Resozialisierung von Straftätern und Sicherheit der Allgemeinheit

23.06.2010 | Soziale Arbeit | Nachrichten

Hessische Vollzugsgesetze verabschiedet

„Mit den heute vom Hessischen Landtag verabschiedeten hessischen Vollzugsgesetzen wird Hessen nach dem Jugendstrafvollzugsgesetz ein modernes Recht des Strafvollzugs an Erwachsenen sowie der Untersuchungshaft erhalten. Damit sind nunmehr alle strafrechtlichen Formen der Freiheitsentziehung durch hessisches Landesrecht geregelt, nachdem im Zuge der Föderalismusreform I die entsprechende Gesetzgebungskompetenz auf die Länder übergegangen ist“, erklärte der hessische Minister der Justiz, für Integration und Europa, Jörg-Uwe Hahn. Im Erwachsenenstrafvollzugsrecht sei nunmehr klargestellt, dass die Eingliederung von Straftätern als Vollzugsziel gleichberechtigt mit dem Vollzugsziel des Schutzes der Allgemeinheit sei. „Der alte Streit, welches Vollzugsziel als vorrangig anzusehen ist, wird in Hessen mit der Gleichberechtigung beider Ziele beantwortet. Mit dieser Gleichberechtigung beider Ziele geht auch die Anordnung des geschlossenen Vollzugs als Regelvollzug einher“, erklärte Justizminister Hahn. Dies trage den über 30 Jahre lang gemachten Erfahrungen mit beiden Vollzugsformen Rechnung. „Auch wenn der geschlossene Vollzug die Regel ist, schließt dies nicht aus, dass es – wie bisher in Hessen üblich – in geeigneten Fällen zur Direktladung in den offenen Vollzug kommen kann, um schädliche Folgen, zum Beispiel den Verlust des Arbeitsplatzes, zu vermeiden“, sagte Hahn. Der Strafvollzug werde entsprechend den aktuellen Erkenntnissen aus Wissenschaft und Praxis ausgestaltet. Die Gefangenen würden zu aktiver Mitarbeit an ihrer Wiedereingliederung angehalten. Arbeit würde als zentrales Mittel der späteren Wiedereingliederung angesehen. Die Einzelunterbringung der Gefangenen werde zur Regel. „Besonders hervorzuheben ist der Ausbau des so genannten Übergangsmanagements. Hierdurch sollen die Gefangenen noch besser als bisher auf ihre Entlassung vorbereitet werden. Dabei geht es nicht nur darum, einen ‚sozialen Empfangsraum‘ (Wohnung, Ausbildung, Arbeit etc.) vorzubereiten, sondern durch eine enge Verzahnung der sozialen Dienste innerhalb und außerhalb der Anstalten eine kontinuierliche Betreuung sicher zu stellen“, erklärte Hahn. Für dieses Ziel würden in den nächsten Jahren auch zusätzliche Mittel und Stellen bereit gestellt. Gleichberechtigt neben dem Ziel der Wiedereingliederung stünde aber die Sicherheit der Allgemeinheit. „Bei allem Bemühen um die Resozialisierung der Täter darf die Sicherheit der Allgemeinheit und der Opferschutz nicht außer Acht gelassen werden“, sagte Hahn. Das Hessische Untersuchungshaftvollzugsgesetz trage vor allem der Tatsache Rechnung, dass es um die Inhaftierung von Verdächtigen gehe, die bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig anzusehen seien. Untersuchungsgefangene sollten daher generell getrennt von Strafgefangenen untergebracht werden. „Aber auch beim Vollzug der Untersuchungshaft spielt Arbeit eine wichtige Rolle. Jedem arbeitswilligen Untersuchungsgefangenen soll nach Möglichkeit eine Beschäftigung angeboten werden“, erklärte Hahn. „Mit der heutigen Verabschiedung der hessischen Vollzugsgesetze durch den Hessischen Landtag wird auch die Rechtsgrundlage für die Erprobung von sogenannten Handyblockern ermöglicht. In Hessen wird eine Funkunterdrückungsanlage in der neuen JVA Frankfurt am Main I realisiert werden können. Besonders im Bereich der Untersuchungshaft ist die Unterdrückung von Handygesprächen besonders erforderlich“, führte Justizminister Hahn aus. Bei Untersuchungshäftlingen müsse Vorsorge getragen werden, dass nicht eine unkontrollierte Kommunikation nach außen stattfinde. Ziel müsse es sein, so Hahn weiter, dass Untersuchungshäftlinge aus der Haft nicht Zeugen bedrohen, oder Beweismittel beseitigen. „Anfang 2011 soll die Funkunterdrückungsanlage in Betrieb genommen werden.“
„Die Kosten belaufen sich auf 2,5 Millionen Euro. Dies ist mit Blick auf die Erfordernisse der Abschottung von Untersuchungshäftlingen von der Außenwelt und der ordnungsgemäßen Durchführung von Gerichtsverfahren notwendig“, betonte Justizminister Hahn. „Nach dem hessischen Jugendstrafvollzugsgesetz, das sich in der Praxis bewährt hat und von der Strafrechtswissenschaft anerkannt wird, schaffen die hessischen Vollzugsgesetze nunmehr die Grundlage für einen durch Landesrecht geregelten modernen Strafvollzug in Hessen“, sagte Justizminister Hahn abschließend. Die hessischen Vollzugsgesetze werden drei Monate nach Gesetzesverkündung, also voraussichtlich Anfang Oktober 2010 in Kraft treten.

Quelle: Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums der Justiz, für Integration und Europa vom 23.06.2010
http://www.hmdj.hessen.de