traurig, sondern auch beschämend."

Quelle: Pressemitteilung des Volkssolidarität Bundesverbandews e.V. vom 20.10.2010
http://www.volkssolidaritaet.de