Diakonie bewertet Gesetzentwurf zur Grundsicherung differenziert

24.09.2010 | Sozialpolitik | Nachrichten

Berlin (DW EKD) - Der Gesetzentwurf zur Grundsicherung muss nach Ansicht der Diakonie differenziert betrachtet werden. „Eine abschließende Bewertung können wir heute noch nicht vornehmen, weil durchaus positive Schritte noch nicht mit Zahlen unterlegt sind. Noch ist offen, in welchem Umfang tatsächlich zusätzliche Leistungen gewährt werden. Völlig unklar ist, auf welcher Bemessungsgrundlage dies geschieht und welche Mittel für die Reform insgesamt bereit gestellt werden“, sagt Kerstin Griese, Vorstand Sozialpolitik im Diakonie Bundesverband am Donnerstag in Berlin. Noch sei nicht bekannt, wie die Bundesregierung die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zukünftig auswerten will. Im Gesetzestext sei nur noch von „hinreichenden Fallzahlen“ die Rede. „Man hat zwar diejenigen aus der Berechnung herausgenommen, die ausschließlich Grundsicherungsleistungen beziehen. Zum Maßstab für die Höhe des typischen Verbrauchs werden jedoch auch diejenigen gemacht, die neben dem Arbeitslosengeld-II im geringen Umfang jobben. Statt klar festzulegen, dass das unterste Fünftel der Einkommen Maßstab bleibt, wird das offen gelassen“, kritisiert Griese. „Positiv ist, dass erstmals Bildungs- und Teilhabebedarfe nicht nur ausdrücklich anerkannt, sondern tatsächlich ein zusätzlicher Leistungsanspruch begründet wird“, betont Griese. Gefördert werden sollen der notwendige Schulbedarf, die Teilnahme am gemeinsamen Mittagessen, an Schulausflügen und an Klassenfahrten sowie weitere Bildungsaktivitäten oder auch Nachhilfeunterricht. „Wenn dafür ausreichend Geld zur Verfügung gestellt wird, hätten Schulkinder und Kinder in Kindertagesstätten neue Chancen auf Teilhabe“, sagt Griese. Allerdings sei noch nicht klar, wie das umgesetzt werden soll. Positiv bewertet die Diakonie auch, dass im Gesetzesentwurf nicht mehr von „Hilfebedürftigen“ geredet wird, sondern von „Leistungsberechtigten“, die ein gesetzlich verankertes Recht in Anspruch nehmen. Die Diakonie sieht im Gesetzesentwurf echte Bemühungen, sich bei der Ermittlung von angemessenen Wohnkosten am örtlichen Mietspiegel zu orientieren und nachvollziehbare und unbürokratische Lösungen zu finden. „Unverständlich ist allerdings, warum den Kommunen dennoch ermöglicht werden soll, eine Pauschalierungslösung zu wählen, wenn das jeweilige Bundesland das vorsieht“, kritisiert Griese. Damit werde das Recht auf Grundsicherung in regional unterschiedliche Ausgestaltungsformen zersplittert. „Wohnkostenpauschalen bleiben regelmäßig hinter den tatsächlichen Mietpreisen zurück. Die Konzentration von sozialen Problemlagen in bestimmten Vierteln nimmt dadurch zu. Die Diakonie rät dringend von der Einführung dieser Pauschalen ab.“ Als inakzeptabel bezeichnet die Diakonie die verschärften Sanktionsregelungen. „Anstatt die Suche nach individuellen Lösungen zu ermöglichen, werden die letzten Ermessensspielräume abgeschafft. Nach wie vor ist es möglich, dass dadurch große Not entsteht“, betont Griese. Die Diakonie hat ihre Forderungen an die Reform der Grundsicherung in einem Positionspapier zusammengestellt. Dazu gehören vor allem die Verbesserung der Bildungschancen aller Kinder, um sie nachhaltig vor Armut zu schützen, sowie eine deutliche Korrektur an der bisherigen Rechtslage und Rechtspraxis. Das Positionspapier „Erwartungen der Diakonie an die Reform der Grundsicherung“ findet sich auf der Diakonie-Homepage.

Quelle: Pressemitteilung des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V. vom 23.09.2010
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