Traumapädagogik in der Heimerziehung

- Erkenntnisse aus der Analyse der Vergangenheit liegen im Zwischenbericht


von Martin Kühn
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Traumapädagogik hat mit großer Aufmerksamkeit den Zwischenbericht des „Runden Tisch Heimerziehung der 50er und 60er Jahre“ zur Kenntnis genommen. Als Fachverband, für den die Anliegen traumatisierter Kinder und Erwachsener das zentrale Arbeitsfeld sind, unterstützen wir das Bemühen von Politik und gesellschaftlich, organisatorisch ehemals und heute verantwortlichen Institutionen, den damals Betroffenen und bis heute unter den Erfahrungen leidenden Menschen erstmals Anerkennung und adäquate Hilfe zu kommen zu lassen. Abweichend von den bisherigen Vorschlägen in diesem Zwischenbericht halten wir allerdings den Verweis der unter Traumafolgestörungen leidenden Menschen auf das kassenärztliche Versorgungssystem für unzureichend: Schon heute gibt es keine ausreichenden Psychotherapieplätze bei geeigneten TherapeutInnenen und die Begrenzung der Stundenzahl in den Richtlinientherapien führt nicht selten zu vorzeitigen Beendigungen aus Geldmangel, da die Betroffenen die Therapien nicht aus eigener Tasche zahlen können. Wir sehen mit Erleichterung, dass die Auseinandersetzung mit den
Missbrauchsstrukturen in den Heimen der damaligen Zeit die Träger und
Aufsichtsgremien zunehmend zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit den heutigen Versorgungsmängeln für traumatisierte Kinder und Jugendliche führt. Es stehen allerdings bis heute für aktuell Betroffene noch viel zu wenige
traumapädagogisch arbeitende Betreuungseinrichtungen zur Verfügung, geschweige denn psychologische / psychotherapeutische Behandlungsplätze innerhalb und außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe. Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, die sich in diesem Sinne
weiterentwickeln wollen, um traumatisierten Mädchen und Jungen in ihren
Angeboten angemessen helfen zu können, sehen sich mit gesellschaftlichen und poltischen Bedingungen konfrontiert, die einer entsprechenden Realisierung oft im Wege stehen. So mangelt es zum einen bisher noch an entsprechenden fachlichen Angeboten in pädagogischen Grundausbildungen, zum anderen fehlen öffentliche und politische Signale, in diesem Sinne traumapädagogisch qualifizierten Angeboten genügende finanzielle Rahmenbedingungen in der Kinder- und Jugendhilfe zur Verfügung zu stellen. Die Zwischenergebnisse des „Runden Tisch Heimerziehung“ machen deutlich, dass die Erkenntnisse aus der Analyse der Vergangenheit wichtige Aspekte für eine vorwärtsgerichtete Planung und Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe
beschreiben. Diese sind notwendig, um eine Korrektur gegenwärtiger Prozesse,
die auch heute noch ein nicht geringes Gefährdungspotential für traumatisch
belastete Mädchen und Jungen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe
darstellen können, gelingen zu lassen."


Kontakt:

Bundesarbeitsgemeinschaft Traumapädagogik
Martin Kühn (1. Vors.)
Friedrichsdorf 56
27442 Gnarrenburg
04763-9452298
martin.kuehn@traumapaedagogik.de
www.bag-traumapaedagogik.de

Quelle: Pressemitteilung der Bundesarbeitsgemeinschaft Traumapädagogik, Martin Kühn, vom 21.02.2010