Geplanter Ärztenavigator der AOK von fraglichem Nutzen für Patienten

16.06.2009 | Soziale Arbeit

Das deutsche Gesundheitswesen ist für Patienten und Versicherte viel zu intransparent. Was ist sinnvoll: Ärztebewertung im Internet oder die Einführung eines Patientencoach?

Zur Ankündigung eines Ärztenavigators durch den AOK-Bundesverband erklärt die Deutsche Gesellschaft für bürgerorientierte Gesundheitsversorgung (DGbG) e.V.:

Es ist unbestritten, dass das deutsche Gesundheitswesen für Patienten und Versicherte viel zu intransparent ist. Insofern ist jede Aktivität zu begrüßen, die mehr Licht in die Versorgung wirft. Hier kommt es allerdings auf die Methode an.

Ob die vom AOK-Bundesverband geplante Ärztebewertung im Internet eine wirkliche Hilfe für die Versicherten und Patienten darstellen kann, hängt sehr von deren Konzept ab. Erfahrungsgemäß tun sich Patienten  häufig bei der Beurteilung der medizinischen Kompetenz eines Arztes oder einer Krankenhausabteilung schwer. Ersatzparameter wie guter Service, freundliche Mitarbeiter, kurze Wartezeiten sind sicherlich zu begrüßen,  jedoch werden sie kaum hilfreich bei der Auswahl des „richtigen“ Arztes bei gesundheitlichen Problemen sein. Wichtiger ist schon die Feststellung, ob sich ein Arzt für den Patienten/die Patienten die nötige Zeit nimmt, ihm zuhört, ihm die Diagnose und Therapie sowie die Alternativen erklärt. Für den Behandlungserfolg ist nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für bürgerorientierte Gesundheitsversorgung (DGbG) e.V. eine gemeinsame Entscheidungsfindung von Arzt und Patient – ein sogenanntes „shared decision making“ – der erste Schritt zur Förderung der notwendigen Mitarbeit des Patienten, von der insbesondere bei chronisch Kranken viel abhängt. Bekanntlich werden bis zu 50% der Therapieempfehlungen und Verordnungen nicht richtig oder gar nicht befolgt.  Diese fehlende Therapietreue („Non-Compliance- bzw. Non-Adherence-Rate“) führt zu direkten und indirekten vermeidbaren Gesundheitsschäden und unnötigen Kosten im deutschen Gesundheitswesen in Höhe von jährlich rund 15 Milliarden EURO. Um die Mitarbeit der Patienten bei der Therapie zu fördern, setzt sich die DGBG für die Einführung des Berufes eines Patientencoaches ein, der Patienten bei der Wahl und Nutzung der für sie geeigneten Behandlungsangebote und beim individuellen Gesundheits- bzw. Krankheits-Selbstmanagement unterstützt und ihnen hilft, „mündige Patienten“ zu sein. Patientencoaches sollen nicht den Arzt ersetzen, sondern ihn bei seinen therapeutischen Bemühungen unterstützen. Die DGbG fordert deshalb die Implementierung des Berufes Patientencoach mit einer entsprechenden soliden und qualitätsgesicherten Ausbildung. Hiervon erwartet die Gesellschaft mehr Nutzen als von Ärztebewertungen im Internet, deren Zustandekommen mehr oder weniger intransparent bleibt.

Die Deutsche Gesellschaft für bürgerorientierte Gesundheitsversorgung (DGbG) e.V. ist ein plura­listischer Verein, der sich für mehr Bürgerorientierung auf allen Ebenen des Gesundheitswesens einsetzt, das heißt Förderung der Gesundheitskompetenz des einzelnen Bürgers sowie die Beteiligung der Versicherten- und Patientenvertreter in Entscheidungsgremien.

Weitere Informationen:

DGbG-Pressestelle, Jürgen Bause, E-Mail: presse@dgbgev.com


Quelle: ags-medienservice, Nachricht vom 14.06.2009; Deutsche Gesellschaft für bürgerorientierte Gesundheitsversorgung (DGbG) e.V.