Europaminister fordert Arbeitsgruppe gegen Zentralismus in Brüssel

30.12.2009 | Sozialpolitik | Nachrichten

„EU-Kommission darf auch zurückgepfiffen werden“

Bundesrat muss neue Mitspracherechte in Europaangelegenheiten nutzen
„Der Lissabon-Vertrag hat Bundesrat und Bundestag unglaubliche Chancen eingeräumt, auf europäische Gesetze Einfluss zu nehmen. Diese Chancen müssen wir jetzt mit vereinten Kräften möglichst effektiv nutzen“, sagte Europaminister Wolfgang Reinhart am Mittwoch (30. Dezember) in Stuttgart. Reinhart fordert deshalb eine parlamentarische Arbeitsgruppe aus Mitgliedern von Bundesrat und Bundestag, die in engem Kontakt zu anderen nationalen Parlamenten stehen soll. „Der Lissabon-Vertrag hat den nationalen Parlamenten aller Mitgliedsstaaten nun erstmals das Recht eingeräumt, die EU-Kommission zurückzupfeifen, wenn sie Dinge regeln will, die die Mitgliedsstaaten besser selbst regeln können. Wir haben jetzt eine starke Waffe gegen den Zentralismus in Brüssel. Von dieser müssen wir Gebrauch machen.“ Seit dem 1. Dezember 2009 ist der Lissabon-Vertrag in Kraft getreten, das neue EU-Reformwerk. Mit einem so genannten Frühwarnsystem können die nationalen Parlamente, bei uns also Bundestag und Bundesrat, Gesetzesvorstöße der EU-Kommission stoppen, wenn diese gegen das Subsidiaritätsgebot verstoßen. Das heißt konkret, dass in allen Fällen, in denen die Gemeinden, die Regionen und die Mitgliedstaaten ihre Angelegenheiten ebenso gut regeln können, eine EU-Regelung nicht beschlossen werden darf. So sei etwa die aktuell diskutierte Frage, ob eine City-Maut erforderlich sei, keine Maßnahme, die den Städten von Europa diktiert werden dürfe, sagte Reinhart. „Hier ist vielmehr eine freie Entscheidung der Gemeinderäte und damit der Bürger in den Kommunen angezeigt.“ Eine EU-Initiative könne allerdings nur dann gestoppt werden, wenn dies von der Hälfte aller nationalen Parlamente verlangt werde. „Was wir daher dringend brauchen, ist ein abgestimmtes Verhalten. Derzeit fehlt uns dazu aber die notwendige Struktur“, erklärte Reinhart. „Eine Aktions- oder Arbeitsgruppe Subsidiarität wäre ein guter erster Schritt, um unter den Parlamenten der Mitgliedstaaten eine hinreichende Struktur zu schaffen, um unsere Rechte auch gemeinsam stark wahrnehmen zu können“, so Reinhart. „Als EU-Ausschussvorsitzender des Bundesrates möchte ich rasch mit dem Bundestag beraten, wie ein gemeinsames Vorgehen aussehen kann. Schon bald sollte in einer gemeinsamen Sitzung der EU-Ausschüssse von Bundesrat und Bundestag diese Frage daher auf die Tagesordnung“, so Reinhart. „Die europapolitische Zusammenarbeit zwischen Bundestag und Bundesrat muss in jedem Fall verstärkt werden, um mögliche Subsidiaritätsverstöße sehr schnell identifizieren zu können.“ Allerdings sei auch eine Abstimmung mit weiteren nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten notwendig, zu denen schon bisher gute Kontakte bestünden. Erste Gespräche dazu will Reinhart bereits zu Beginn des neuen Jahres führen.

Quelle: Aktuelle Meldungen aus Baden-Wuerttemberg, Newsletter des Landesportals vom 30.12.2009, Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund