Ein-Euro-Jobs überrumpeln Dritten Sektor

22.10.2009 | Soziale Arbeit

Der wirtschaftliche Druck auf den sogenannten Dritten Sektor ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen.

Berlin/Nürnberg (pte/19.10.2009/13:55) - Pressetext Redakteur Manuel Haglmüller berichtet: Der wirtschaftliche Druck auf den sogenannten Dritten Sektor ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Wie das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aufzeigt, droht in sozialen Vereinen, Wohlfahrtsorganisationen, Sport- und Hobbyvereinen oder Initiativen und Projekten, die sich mit Umweltfragen beschäftigen, eine weitere Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse und die Entwicklung zum Niedriglohnsektor. Grund dafür sei die zunehmende Dominanz von Teilzeit- und Ein-Euro-Jobs bzw. befristeten Arbeitsverträgen.

Sozialen Dienstleistungen droht Qualitätsverlust

"Die Organisationen müssen sich darüber bewusst werden, welche Richtung sie hier eingeschlagen haben", meint Eckhard Priller, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim WZB, im Gespräch mit pressetext. Die starke Verbreitung von Ein-Euro-Jobs im Dritten Sektor kann sich den Experten zufolge besonders negativ auswirken - sowohl auf das freiwillige Engagement als auch auf die reguläre Beschäftigung angesichts der leeren öffentlichen Kassen. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Qualität der sozialen Dienstleistungen verschlechtert.

Um der Entwicklung entgegenzutreten, seien entsprechende interne Bedingungen zu schaffen. Mindeststandards seien umzusetzen, obgleich sich die Organisationen angesichts geringer staatlicher Mittel in der Klemme befänden. "Sie müssen sich gegen jene Ökonomisierungstendenzen wenden, die vonseiten des Staates an sie herangetragen werden", betont Priller gegenüber pressetext. Dem WZB zufolge hat die Beschäftigung in sozialen Organisationen im Vergleich zu den 90er Jahren insgesamt zwar nicht abgenommen. Allerdings seien immer weniger Normalarbeitsverhältnisse vorhanden.

Beschäftigung im Niedriglohnbereich

In Ostdeutschland werde die Entwicklung besonders deutlich sichtbar, wo 16 Prozent der Erwerbstätigen des Dritten Sektors in Ein-Euro-Jobs beschäftigt seien. 2008 waren bundesweit rund 2,5 Mio. Personen im Nonprofit-Bereich tätig, der sich von den ersten beiden Sektoren Staat und Markt abgrenzt.

Der Anteil von Ein-Euro-Jobbern, freien Mitarbeitern, geringfügig Beschäftigten und Praktikanten betrug dabei bereits über 1,5 Mio. Auffällig seien der überproportionale Anstieg der Teilzeitbeschäftigung, eine zunehmend exzessive Befristungspraxis und - vor allem in Ostdeutschland - eine deutliche Verschiebung der Beschäftigungsverhältnisse hin zu Ein-Euro-Jobs.

Allein der Anteil von Teilzeitbeschäftigung hat sich im Nonprofit-Bereich von 29 Prozent im Jahr 1996 auf 49 Prozent im Vorjahr erhöht. Teilzeit, Befristung und geringfügige Beschäftigung (Minijobs) sind dem WZB nach Merkmale "atypischer Beschäftigungsverhältnisse". Dem Statistischen Bundesamt zufolge liege jedoch der Verdienst jedes zweiten atypisch Beschäftigten im Niedriglohnbereich. Frauen seien von der Entwicklung besonders stark betroffen, da sie mit 76 Prozent die Mehrheit der im Dritten Sektor Beschäftigten stellen.

Dritter Sektor als arbeitsmarktpolitisches Experimentierfeld (PDF-Download):
http://bibliothek.wzb.eu/wzbrief-arbeit/WZbriefArbeit032009_dathe_hohendanner_priller.pdf

Quelle: Redakteur: Manuel Haglmüller,http://pressetext.de/news/091019023/ein-euro-jobs-ueberrumpeln-dritten-sektor/